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Xmas in the Abyss am 22.12.2023 im Vortex: INFINITE HORIZON + THE WATCHER + MILES2FALL

(Text und Handyfotos: Judith) Es ist wie ein großes Klassentreffen: Alte Freunde und Bekannte, die man teils seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht gesehen hat, versammeln sich im Vortex, um dem Siegerländer Metal zu frönen. Zwar stellen die Opener von MILES2FALL eine gewisse Ausnahme dar, kommen sie doch aus dem AK-Land und betreten unter obigem Namen heute Abend zum ersten Mal gemeinsam die Bühne; sie als fremdländische Newcomer zu bezeichnen, wäre jedoch äußerst inadäquat. Schließlich sind die Bengel in unseren heimischen Gefilden – und dazu zählt dank des Dreiländerecks mehr als nur das Siegerland – als ehemalige Mitglieder von Mindcrime, FireScent und Groove keine unbeschriebenen Blätter.

Von daher sind die Erwartungen genauso groß wie Spannung und Neugier. Wer bereits in den Genuss kam, sich das heute vor einer Woche erschienene erste Studioalbum „Lower Skies“ reinzuziehen, weiß, dass es gleich mächtig krachen wird. Und so abwechslungsreich und eindringlich wie die von der Band selbst bombastisch-fett produzierte und vom legendären Pegelregler Dan Swanö gemasterte Scheibe knallt uns das Quintett seine Songs auch live vor den Latz. Dass die Harmonie zwischen den Fünfen stimmt, wundert wegen ihrer Musikbiografie kaum. Sänger Christoph animiert die Meute vor der Bühne mit gewohntem Lausbuben-Charme und viel Humor, während er zwischen den Songs das reingeschmuggelte Hachenburger (Frevel!) an seine grinsenden Lippen führt. (Product-Placement auf der Bühne!) Bassist Mario unterstützt Christophs abwechslungsreichen Gesang als stimmige Ergänzung mit tiefen markerschütternden Growls. Ballernde Riffs, frickelige Gitarrensoli, thrashige Haudraufmomente, Ohrwurm-Hooks à la Katatonia und abwechslungsreiche Stimmfarben werden von synthetischen Keyboard-Sounds vom Band perfekt ergänzt. Ein überzeugendes Gesamtkunstwerk, welches beweist, dass sich jahrelange Musiker-Freundschaft auszahlt.

THE WATCHER

Auch für das folgende Quartett aus Siegen stellt der heutige Gig einen ganz besonderen Moment dar: THE WATCHER, nicht zu verwechseln mit der Motörhead-Coverband aus Pforzheim, betritt nach vier Jahren Sendepause heute zum ersten Mal wieder vereint die Bühne. Nicht nur für die Fans der progressiven Death Metaller ein nostalgisches Fest. Sänger und Bassist Mario kann es anfangs noch nicht so ganz fassen, endlich wieder mit seinen Jungs auf der Bühne zu stehen. Es dauert ein wenig, bis sich die vier Herren eingegroovt haben, doch von Growl zu Growl und Riff zu Riff fährt die Temperatur runter und die Klauen des Wächters legen sich schwer um unsere bangenden Glieder. Marios langgezogener, durch Mark und Bein dringende Schrei am Ende des Gigs ist ein überzeugendes Schluss-Statement: THE WATCHER sind zurück!

INFINITE HORIZON

Beam me back, Scotty! INFINITE HORIZON betreten die Bühne, hauen den ersten Takt raus und schleudern uns auf der Stelle zurück in die Jahrtausendwende. Nostalgie at its best! Das Progressive- und Power-Metal-Urgestein aus Siegen ist ein Zeugnis dafür, dass sich jahrzehntelange Arbeit in Professionalität auszahlt bei einer gleichzeitigen Gelassenheit, als hätten die sechs Herren kurz vor dem Gig noch auf dem Klo in aller Ruhe Zeitung gelesen. Daran rüttelt auch ein Wechsel im Line-Up nicht: 2022 stießen die beiden Gitarristen Adrian Calia und Dennis Rybakowski hinzu, letzterer als Ex-ACCU§ER-Thrasher sowieso eine Marke auf den (nicht nur) heimischen Bühnen.  

Die Menge tobt, jauchzt, tanzt, bangt und beweist Textsicherheit. Zumindest bei den bekannten Titeln, denn INFINITE HORIZON stellen heute auch neues Material vor, das nächstes Jahr erscheinen soll. Sänger Marc trägt wie gewohnt sein Punisher-T-Shirt. Ich vermute, dass er für jeden Tag eines davon im Schrank hat, die kleinen Ettiketten am Kragen bestickt mit den Wochentagen. Auch das ist Nostalgie. Herrlich! Im Publikum stehen Leute, deren Gesicher man von ganz, ganz früher kennt, und mir drängt sich die Frage auf, mit wie vielen dieser Menschen ich schon damals gemeinsam vor den Bühnen dieser Heimat gefeiert habe. Ein Mann in der ersten Reihe steht genauso da wie eh und je, selbe Kleidung, selbe Haltung, so als würde er seit 25 Jahren als Bandmaskottchen wie ein Pappaufsteller vor der Bühne platziert. Die Zeit ist stehengeblieben, und es fühlt sich wunderbar an.   

Vielen Dank für diesen denkwürdigen Abend, liebe heimatliche Metal-Gemeinde! Es war uns allen ein Fest.

(Judith)

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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