(as) Ziemlich kauzig und relativ untypisch für das überwiegend im Haudrauf-Metal-Spektrum operierende Label Dying Victims Productions sind Ritvs, die eingeweihten Hardrockern eventuell noch unter ihrem alten Namen Vvlva bekannt sind. Seinerzeit war die Band noch an der Schwelle zum frühen Heavy Metal unterwegs, mit ihrem Einstand unter dem neuen Banner spielt sie hingegen eine recht eigene Mischung aus Kraut und Psych, wie man sie seit einigen Jahren inflationär oft und nur selten in zwingender Form von jungen Kapellen geboten bekommt.
Tatsächlich hört man „Der Tag naht“ allerdings an, dass seine Schöpfer nicht erst seit gestern musizieren. Trotz der fantasievoll zwanglosen Art, wie die Aschaffenburger ihre Lieder komponieren, wirken sie immer gut durchdacht – nicht zuletzt in puncto Melodien, die das Material größtenteils tragen, wobei sich Hammondorgel oder Piano als tragendes Element hervortut. Das treibende „Die Kinder Cuzcos“ steht zu Beginn bezeichnend für diese Ausrichtung, und Sänger Tobias Ritter verblasst nicht selten hinter seinen Kollegen an der Gitarre beziehungsweise den Tasten.
Die düsteren deutschsprachigen Texte – noch ein wesentlicher Unterschied zu Vvlva – lassen andererseits immer wieder aufhorchen, zumal sich die Band offensichtlich eine Konzeptstory ausgedacht hat, die sich am besten während der getragenen Momente („Der Drang“, das aufwendig mit Chorgesang arrangierte Titelstück) nachvollziehen lässt. Das mit über sieben Minuten längste Stück „Ruß und Feuer“ wurde klug mittig in der Tracklist platziert und markiert mit seinen vielen Wendungen auch den musikalischen Höhepunkt der Platte.
Die drei abschließenden Nummern sind indes die eingängigsten, auch wenn man die Vergleiche mit Kansas oder Yes, die das Quintett selbst zieht, nur mit viel Liebe plausibel finden kann; Grobschnitt oder Epitaph kommen einem eher in den Sinn, und möchte man eine generelle Referenz, taugen dazu natürlich insbesondere Deep Purple oder Uriah Heep. Ungeachtet dessen leistet dieses erfrischend roh und „live“ klingende Album einen eigenwilligen Beitrag zum zu berechenbar gewordenen Vintage-Rock-Betrieb.
Dying Victims Productions, bereits erschienen
ritvs.bandcamp.com/album/der-tag-naht
Line-up:
Michael Hock – Bass
Philipp Muschal – Gitarre
Tobias Ritter – Gesang
Julian Rocco Lepore – Schlagzeug, Percussion, Synthesizer, Gitarre, Gesang (Background)
Christan Karl – Keyboards, Gesang (Background), Percussion
Die Kinder Cuzcos
Der Drang
Der Tag naht
Ruß und Feuer
Abstinenz
Obsession
Erde unter meiner Hand
Andreas Schiffmann
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