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Death by Tray und Submarine on Mars – Eine Reise durch Raum und Zeit im Rottstr5theater Bochum am 15.06.2024

(jul) Am vergangenen Samstagabend nahmen uns die Bands, Death by Tray aus Bochum und Submarine on Mars aus Iserlohn, mit auf eine atemberaubende Reise durch die unendlichen Weiten des Weltraums und die geheimnisvollen Tiefen außerirdischer Ozeane.

Die Location, das Rottstr5theater, bot die perfekte Kulisse für dieses eindrucksvolle Klangspektakel. Das dunkle Gewölbe, unterhalb der Bahnschienen an der Rottstraße, im Bochumer Zentrum, war beim Betreten in ein mystisches, blassrotes Licht getaucht. Die etwa 50 Besucher nahmen auf den Sitztribünen Platz und wirkten wie die wenigen Auserwählten, die man zur Kolonialisierung eines fernen Planeten rekrutiert hatte.

Die Mission wurde von Death by Tray eröffnet. Ihr Konzeptalbum „Transit“ (2024), das die epische Reise eines Raumschiffs durch unbekannte Galaxien beschreibt, wurde in voller Länge präsentiert und entführte das Publikum in sphärische Klangwelten. Ich hatte im Vorfeld nur wenig über Death by Tray recherchiert, aber ich wusste, dass ihr Stil live eher experimenteller Natur ist und die Stücke größtenteils aus improvisierten Parts bestehen. Das passt hervorragend zu der abenteuerlichen Idee einer Reise in völlig neue Dimensionen.

Der Trip ins Unbekannte startete mit dem Intro „Transit“, und von den ersten Klängen an war die Atmosphäre im Saal elektrisiert.
Eine Bühne, im klassischen Sinne, gibt es im Rottstr5theater nicht.
Das verstärkte den Eindruck, Teil des Geschehens zu sein. Alles war in diffuses Licht gehüllt, und man konnte sich lebhaft vorstellen, wie ferne Galaxien und Planeten an unserem Raumschiff vorbeiziehen. Einige Visuals hätten das Erlebnis an dieser Stelle sicherlich noch intensiviert, aber auch ohne diese visuellen Reize waren wir bereits komplett abgehoben. Es macht einfach Spaß, den dreien beim Zusammenspiel zuzuschauen.

Die dreiköpfige Besatzung von Death by Tray – Salle am Schlagzeug, Schippi an der Gitarre und Daniel am Bass – steuerte das musikalische Flugobjekt sicher durch eine faszinierende Mischung aus krautigem Space-Fuzz-Stoner-Blues-Rock mit jazzigen Elementen, ohne die Passagiere auch nur einmal fragend zurückzulassen. Wenn man dem Stil von Death by Tray, die seit 2019 gemeinsame Sache machen, unbedingt ein Etikett verleihen möchte, dann wäre das wohl ‚Jamrock‘ (meint Schippi). Ich verzichte jedoch lieber auf jegliche Kategorisierung und nehme das Erlebte als eine völlig neue Erfahrung.

Jeder der sieben inszenierten Albumtitel erzählt eine eigene Geschichte, von der Vorfreude des Aufbruchs über die Einsamkeit des Weltraums bis hin zur Hoffnung auf eine neue Heimat. Am „Widderpunkt“ (Track 4), mit seinen tiefen, doomigen Anteilen und verzerrten Gitarren-Effekten angekommen, wurde klar: dieses Abenteuer birgt ein düsteres Geheimnis. Etwas Fremdes, Unheimliches bewohnt diesen Planeten. Doch Salle am Schlagzeug bewahrte die Ruhe und führte Crew und Passagiere sicher dem „Erdschein“ entgegen. Schippis Gitarren-Solo entfaltete nochmal so richtig seine Strahlkraft, bevor wir ins „Orbit“ eintraten und getragen von psychedelischen Wellen, die teils wie Walgesänge anmuteten, dahin schwebten. Als uns der „Sonnenwind“ ergriff, beschleunigte sich die musikalische Reise mit der von Daniel am Bass geführten Hookline. Schippis Gitarre trudelte virtuos in verschiedenen Stilrichtungen umher und was Salle hier auf die Toms gezaubert hat, habe ich im Nachgang erst im Abgleich mit dem Studioalbum begriffen. Denn die dort eingespielten Percussions hat man live überhaupt nicht vermisst. Generell schaffte das Trio größtenteils den Eindruck einer deutlich stärkeren Besatzung auf der Brücke, ohne auf digitale Technik zurückzugreifen und damit den Jam-Charakter und freien Flow zu beschneiden.

Abgerundet wurde der beeindruckende Auftritt von Death by Tray mit den Zugaben „Lunkwill“, „Marvin“ und „Vrumfondel“ (ja, genau, die aus ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘) von ihrem ersten Album „It Shall Be“ (erschienen 2022), bevor sie die Passagiere sicher und wohlbehalten zur Weiterfahrt an Submarine on Mars übergaben.

Auf der ‚Brücke‘ wurden nur kurz die Instrumente justiert und ab ging die wilde Tauchfahrt.
Da ich schon vorher mit Laura, Torben und Kevin den Mars besucht hatte, kannte ich das Terrain bereits. Souverän übernahmen sie mit „Red Dressed Devil“ das Kommando. Ihre zum Teil aus eigenen Mitteln und über Crowdfunding finanzierte EP „Mission One: Fuzz Infused Space Rock“ haben die drei erst im April 2024 released, doch von Unerfahrenheit, trotz erster Mission, keine Spur.
Man hörte kurz noch das Echolot, Kevin und Laura atmeten noch einmal tief durch, und schon ging es ohne Druckausgleich abwärts.
An den Drums hatte es in den vergangenen Monaten ein Hin und Her gegeben, aber nun bestimmt Kevin ‚Fußmaschine‘ Jacobi wieviel Bar auf dem Kessel gefahren werden, und das ist einiges.
Torbens Basslinie krallte sich ohne Zögern daran fest und Laura der Riff-Hai nutzte alles aus, was die Pedale hergaben. Beim Titel „Arrival“ spürte man, wo das Trio zuhause ist: Tief am Grund des marsianischen Ozeans mit Blick auf schroffe Riffs und steile Fuzz-Rock-Wände. Als Passagiere des robusten U-Boots waren wir zuversichtlich, dass alle im Weg stehenden Hindernisse im Zweifel einfach weggeschossen werden.
„Twisted Mind of Fire“ öffnete dann auch prompt alle Torpedorohre. Der Sound stand kompakt wie eine Schallbombe, wir schrammten kurz an einer Felswand vorbei, bevor das Tempo noch einige Knoten zulegte und wir uns mit der vollen Breitseite der Fuzz-Säge durch das Gelände pflügten. Gerade rechtzeitig drosselte Kevin die Maschinen, damit Laura die Umgebung neu sondieren konnte. Die Space-Gitarre kam zum vollen Einsatz, das Schallprofil klang abenteuerlich! Wir befanden uns ja auch nicht in irdischen Gewässern.
Bei „Translucent Kraut“ konnten wir eindrucksvoll erleben, dass Space-Rock eine echte Ganzkörpersportart ist. Ich bin sicher, wenn Laura mehr Gliedmaßen zur Verfügung stünden, wäre ihr Pedalboard noch umfangreicher und vielseitiger.
Torben geriet sogar einmal kurz ins Straucheln, als er sich zwischen der am Boden ausgelegten Kampfbatterie mit dem Bass austobte.
Trotzdem zerfaserte das Zusammenspiel der submarinen Crew an keiner Stelle. Alle Passagiere der Mission gelangten sicher wieder an die Oberfläche.
Ich bin überzeugt, dass mich die von diesem Abend mitgenommenen Eindrücke noch lange beschäftigen werden. Selten habe ich zwei so unterschiedliche Bands in so perfekter Harmonie erlebt. Ein großartiger Abend!…..(jules)

Setlist Death by Tray:

Transit
Dämmerung
Dunkeladaption
Widderpunkt
Erdschein
Orbit
Sonnenwind
Lunkwill
Marvin
Vrumfondel

Setlist Submarine on Mars:
Red Dressed Devil
Arrival
Twisted Mind of Fire
Translucent Kraut

Filed under: Konzertphotos, Live Reviews,

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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