(pe) „50 bands you have to see live before you die!“ zählte das britische Q-Magazine einst auf – und die Flaming Lips aus den USA sollten angeblich eine dieser Bands sein…
Nach diesem Abend weiß ich nun: Recht haben sie, die Briten!!!
Denn was sich dort 165 Minuten auf der Bühne abspielte, habe ich – trotz einer nicht wirklich kleinen Anzahl an besuchten Konzerten – wirklich bisher niemals erlebt!!!
Oft nutzt man in seinen Konzertkritiken fast schon inflationär Superlative – bei den Flaming Lips ist jeder einzelne davon gerechtfertigt!
Was die 5 Herrschaften dort zwischen Farbenrausch und Philosophie auf der Bühne zelebrierten, war nichts anderes als der schönste Kindergeburtstag für Erwachsene, den man sich nur erträumen kann:
Riesige aufblasbare pinke Roboter (im Zentrum des Abends steht das ikonische 2002er Album „Yoshimi Battles The Pink Robots“, das in Gänze gespielt wird), Konfettikanonen, Discokugeln, gigantische konfettigefüllte Ballons, die durch das Publikum treiben, ein bühnenüberspannender aufblasbarer Regenbogen, Outfits, die man sonst nur beim ESC zu Gesicht bekommt – und und und …
Praktisch bei jedem Song geschieht auf der Bühne optisch etwas Neues – eine Materialschlacht sondergleichen, doch dabei geht die Inszenierung nie zulasten der Tiefe – ganz im Gegenteil: denn was die Flaming Lips auszeichnet ist, dass diese überbordende Geburtstags-Gigantomanie musikalisch komplett durchzogen ist von menschlicher Introspektive und textlich behandelten tief ernsthaften Themen wie Liebe, Leben, Schmerz, Verlust, Hoffnung und Vergänglichkeit.
Und mittendrin Frontmann Wayne Coyne, stets auf einem schmalen Grat zwischen Rockstar und sanftem Weltraumpriester balancierend, dirigiert er seine Band und sein Publikum durch Licht, Klang und Gefühl – zwischen den Songs erzählt er gerne kleine Anekdoten über die Entstehung der Stücke, über verlorene Freunde, über die Angst vor der Welt, und darüber, wie Musik helfen kann, sie zu ertragen – und es wirkt wie die Einladung zu einer kollektiven Katharsis, eingehüllt in Glitzer, Konfetti und menschliche Wärme.
Coyne tritt natürlich wieder in seiner ikonischen aufblasbaren Plastikkugel auf, lässt sich dieses Mal jedoch nicht durch die Menge tragen. Stattdessen steht er – isoliert und zugleich vollkommen präsent – auf der Bühne, während um ihn herum ein glitzerndes Universum aus Licht, Rauch und Farben pulsiert.
Es ist ein vertrautes, fast surreal anmutendes Bild, das besonders dann seine Tiefe bekommt, wenn man sich erinnert:
Zur Hochzeit der Corona-Pandemie spielten die Flaming Lips ein Konzert, bei dem nicht nur Wayne, sondern auch jeder einzelne Mensch im Publikum in einer dieser durchsichtigen Kugeln steckte. Ein Live-Event unter Lockdown-Bedingungen – seltsam, sicher, absurd, visionär. Und gleichzeitig: genau das, was die Flaming Lips eben tun: Grenzen ausloten. Utopien durchspielen. Nähe in Distanz möglich machen.
Und auch wenn heute niemand im Publikum mehr in Plastik gehüllt war – in diesem Moment schien der Gedanke weiterzuleben: Wir sind hier, zusammen, im Jetzt. Und die Flaming Lips geben zu verstehen, dass sich der Sinn unserer Existenz ganz einfach in nur fünf kleine Worte zusammenfassen lässt:
„All We Have Is Now“
Genießt den Moment! Lebt ihn, atmet ihn! Genießt ihn mit allem was Ihr habt!
Das Gestern ist egal, das Morgen ist unbestimmt – was zählt, ist der Moment – das Hier und Jetzt! Lasst uns feiern trotz aller Widrigkeiten, die das Leben unvermeidbar für uns bereit hält…
Diese Botschaft durchzog den gesamten Abend. Inmitten von Rausch, Farbe und Energie stand immer auch eine emotionale Tiefe, die selten so greifbar wird wie hier. Keine Flucht vor der Realität – sondern eine Antwort auf sie.
Fuck, Yeah Cologne!!!
(peter)
Setlist:
Set 1: Yoshimi Battles The Pink Robots – Album
Fight Test
One More Robot/Sympathy 3000-21
Yoshimi Battles the Pink Robots, Pt. 1
Yoshimi Battles the Pink Robots, Pt. 2
In the Morning of the Magicians
Ego Tripping at the Gates of Hell
Are You a Hypnotist??
It’s Summertime
Do You Realize??
All We Have Is Now
Approaching Pavonis Mons by Balloon (Utopia Planitia)
Set 2: Various songs
She Don’t Use Jelly
Flowers of Neptune 6
Pompeii Am Götterdämmerung
The Golden Path (The Chemical Brothers cover)
Waitin‘ for a Superman
The Yeah Yeah Yeah Song (With All Your Power)
Encore 1:
The Spark That Bled
A Spoonful Weighs a Ton
Encore 2:
True Love Will Find You in the End (Daniel Johnston cover)
Race for the Prize
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