rockblog.bluesspot

musikalisches schreibkollektiv

Schwarzbrenner Live in Ratingen 22.09.2023

(ro) Es ist ein außergewöhnliches, wunderbar beseeltes Konzert an diesem lauen Herbstabend in Ratingen, zu dem die Band „Schwarzbrenner“, diesmal als Duo auftretend, eingeladen hat.
In der Ankündigung las ich, dass Wolfgang Becker (Gitarre, Gesang) und Christoph Keisers (Schlagwerk), passend zu ihrem einzigartigen Konzept der modernen Vertonungen expressionistischer und romantischer deutscher Lyrik, diesmal von der Rezitatorin Silke Moor unterstützt werden.

Thema des Abends wird die Dichtkunst der Poeten Georg Heym, Clemens Brentano und Josef von Eichendorff sein.
Ich schau mich um, nur noch wenige Plätze sind frei, denn der ganze Saal ist bestuhlt und das ist auch gut so. Denn die Songs, für die die Band bereits zahlreiche Nominierungen für den Deutschen Schallplattenpreis eingeheimst hat, verdienen es konzentriert gehört zu werden.
Und sie können so gut gehört werden, weil es der passend gemischte Sound problemlos ermöglicht, praktisch jedes Wort zu verstehen. Auch in der letzten Reihe.

Gleich von Beginn an ist die Stimmung des Publikums eine ausnehmend entspannte, denn „Schwarzbrenner“ schwört nicht nur auf die poetische, bilderreiche Wortkunst, sondern stets auch auf die Kraft und Magie verführerischer Melodien.
Völlig uneitel, unprätentiös und lässig, ganz in legeres Schwarz gekleidet, tragen die Herren Becker und Keisers zuerst die Songs des Expressionisten Georg Heym vor, die in ihrer Erhabenheit herzergreifend sind und sowohl den Verstand als auch die Seele anregen, ohne je in Selbstmitleid oder gar Larmoyanz zu verfallen.

*
Die beiden excellent aufeinander eingespielten, langjährigen Freunde, deren musikalische Könnerschaft über jeden Zweifel erhaben ist, bieten der Hörerschaft einen Höhepunkt nach dem anderen.
Nach dem bluesgetränkten emotionalen „Sehnsucht nach Paris“ folgt der lodernde Mitreißer „Der Falke“, der druckvoll und feurig sowohl Leidenschaft als auch Energie in Richtung Auditorium ausstrahlt.
Das weiß das gemischte, eher aus gut gelaunten Best-Agern bestehende Publikum zu würdigen, denn auch die teils nachdenklich Lauschenden honorieren dies mit lebhaftem Mitzucken, Fingerschnippen, Klatschen und Füßewippen.

Ein gelungenes Unterfangen ist in diesem Rahmen auch eines der für mich schönsten Liebeslieder des Abends, betitelt „Juninacht“ (Georg Heym). Es betört durch gekonnt filigranes und virtuoses Saitenspiel, ebenso wie „Ich wohnte unter vielen Leuten“ (Clemens Brentano), das mit einer subtilen Intimität spielt, die so smooth und berührend ist wie eine warme Hand auf der Schulter.

Zwischendurch tritt immer wieder Silke Moor an das Mikrofon und trägt so schlicht wie ergreifend eine Auswahl an Gedichten der Herren Heym, Brentano und von Eichendorff vor, die von unerfüllten Liebschaften, nagendem Fernweh, düsteren Städten und zerbrochenen Lebensträumen erzählen. Mucksmäuschenstill ist es dann, man vermeint, den Atem anhalten zu müssen und driftet hinein in ein mitunter wehmütiges Reflektieren in Moll.

Nach einer letzten schwungvollen Zugabe, der Aufforderung „Lass uns heute noch den Trank genießen“, erscheint dann das Leben doch wieder mal sowas von schön, trotz des allenthalben prekären Weltgefüges um uns herum.
Und so gibt es nach dem Konzert noch ein bisschen gemeinsames, nostalgiegeladenes Reden und Philosophieren an der Theke, bei einigen kleinen Gläschen Sekt oder was auch immer.
Ja, es ist genau so wie der Abschluss eines solchen Abends zu sein hat.
So und nicht anders.
…(..Rosie..)

Filed under: Konzertphotos, Live Reviews, , , ,

Archiv

international – choose your language

Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

September 2023
M D M D F S S
 123
45678910
11121314151617
18192021222324
252627282930  

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um diesem Blog zu folgen und per E-Mail Benachrichtigungen über neue Beiträge zu erhalten. Informationen zum Umgang mit Deinen Daten findest Du in der Datenschutzerklärung.

Diese Artikel werden gerade gelesen:

Festivals, Konzerte, Tourneen + Veranstaltungen
Dream Theater - Quarantième: Live à Paris
Desertfest Berlin 2025 Columbiahalle und Columbiatheater - 23.05. bis 25.05.25
Crazy Chris Cramer - "...unterwegs"