rockblog.bluesspot

musikalisches schreibkollektiv

Flotsam & Jetsam – I Am The Weapon

(jul) In einer Welt, in der musikalische Trends schneller wechseln als die Jahreszeiten, gibt es kaum noch Bands, die dem stürmischen Wetter trotzen und sich beständig durch die Jahrzehnte kämpfen. Flotsam & Jetsam, die US-amerikanischen Thrash-Metal-Veteranen aus Phoenix, Arizona, sind genau diese unerschütterlichen Felsen in der Brandung.  

Mit ihrem mittlerweile 15. Studioalbum „I Am The Weapon“ zeigen Flotsam & Jetsam, dass sie nichts von ihrer Schärfe, ihrer Aggression und ihrem kompositorischen Können eingebüßt haben. Ganz im Gegenteil – das Album ist ein monumentaler Brocken Thrash, der seinen selbstbewussten Titel völlig zu Recht trägt. Schon die ersten Töne machen klar: Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt.  

Ein Blick zurück: Die Geschichte einer Legende  

Mit ihrem legendären Debütalbum „Doomsday For The Deceiver“ schrieben Flotsam & Jetsam 1986 stinkwütend und gleichzeitig technisch brillant ein wichtiges Kapitel der Thrash-Metal-Geschichte. Zu dieser Zeit sorgten sie nicht nur musikalisch für Aufsehen, sondern auch durch den Verlust ihres Mitgründers und Bassisten Jason Newsted, der bei Metallica die von Cliff Burton hinterlassene Lücke schließen wollte.  
Es war turbulent in der Szene damals und für Flotsam & Jetsam ist es das über die Jahrzehnte auch geblieben. Wahrscheinlich ist es dem häufigen Wechsel der Bandmitglieder, Label und Manager geschuldet, dass sie nie an den Erfolg von anderen Bands der Thrash-Welle, wie Anthrax, Megadeth oder Metallica anschließen konnten. 

Dennoch haben Flotsam & Jetsam in den vergangenen vier Dekaden gnadenlos und unaufhaltsam hochwertige Alben abgeliefert – ein Verdienst, der in der heutigen schnelllebigen Musiklandschaft nicht hoch genug geschätzt werden kann. 

In den letzten Jahren haben sie es geschafft, sich mit Alben wie „The End of Chaos“ (2019) und „Blood in the Water“ (2021) nicht nur über Wasser zu halten, sondern sogar wieder zur Form der alten Tage zurückzufinden. Jedes dieser Werke wurde von der Kritik gefeiert und brachte die Band zurück ins Bewusstsein der Metal-Community.  

Mit „I Am The Weapon“ kommt nun ein Album, das genau weiß, was es will: Ohrfeigen verteilen und dabei verdammt gut klingen!  
Mal abwarten, ob diese massive Metallklatsche auch die Wange von KERRANG! wieder voll trifft und dort die über-perfekte Bewertung von sechs der möglichen fünf K’s erreicht – wie vor fast 40 Jahren “Doomsday For The Deceiver”. 

Der Opener “A New Kind of Hero” haut schon mal voll zu und beginnt mit einem nihilistischen Intro, bevor sich der Song in einen Thrash-Sturm verwandelt, der keine Gefangenen macht. Es ist eine massive Welle von Energie, die vom ersten bis zum letzten Riff durchzieht. Der Sound ist dicht, ohne überladen zu wirken, und lässt jedem Instrument den nötigen Raum zur Entfaltung. Dieser Eindruck zieht sich durch das komplette Album. Die Produktion ist absolut top und lässt jede Note scharf und präzise durch die Boxen schneiden.  Stücke wie „Beneath the Shadows“ – ist das Thrash Blues? Groovie! – und „Black Wings“ – was für ein Breakdown! – zeigen, dass Flotsam & Jetsam immer noch bereit sind, mit den Erwartungen zu spielen und ihre Fans zu überraschen. Diese Tracks zeigen die Band in Bestform: aggressiv, direkt und doch mit einem Gespür für melodische Nuancen, die den Thrash Metal zugänglicher machen, ohne dabei die Härte zu verlieren. Es ist genau diese Balance, die Flotsam & Jetsam seit jeher auszeichnet und auch auf „I Am The Weapon“ perfekt zur Geltung kommt. Das ist komplexes und durchdachtes Songwriting, das die Tracks auch nach mehrmaligem Hören spannend und frisch hält. 
Mit „Burned My Bridges“ präsentieren Flotsam & Jetsam sogar einen Song, der mit seiner eher stimmungsvollen Atmosphäre fast schon als balladesk durchgehen könnte – natürlich nur, wenn man „balladesk“ in der Sprache des Thrash versteht. Aber auch hier bleibt die Band ihrem treibenden Sound treu. In einer Zeit, in der sich viele Bands entweder in altbekannten Mustern festfahren oder verzweifelt versuchen, sich neu zu erfinden, gelingt es Flotsam & Jetsam, sich treu zu bleiben und dennoch neue Akzente zu setzen. 
Produziert wurde das Album von der Band selbst, was einmal mehr beweist, wie sehr Flotsam & Jetsam die Zügel in der Hand behalten und ihre musikalische Vision ohne Kompromisse umsetzen. Eingespielt wurden es in den Studios von SonicPhish Productions, Gnome Lord, Wayne Manor und Seventh Spike. Diese vielfältige Studiolandschaft trägt offenbar zu der abwechslungsreichen Klangpalette des Albums bei, das sowohl roh als auch poliert klingt – ein Balanceakt, den nicht viele Bands so souverän meistern.  
Das Cover-Artwork stammt erneut von Andy Pilkington, der mit seiner düsteren und kraftvollen Ästhetik bereits mehrere Alben der Band visuell veredelt hat.  

Fazit: Eine Wucht von einem Album  

Wer glaubt, dass Flotsam & Jetsam nach so vielen Jahren ruhiger werden könnten, der irrt gewaltig. Diese Band hat noch lange nicht vor, die Waffen niederzulegen. „I Am The Weapon“ ist der ultimative Beweis dafür, dass die Thrash-Veteranen immer noch voll auf metallischem Speed sind und weiterhin mit einer Präzision zuschlagen, die junge Bands vor Neid erblassen lässt. Besonders hervorzuheben ist das Engagement von Eric A.K. Knutson, dessen kraftvolle und gleichzeitig melodische Stimme einen großen Teil der Identität der Band ausmacht. Er ist das emotionale Zentrum von Flotsam & Jetsam und trägt mit seiner Performance maßgeblich dazu bei, dass das Album trotz aller Härte seine Zugänglichkeit bewahrt. Steve Conley und Michael Gilbert liefern abermals eine erstklassige Gitarrenarbeit ab, die von komplexen Riffs bis hin zu eingängigen Melodielinien reicht. Der rhythmische Unterbau, bestehend aus Drummer Ken Mary und Bassist Bill Bodily, sorgt dafür, dass die Songs trotz ihrer Komplexität stets tight und auf den Punkt gespielt sind. 

Es ist eine musikalische Tour de Force, die sowohl alte Fans begeistern als auch neue Anhänger finden wird. Mit einer Mischung aus aggressivem Thrash, melodischen Elementen und überraschenden Kompositionen zeigt die Band, dass sie nach fast 40 Jahren immer noch zu den Besten ihres Fachs gehört. Wer auf ehrlichen, kraftvollen und mitreißenden Thrash steht – get this weapon, now!….(jules)

VÖ: 13.09.2024  

Label: AFM Records 

Spieldauer: 47:20 Minuten 

Tracklist:  

1. A New Kind of Hero 04:50  

2. Primal 03:54  

3. I Am The Weapon03:17  

4. Burned My Bridges 04:14  

5. The Head of the Snake 04:42  

6. Beneath the Shadows 04:16  

7. Gates of Hell 03:59  

8. Cold Steel Lights 03:55  

9. Kings of the Underworld 04:01  

10. Running Through the Fire 04:53  

11. Black Wings 05:19  

Aktuelle Besetzung:  

Eric „AK“ Knutson (Vocals)  

Steve Conley (Guitar)  

Michael Gilbert (Guitar)  

Bill Bodily (Bass)  

Ken K Mary (Drums) 

Bandinfos: https://www.flotstildeath.com/ 

Filed under: Album Reviews, Metal,

Archiv

international – choose your language

Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

September 2024
M D M D F S S
 1
2345678
9101112131415
16171819202122
23242526272829
30  

Gib deine E-Mail-Adresse ein, um diesem Blog zu folgen und per E-Mail Benachrichtigungen über neue Beiträge zu erhalten. Informationen zum Umgang mit Deinen Daten findest Du in der Datenschutzerklärung.

Diese Artikel werden gerade gelesen:

Festivals, Konzerte, Tourneen + Veranstaltungen
Dream Theater - Quarantième: Live à Paris
Desertfest Berlin 2025 Columbiahalle und Columbiatheater - 23.05. bis 25.05.25
Crazy Chris Cramer - "...unterwegs"