(pe) Stickman Records hatte als Label schon immer die besondere Fähigkeit, kleine ungeschliffene Rohdiamanten aus den tief vergrabenen Proberaum-Minen der Welt ans Tageslicht zu befördern und für eine breitere Öffentlichkeit zum Strahlen zu bringen (Elder, King Buffalo, Iron Jinn, Delving, Papir, 35007, Motorpsycho – um nur einige Beispiele zu nennen…)
Nun erreicht ein weiterer Rohdiamant die Oberfläche: Lambda (auch einfach dargestellt in Form des griechischen Buchstabens Λ aus der Tschechischen Republik.
Allein die Herkunft der Band macht die Sache schon interessant, da Tschechien nicht unbedingt bekannt ist für die Hervorbringung bekannter Acts aus dem Stoner-/Postrock-oder Psychedelic-Bereich, innerhalb dessen sich auch Lambda grenzübergreifend bewegen. Entscheidend ist aber natürlich letztlich die Musik und ihre Einordnung sowie insbesondere ihre Abgrenzung innerhalb eines mittlerweile fast unüberschaubar großen Pools an Instrumental-Bands aus den genannten stilistischen Bereichen.
Und hier nimmt Lambda eine Nische ein, die mir in dieser Form noch nicht die Ohren derart verwöhnt hat: denn mit ihrem zweiten Longplayer „Vere Modus“ (aus dem Lateinischen zu übersetzen im Sinne von „Der wahre Weg“) erblickt ein musikalisches Werk das Licht der Welt, dass komplett über die gesamte Laufzeit auf die reine Schaffung von atmosphärischen Assoziationen setzt, statt auf die Präsentation einer möglichst großen Vielfalt an verschiedenartigen einzelnen Tracks, und bildet insofern ein besondere und faszinierende Form von Konzeptalbum.
Lambda gründeten sich 2014 in Český Krumlov im Süden der Tschechischen Republik aus einer Gruppe von Freunden aus verschiedenen lokalen Bands und sind beeinflusst von Musikrichtungen wie Heavy Rock, Grunge, Postrock, Stoner und Doom der 70er Jahre. Bands wie Black Sabbath, Pearl Jam, Pink Floyd, Rush, Earthless, Kyuss, Truckfighters, Maserati und Russian Circles nennt die Band als Einflussgeber für ihre Musik.
Ihren Bandnahmen entlehnten sie der TV-Serie „Stargate“, in der das Symbol Λ das siebte Symbol (Chevron) auf dem Stargate ist, das Wege zu anderen Welten aktiviert. In einem Interview erklären Lambda, dass ihre Musik generell stark von dieser Serie beeinflusst ist.
Das Four-Piece, bestehend aus Tomáš Zimmerman und Filip Faschingbauer an den Gitarren, Václav Ruttkay am Bass und Matěj Kräussl an Drums & Percussions hat mit „Vere Modus“ ein musikalisches Abbild der Natur erschaffen: das Album fließt wie ein Fluss, fliegt wie ein Adler, brennt wie ein Feuer, grollt wie ein Donner, erhebt sich wie ein Berg und brandet ans Ufer wie eine Welle bei Sturm – und das alles in einem einzigen Flow innerhalb von sieben teilweise ineinander verwobenen Einzeltracks über eine Spielzeit von knapp 36 Minuten. Diesen Flow, in den man unweigerlich beim Hören förmlich hineingesogen wird, erzeugen Lambda, indem kein Song wirklich aus dem Gesamtkonzept heraussticht: vielmehr wird mittels Rhythmuswechseln und gezieltem Einsatz sphärischer Gitarren die jeweils tonal beschriebene naturalistische Darstellung des gerade vertonten Naturelements ein Klangbild erzeugt, das dem Hörer direkt Bilder ebendieser Elemente in den Kopf zaubert. Das klingt kompliziert und lässt sich vielleicht bildlich besser erklären: beim Hören des Albums fühlte ich mich wie ein Adler, der erhaben durch die Szenerie gleitet: mal überfliegt er die Weiten des Meeres, taucht ein enge und hallende Gebirgsschluchten, durchfliegt meisterlich dichtbewachsene Baumlandschaften aber auch durchaus bedrohlichere Gebiete wie eine Lavalandschaft mit noch brodelnden schwefligen Feuerstellen, erhebt sich immer mal wieder weit hoch in die Lüfte und schaut herab auf grüne Täler und unberührte Urwälder, trotzt Gewitterregen, erfreut sich an den wärmenden Strahlen der Sonne … die Assoziationen sind quasi unendlich, und jeder Hörer wird seine eigenen faszinierenden Erfahrungen machen. Das mag kitschig klingen – fühlt sich aber mit dem Soundtrack auf den Ohren tatsächlich so wunderbar natürlich an wie beschrieben, denn die Band malt quasi Bilder mit ihren Instrumenten …
Die Naturverbundenheit spiegelt sich sowohl in dem von Bandfreund Kuba Zeman entworfenen Cover wider, das eine Naturaufnahme von Pflanzen vor einer Hügellandschaft sowie ein aus Holzstämmen geformtes Lambda zeigt, als auch in den sämtlich dem Lateinischen und der Griechischen Mythologie entnommenen Songtiteln wider: Chaos – das sinnigerweise am Anfang steht und gegen Ende, nach Beschreiten des „Vere Modus“ dem „Vita“ (dem Leben) weicht, Pontos (das schwarze Meer bzw. ein Meeresgott der gr. Mythologie), Hémerá (die Personifikation des Tages und der Morgenröte), Mons (der Berg bzw. das Gebirge), Lignum (das Holz, aber auch der Baum als Zeichen des Lebens), Terra (die Erde), und schließlich als Abschluss „Vita“ (das Leben), das in einem herrlich gitarrendominierten Crescendo das Leben feiert.
Legt das Album an einem lauen Sommerabend auf den Plattenteller, lehnt Euch mit einem gekühlten Getränk Eurer Wahl entspannt zurück, schließt die Augen, und lasst Euch von Lambdas Klanglandschaften auf den Schwingen Eures höchsteigenen Adlers mit auf eine wunderbare imaginäre Reise durch all das nehmen, was uns die Natur im Leben zu bieten hat …
(peter)
VÖ am 7. Juni 2024 auf Stickman Records
Weblinks
https://lambdaband.bandcamp.com/album/vere-modus
https://www.facebook.com/lambdacz
https://www.stickman-records.com/
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