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The Red Flags und Velvet Two Stripes im Sonic Ballroom am 31.01.2024

(daniel flöper) Ob das passt?, war die erste Frage die ich mir stellte, als ich las, dass Velvet Two Stripes am 31.01.2024 im Sonic Ballroom in Köln-Ehrenfeld auftreten werden. Ich kenne wirklich keine kleinere Konzertlocation, aber auch keine, die besser passen würde. Wie es sich für einen Laden mit Punkcharme gehört, werden tragende Fassadenteile durch mehrere Schichten Aufkleber zusammengehalten und die „Bühne“, ein handlang hohes Podest, verleiht Konzerten hier nicht nur optisch Proberaumcharakter. Obwohl der Bandsound über eine PA verstärkt wird, kann man Amps und vor allem die Drums auch unmikrofoniert heraushören, was für ein Genuss. Im Außenbereich, teilweise überdacht, kommt jeder Arsch auf seine Kosten und man kann an Stehtischen, auf Bänken, Sofas oder Kinositzen gemeinsam den Abend genießen. Auch getränketechnisch hat der Sonic Ballroom für jeden Geschmack etwas zu bieten und legendär sind die Eintrittspreise gemessen an den gebotenen musikalischen Perlen.

The Red Flags

Unglaublich aber The Red Flags aus Kölle, gegründet als Schulband, spielen erst seit etwa zwei Jahren zusammen. Auf der Bühne zeigten Polly (Vocals, Rhythm-Guitar), Murphy (Lead-Guitar, Background Vocals), Joe (Bass, Background Vocals) und Mika (Drums), wie professionell eine vermeintlich unerfahrene Band musikalisch abliefern kann. Auch in ihrer Interaktion mit dem Publikum wirkten die vier, als wären sie schon länger im Business.

In ihren Songs bedienen sich die Flags gekonnt aus Rock, Punk und Grunge, wobei sie bekannte Motive aufgreifen, variieren und modernisieren. Das Publikum, inklusive einer festen Fanbase, tanzte vom ersten Takt an mit und feierte die vier leidenschaftlich ab. Joes Bass rollte mal rhythmisch mal melodisch und Mika verwämste ihre Kessel und Becken, dass die Trommelfelle vor Freude hüpften. Auf diesem soliden Gerüst konnte Muphy an der SG mit rocklastigen Riffs und punkigen Soli überzeugen. Frontfrau Polly besitzt neben einer wunderbaren Bühnenpräsenz auch eine vielseitige, klare Stimme, die, abgemischt mit etwas Reverb, den Bandsound passgenau ergänzte. Kleinere Unfälle wie wegflutschende Sticks oder verhedderte Kabel brachten keine der vier Musikerinnen aus der Ruhe, im Gegenteil, sie spielten ihren Stiefel souverän bis zum Ende.

Der Gig zeigt wie wichtig es ist, Newcomern eine Bühne zu bieten, von der sie das richtige Publikum erreichen können, denn sie haben an diesem Abend nicht nur ihre Fanbase begeistert, sondern einen Haufen Fans hinzugewonnen, was der ein oder andere aufgeschnappte Gesprächsfetzen nach dem Auftritt und während der Umbaupause belegen. Demnächst wird der erste Song der Red Flags auf gängigen Streaming-Plattformen zu finden sein und ich hoffe, in Zukunft noch mehr von ihnen zu hören. Apropos Zukunft. The Red Flags stehen am 04.05.2024 im Finale der SPH Music Masters und würden sich über Unterstützung sicherlich sehr freuen.

Velvet Two Stripes

Dies war bereits der dritte aber mit Abstand beste Gig der Velvet Two Stripes (Zürich), den ich bisher miterleben durfte. Seit dem Desertfest in Berlin (2022) und dem Ripplefest im Club Volta (2022) haben die Schwestern Sophie (Vocals, Guitar) und Sara Diggelmann (Guitar), ihre gemeinsame Freundin Franca Mock (Bass) sowie Joey Harmon (Drums) mit ihrer Mischung aus Blues, Rock, Garage und Riot Grrrl Punk noch einmal deutlich an musikalischer Überzeugungskraft, Spielfreude und Sympathie gewonnen. Dies liegt möglicherweise auch am Sonic Ballroom, in dem die VTS zum dritten Mal zu Gast waren und sich sichtbar wohlfühlten (Sara freute sich über einen vor sechs oder sieben Jahren hinterlassenen Aufkleber).

Die VTS eröffneten ihren Teil des Abends mit „No Spell für Moving Water“, einem wunderschönen Blues mit eingängig-melodiöser Leadgitarre, vom neusten, gleichnamigen Album. Mit dem drauffolgenden „Roll the Dice“ wurde der bereits amtlich abgehenden Menge ein fetter Rocksong um die Ohren gehauen. Ein reduziertes aber überaus kraftvolles Schlagzeug und ein magenschmeichelnd rollender Bass legten den Teppich für Sophies Stimme, die hier gefühlt mit 40er Schmirgelpapier über Hartholz raspelte und mich phasenweise an Alison Mosshart bei The Dead Weather erinnerte. Saras Gitarrenspiel variierte zwischen auf den Punkt gebrachten, harten Riffs, blueslastigen Zwischenspielen und Ausbrüchen in verspielte Soli. Der Song „Boots Walkin‘ All over You“ machte seinem Namen alle Ehre. Stampfende Drums, treibende Basslines und harte Riffs, bei denen ich irgendwie an das Cover von Clutchs Elephant Riders denken musste. Als Zugabe schenkten die VTS dem bereits verwöhnten Publikum gleich vier Songs, die den Abend gebührend abrundeten. Insgesamt lieferte die Band einen unvergesslichen Gig auf feinstem musikalischem Niveau ab. Daaanke!

Ein lieber Dank für die Akkreditierung geht an das Team vom Sonic Ballroom!

Fotos: Daniel Flöper

Text: Daniel Flöper

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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