rockblog.bluesspot

musikalisches schreibkollektiv

Sheev – Ate’s Alchemist

(js) Werte Heavy-Music-Enthusiasten, wenn ihr auf der Suche nach einem Album seid, das euren Kopf gern mal mit spiralförmigen Riffs durchspült und auf eine psychedelische Klassenfahrt begleiten mag, dann gäbe es weitaus schlechtere Kumpels als Sheev‘s Zweitwerk „Ate’s Alchemist“.

Dieses Berliner Progressive-Stoner-Metal-Konglomerat, bestehend aus Bassist Joshan Chaudhary, Drummer Philipp Vogt, Gitarrist Songwut sowie Gitarrist/Vocalist Nitzan Sheps, garniert mit ein paar magischen Produzenten wie David Bottrill und Karl Daniel Lidén („The Ocean“, „Bloodbath“), haben mit ihrem zweiten Album nicht ansatzweise vor, Gefangene zu machen. Dieses Konzeptwerk handelt, der Albumtitel gibt’s her, von der griechischen Göttin Ate, die Götter und Menschen gleichermaßen dazu verleitet haben soll, falsche Entscheidungen zu treffen und Unheil anzurichten.

Unheilvoll kommen womöglich die Texte daher, aber inspiriert sicherlich hier mal von „Opeth“, „Mastodon“ dort von „Alice in Chains“ und sogar „Pink Floyd“ lässt ab und an nicht lang bitten, bietet die Musik hingegen einen Wohlklang, den man sich gern auch mal selbst erarbeiten darf. Denn obwohl der Sound fett ist, die Riffs locker sitzen, steckt doch unter der Oberfläche eine Menge Komplexität. „Sheev“ schaffen es dabei, eingängig zu sein und zugleich fordernd.

Auf “Martef” und “King Mustard II” verpaaren die Jungs massiv groovige Riffs mit immer wieder unglaublich atmosphärischen Part, die diesen Songs ganz wunderbar Luft zum Atmen geben. Insbesondere bei Letzterem verbindet man Stoner-/Prog-Elemente mit Nitzans Gesang, der durch Melancholie zu glänzen weiß und gleichzeitig energetisch agiert. Der Song ist schön strukturiert, ohne oberflächlich zu sein. Mit diesem Gebräu aus Riffs, Groove, ein bisschen Prog-Komplexität und guten Hooks hat man mich ohnehin schnell.

„Elephant Trunk“ kommt etwas experimenteller daher. Ruhiger, weniger mitreißend, aber ist genau das, was das Album für mich ausmacht, was ihm Tiefe verleiht. Mit „Henry“ erreichen wir mein persönliches Highlight des Alchemisten. Die Fuzz-Gitarre ist nahezu perfekt eingesetzt, der Groove bringt mich zum Mitwippen und der Mix aus klassischem Doom-Feeling, Sludge-Elementen und modernem Prog-Feingefühl funktioniert einfach überragend. Und auch hier sorgt Nitzans Organ für die Kirsche auf der Torte.

Bei „Cul de Sac“ erschafft man aus feiner Dramaturgie, grandioser, bisweilen orientalischer Atmosphäre und schönen Instrumentalparts ein wunderbares Klangbild, das nicht aufhören mag, sich innerhalb des Songs immer weiter zu entwickeln; immer noch zu steigern. Dabei macht sich die Melodie derart breit in den dafür offensichtlich zuständigen Hirnlappen, dass ich mich jetzt noch ärgere, keine Miete genommen zu haben.

„Tüdelüt“ (nein, das ist keine dänische Backwarenmischung) bietet noch einmal die pure, diesmal etwas vertracktere Prog-Magie und überzeugt wiederholt durch fantastische, mehrstimmige Vocals. Final rundet „Sabress“, der längste Song des Albums, dieses vollends gelungene Projekt ab. Experimentell und heavy zugleich und mit einem epischen Finale versehen, das mir kompromisslos und anspruchsvoll aufzeigt, dass Atemlosigkeit kein Alleinstellungsmerkmal etwaiger nachtschwärmender Schlagersängerinnen sein muss.

In der Gesamtheit bietet „Ate’s Alchemist“ einen wunderbaren Roadtrip durch die Psyche – dunkel, brutal ehrlich und doch ebenso verdammt catchy. Jeder Song legt dir sein eigenes Abenteuer zu Füßen (oder besser „in die Gehörgänge“): mal aggressiv, mal floydig-psychedelisch, stets jedoch unvorhersehbar und süchtig machend. Es überzeugt insbesondere, wenn man bereit ist, sich auf ein Album einzulassen, das seine Höhepunkte nicht sofort in jedem Song auf dem Silbertablett serviert, sondern sich bereit zeigt, diese durch seine Vielfalt und seine Spannungsbögen stetig wachsen zu lassen.

Noch einmal zurück zum Start dieses Reviews, zu Ate und ihrer Passion, Menschen falsche Entscheidungen angedeihen zu lassen: Eine falsche Entscheidung wäre es sicherlich, diesem Album keine Chance zu geben, sich in eure Gehörgänge zu fräsen. Glaubt es mir einfach. Andernfalls, also bei Zuwiderhandlung, gäbe es nämlich – danke, Papa – „Panhas am Schwenkmast“.

Tracklist:
1. The Alchemist 01:24
2. Martef 06:48
3. King Mustard II 06:09
4. Elephant Trunk 07:45
5. Henry 05:33
6. Cul De Suc 08:25
7. Tüdelüt 05:01
8. Sabress 08:54

https://sheev.bandcamp.com/album/ates-alchemist
https://www.sheevband.com/
https://www.facebook.com/sheevbandofficial/

Filed under: Album Reviews, Metal, Prog, Stoner,

Archiv

international – choose your language

Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

September 2025
M D M D F S S
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930  

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um diesem Blog zu folgen und per E-Mail Benachrichtigungen über neue Beiträge zu erhalten. Informationen zum Umgang mit Deinen Daten findest Du in der Datenschutzerklärung.

Diese Artikel werden gerade gelesen:

Festivals, Konzerte, Tourneen + Veranstaltungen
Dream Theater - Quarantième: Live à Paris
Desertfest Berlin 2025 Columbiahalle und Columbiatheater - 23.05. bis 25.05.25
Crazy Chris Cramer - "...unterwegs"