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Mars Mushrooms + Pelagic Zone = Marslagic Shroomzone (Live)

(ju) Urlaub im Kopf

Wer dringend Urlaub benötigt, aber nicht mal eben verreisen kann, der ziehe sich die gemeinsame Live-Release von MARS MUSHROOMS und PELAGIC ZONE rein – zwei krautige Jambands, die unter dem wortverspielten Namensgemisch MARSLAGIC SHROOMZONE ein zweitägiges Live-Konzert aufgenommen haben und auf Bandcamp digital zur Verfügung stellen. Jeweils zwei Sänger, Gitarristen, Bassisten, Schlagzeuger und Keyboarder plus ein Didgeridoo geben sich gegenseitig die Klinke in die Hand und verschmelzen durch endlose Jams miteinander. Sorgt für Reset im Kopf, versprochen!

Am besten beim sommerlichen Wonnewetter raus in die Sonne legen, Stöpsel in die Ohren oder Außenlautsprecher aufdrehen und dann weit hinfort tragen lassen, in welche Gefilde auch immer vor dem geistigen Auge entstehen. Alternativ eignet sich die Musik auch wunderbar für lange Fahrten im Auto, als motivierende Anschubhilfe beim Hausputz und Wäschemachen oder beim meditativen Sonnengruß auf der Yogamatte. Alles getestet und als sehr gut befunden. Soviel zur Wirkung. 

Eigentlich wäre es an dieser Stelle ausreichend zu schreiben: Gehe zu https://marslagicshroomzone.bandcamp.com und du wirst verstehen, was ich meine. Oder, wie der kleinwüchsige, zerknautschte Kuiil aus „The Mandalorian“ selbstbewusst sagen würde: „Ich habe gesprochen.“ Punkt. Jedoch ist es wertvoll zu wissen, wie dieses exorbitante Musikwerk, beziehungsweise sind es sogar drei an der Zahl, überhaupt zustande gekommen ist und wer dahinter steckt: 

MARS MUSHROOMS aus Bayern feiert dieses Jahr 25-jähriges Bandjubiläum. Gitarrist und Sänger Michi Schmidt malt aus, was es bedeutet, so viele Jahre gemeinsam und in fast unveränderter Formation auf der Bühne zu stehen: „Mittlerweile ist es das tiefe Vertrauen in die gemeinsam entwickelte musikalische Sprache, das uns auf der Bühne verbindet und unseren Sound ausmacht. Und so ‚unterhalten‘ wir uns mit unseren Instrumenten, ‚sagen‘ manchmal alle dasselbe, oder ‚sprechen‘ phasenweise wild durcheinander bis sich der gemeinsame rote Faden des ‚Gesprächs‘ wieder findet. Diese Gespräche können manchmal ziemlich lange dauern, weil natürlich jeder von uns wahnsinnig viel zu erzählen hat.“ Nicht umsonst hat das Quartett eine eigene Genrebezeichnung kreiert, um ihre ungewöhnliche Musik zu beschreiben: „Jamkraut“ ist eine einmalige Kombination von Musik und Herkunft der Band – „Jam“musik und fränkisches Sauer“kraut“. 

Eine weitere Improvisationsmaschine stellt das Hamburger Quartett PELAGIC ZONE dar, das 2009 aus einem Jam-Projekt heraus entstand. Auf deren Webseite stellt die Band die interessante Frage: „Welche neuen Abenteuer kann man mit zwölf altbekannten Tönen erleben?“ Ganz schön viele! Und zusammen mit den Marsianischen Pilzen wird die Reise gleich doppelt so intensiv und ausladend und abenteuerlich! Bei dem Konzertmarathon vom 16. bis 18. Juli 2021 auf dem Band Summer Special VI in Schneidenbach im sächsichen Vogtland traten die Bands sowohl einzeln als auch gemeinsam auf, im Folgenden gekennzeichnet durch die Abkürzungen MM für MARS MUSHROOMS, PZ für PELAGIC ZONE und MLSZ für ihre Fusion MARSLAGIC SHROOMZONE. Das Live-Spektakel wurde auf drei digitalen Alben verewigt: „Deep Beneath the Woods Vol.1“, „Vol. 2“ und „Vol. 3“, wobei Volume 2 hauptsächlich von MM getragen ist und Volume 3 von PZ. Die Länge der insgesamt 40 Tracks variiert dabei zwischen knackigen 04:59 Minuten (absolute Ausnahme) und epischen 44:09 Minuten und füllt sage schreibe knapp sieben Stunden. Chapeau! 

Die Reise beginnt unter jamaikanischen Palmen, mit einer qualmenden Royal Jamaica zwischen den Zähnen und einem Mai Tai in der Hand. „Soul Shakedown Jam“ (MLSZ, Vol. 1) bietet verspielte, chillige Reggae-Vibes mit parallelen Piano-Soli und Hammond-Sounds, die selbst diejenigen überzeugen, die dem Reggae sonst nichts abgewinnen können. Putzigen, unschuldigen Reggae in Verbindung mit leicht schaurigen Keyboard-Sounds und Gitarren-Soli liefert später auch „Walls“ (MM, Vol. 2). Locker-flockig geht‘s weiter mit fröhlich beschwingten Gesangsmelodien („Treasures“ + „Void“, PZ Vol. 1). Perfekt für laue Sommernächte zwischen Lichterketten und Glühwürmchen. Spätestens bei „Elegy“ und „Tokyo“ (MM, Vol. 1) ist der letzte Rest Alltagsstress weggeblasen und der innere Schalter auf Scheißegal umgeswitcht. Verträumte Lieder wie „Belly of a Whale“ (MM, Vol. 1) oder „Eggroll“ und „Science“ (MM, Vol. 2) entführen in weit entfernte Galaxien, doch bevor man sich versieht, findet man sich auf einmal in einer verqualmten Piano-Bar in New Orleans wieder (z. B. „Let‘s Go Get Stoned“, PZ, Vol. 3 oder „Sugaree“, MM, Vol. 1). „So Many Faces“ (MM, Vol. 1) startet mit einem Drum-Solo, das sich bestens für die 1. Staffel von „Fargo“ eignen würde, und bietet sodann das vermutlich fröhlichste Klavier der Musikgeschichte.

Der Urlaubs-Soundtrack bietet zudem witzige Songtexte, die einen auch mal in den Garten eines Hollywoodstars beamen: „Robert Downey Jr. is a friend of mine / He lives next door, we get along just fine. / We like to go fishing and have a beer or two / Robert and I, me and you / Robert and I, me and you / His wife and my wife like to talk all day / They can‘t stop talking but that‘s okay / Next Friday night we‘ll have a barbecue / Robert and I, me and you / Robert and I, me and you“ („Robert Downey Jr.“, MM, Vol. 2).

Wer dann immer noch nicht genug hat, schwingt die Beine zum Rock‘n‘Roll durch die „Zombie Apocalypso“ (MM, Vol. 2) oder flippt schließlich zu den extrem groovigen Vibes in„Anthea“ (MM, Vol. 2) oder „Fast or Far“ (PZ, Vol. 3) komplett aus. Liebhaber frickeliger und anspruchsvoller Musik haben wiederum die Möglichkeit, sich bei einem Scotch zu vertrackten Rhythmen und gnadenlosen Soli staunend zurückzulehnen, beispielsweise bei „Mountain Remedy“ (MM, Vol. 1).

Jungs: Danke für den Trip, für den Urlaub auf Knopfdruck, für die Zuckerwatte im Kopf. Hallelujah, tat das gut! 

Was muss das live erst für ein Fest gewesen sein? Noch vor wenigen Tagen, am 23. und 24. Juni, fand im fränkischen Adelmannsdorf übrigens wieder das Band-eigene Zweitages-Festival statt, das Jamkraut-Festival (https://www.jamkraut.de). Ob zwei Tage da ausreichten? Ich wage es zu bezweifeln…

(Judith)

VÖ: 20.04.2023

Dauer: Lang. Sehr, sehr lang. 🙂

https://marslagicshroomzone.bandcamp.com

Webseite Mars Mushrooms
Webseite Pelagic Zone

Filed under: Album Reviews, Blues, Bluesrock, Jam, Krautrock, Reggae, Rock, , , ,

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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