(as) Eigentlich müsste Todd Sharpville nach über 30 Jahren im Musikbusiness deutlich bekannter sein, doch über seine Heimat England und die engsten Kreise der Blues-Szene hinaus hat man den 53-Jährigen bisher allenfalls als Sidekick von unter anderem Albert Hammond und Dana Gillespie wahrgenommen. Seine Solodiskografie ist weniger umfangreich als die Liste seiner Beiträge zu Compilations oder Studioalben anderer, und die vorliegende „Rockpalast“-Aufzeichnung seines Auftritts beim Crossroads Festival in der Bonner Harmonie am 8. Mai 2023 eignet sich trefflich für einen Erstkontakt mit dem Schaffen des – jawohl – blaublütigen Bluesman.
Sharpville ist der Sohn des 3rd Viscount St. Davids Colwyn Jestyn John Philipps und gehört somit dem britischen Hochadel an, entschied sich aber gegen eine politische Karriere – zum Glück, kann man angesichts seiner Musik nur sagen. Der WDR-Auftritt zeigt einen einfühlsamen Gitarristen und Sänger mit verlebter Stimme, der selten für schillernde Akrobatik oder überhaupt allzu laute Töne zu haben ist.
Gut anderthalb Stunden lang führt er durch ein Programm mit emotional wie stilistisch recht breitem Spektrum. Das eröffnende „The Blue Standard“ – neben dem schummrigen „Struggling“ und dem packenden „Sole Survivor“ das dritte unveröffentlichte Stück im Set, das Sharpville für seine nächste Studio-LP eingeplant hat – stellt stimmungsmäßig die Weichen: Der Schwerpunkt liegt bei aller gitarristischen Klasse auf den Vocals (siehe auch „Lying to Me“) beziehungsweise mitunter sehr persönlichen Texten. Diesbezüglich stechen die rührende Ballade „Love Knows No Bounds“ (in der Studioaufnahme ein Duett mit Robbie Williams, der damit seine Wohltätigkeitsorganisation Music Support zugunsten psychisch leidender Musiker bewirbt) und das minimalistisch arrangierte „Won’t Say Goodbye“ (komponiert für die Beisetzung eines Freundes von Sharpville) hervor – aber auch kraftvollere Nummern wie der heavy Groover „God Loves A Loser“ oder das lässige „House Rules“ gehen wegen der Gesangsperformance des Frontmanns unter die Haut.
Die Begleitband erfüllt ihren Zweck, doch ohne ihre Akzente würden einige Stücke vermutlich unpassend karg wirken. Farbtupfer von Piano oder Orgel („Walk Out in the Rain“) veredeln die Kompositionen genauso wie Sharpvilles ausführliche Ansagen, weil diese die jeweiligen Songinhalte umso nahbarer machen. Da letztlich auch die Dramatik der Songreihenfolge bestechend ist (gleicht ein bisschen einer Gefühlsachterbahn), kann man „Live at Rockpalast“ uneingeschränkt jedem (Mainstream-)Blues-Fan empfehlen. Teils konservative, teils erfrischend umgedeutete Coverversionen – der Dire-Straits-Shuffle „Money for Nothing“ (mit dreckiger Mundharmonika von Will Wilde), das rasante „Red Headed Woman“ von Bruce Springsteen und Bob Dylans „Walk Out In The Rain“(auch bekannt durch Eric Claptons 1978er Album „Backless“) – runden die Veranstaltung ab. Das Video auf der beiliegenden DVD steht im Übrigen auch im Netz, falls jemand vor dem Kauf einen Probedurchlauf machen will.
Todd Sharpville – Gitarre/Gesang
Matt Round – Bass
Joe Mac – Keyboard
Steve Rushton – Schlagzeug
Mim Grey, Gavin Skeggs – Gesang (Background)
Will Wilde – Mundharmonika
Repertoire Records, bereits erschienen
https://www.facebook.com/toddsharpvilleofficial
The Blue Standard
God Loves A Loser
Used
Walk Out in the Rain
Medication Time
House Rules
Money for Nothing
Struggling
Sole Survivor
I Don’t Need to Know Your Name
Lying to Me
Love Knows No Bounds
Red Headed Woman
Won’t Say Goodbye
If Love is a Crime
Andreas Schiffmann
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