(as) „Love“ war 2020 ein relativ aufwändig in Szene gesetztes Rockalbum, dem Torgeir Waldemar nun ein Kontrastprogramm folgen lässt: Auf „Mercy“ gibt sich der hauptamtliche Gitarrist von The Devil & The Almighty Blues minimalistisch, aber nicht weniger eindringlich – was insofern Sinn ergibt, als „Mercy“ das geistige Pendant des Vorgängers sein soll, wie der Norweger im Zuge der Veröffentlichung erklärt.
So wie Barmherzigkeit mit Liebe (also die beiden Titel übersetzt) einhergeht, erwachsen Kraft und Mut aus Nachdenklichkeit und Innenschau, wie sie das neue Material suggeriert. Statt auf eine vollständige Band zurückzugreifen, singt Waldemar schlicht zu seinem Akustikgitarrenspiel, wobei er sich lediglich von dem Violinisten/Sänger Michael Barret Donovan (Buster Sledge) begleiten lässt. Die aufgrund dieser Konstellation zwangsläufig kompakten Stücke wurden mithilfe von Anders Møller (dem Originalschlagzeuger der kultigen Speed-Rocker Gluecifer) analog auf Tonband aufgenommen und kommen ohne Overdubs aus. Die Unmittelbarkeit, mit der die Platte entstanden ist, hört man ihr auch an.
Man wähnt sich als Hörer bei den Sessions anwesend, wobei es vornehmlich ums Erzeugen gedämpfter Stimmungen ging, statt dass es der Künstler auf plakative Gassenhauer angelegt hätte. Seine fraglos markante, aber nicht besonders ausdrucksstarke Stimme taugt nur bedingt zum Vortrag der Songtexte, denen eindeutig eine wichtigere Rolle als üblich zufällt – ein kleiner Schönheitsfehler, der den Empfänger andererseits zu noch mehr Aufmerksamkeit zwingt. Als Sammlung ungeschönter Momentaufnahmen beeindruckt „Mercy“ zudem durch eine Gratwanderung, die im Singer-Songwriter-Bereich nur wenigen gelingt.
Die Musik ist sicherlich nordamerikanisch orientiert, wobei Waldemar klare Bezüge zu allem herstellt (Country, Folk), was man gemeinhin unter „Americana“ zusammenfasst, und Vergleiche zu üblichen Verdächtigen we Bob Dylan, Townes van Zandt oder Neil Young herstellt; dass er seine skandinavische Herkunft trotzdem nicht abzustreifen sucht, ist abgesehen vom emotionalen Gehalt des Albums – auf seiner YouTube-Seite unbedingt die Live-Videos aus dem Studio schauen! – seine reifste Leistung.
Playlist auf YouTube zum Einbetten:
Janssen Records
https://torgeirwaldemar.bandcamp.com
VÖ: 06.09.
Where To Throw My Shadow
Dover
Traces Of Lust
For No Reason At All
Death Crept Upon Me
The Road To Evermore
Vibriation Of Strings
Cracking Lacquer
Bigger Wave
The Way You Make Me Feel
Remedy Pt. II
Andreas Schiffmann
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