(pe) Gegründet haben sich die der Essener Szene entstammenden Cosmic Kangaroos schon im Jahr (und man muss hier sagen: anno dazumal) 1986 – das heißt, die Band existiert seit nunmehr 39 Jahren ununterbrochen. Trotzdem sind ihre Releases und Live-Auftritte äußerst rar gesät, und ich bin mehr als froh, einen dieser exklusiven Gigs zum Release des neuen Albums „… Less Grounded …“ (VÖ auf lollipoppeshoppe) besucht haben zu dürfen.
Und wenn wir schon bei Jahreszahlen sind: die letzte Veröffentlichung der Cosmic Kangaroos stammt aus dem Jahre 1999 (!) – was bedeutet, dass die drei Herren Mecky Kangaroo (Gitarre, Lead Vocals, Bouzouki, Bass), Kermit Kangaroo (Bass, Keyboards, Gitarre, Background Vocals) und Groucho Kangaroo (Schlagzeug, Lead- und Background-Vocals) Material aus schlappen 26 Jahren Bandproben zur Verfügung hatten, aus dem es das neue Album zu gestalten galt!
Es ist zu vermuten, dass es eben dieser langen Zeitspanne zu verdanken ist, dass sich sowohl Album als auch Live-Performance durch eine fast unglaubliche stilistische Vielfalt auszeichnen, denn in 26 Jahren probiert man sich sicherlich mal in die ein oder andere musikalische Richtung aus – und das zeigte uns die Band in knappen zwei Stunden eindrucksvoll mit Ausflügen in Psychedelic- & Space-Rock, Folk, Beat, Garage, Blues, Rock, Punk, Westcoast und Americana. Jeder einzelne Song bot somit einen eigenen, andersartigen Zugang zum klanglichen Universum der Cosmic Kangaroos.
Der Samstagabend im Jugend- und Bürgerzentrum (kurz JuBB) beginnt heiß – und zwar schon bevor auch nur der erste Ton gespielt ist, denn der Sommer in NRW ist in vollem Gange und der Saal im ersten OG des altehrwürdigen Gebäudes hat sich über den Tag auf gefühlte 35 Grad aufgeheizt. Netterweise wurde der komplette Raum bestuhlt, um den anwesenden Besucher bei der Hitze nicht noch zwei Stunden Bewegung zuzumuten, bei der vermutlich der/die ein oder andere dehydriert umgekippt wäre, denn der Schweiß floss schon durch bloßes Sitzen in Stömen…
Die Kangaroos spielen fast das komplette neue Album, durchsetzen die Songs aber schönerweise auch mit alten Perlen sowie der „Welturaufführung“ eines bis dato unveröffentlichten und nie live gespielten Tracks.
Los geht´s mit „Air From Above the Mountains“, wie auf dem Album nun auch live der perfekte atmosphärische Einstieg: leicht hypnotische Percussion und die Leadgitarre als ungewöhnlich klingendes Saiteninstrument – irgendwo zwischen Folklore und psychedelischem Orient. Der Song wirkt meditativ und entrückt und entführt in eine kreisende Klangwelt, die Raum und Zeit aufzulösen scheint.
Direkt gefolgt von „Walls“ und „Theme from Captain Disposable“ (Ihr kennt den Superhelden-Film etwa nicht?!?) erkenne ich zu meiner Freude meinen Album-Favoriten „Traffic in the Night Sky“, der mich mit seinen schwebenden Gitarrenakkorden und luftigen Gesangslinien, angesiedelt irgendwo zwischen kalifornischem Psych-Folk und spacigem Jam-Rock, auch live komplett abholt (und übrigens auch, wie sie mir mit verzücktem Lächeln in der ersten Reihe neben mir sitzend erzählt, der Favorit von Kermit Kangaroos Frau ist). Wie ein Nachtflug durch meine geheimsten inneren Landschaften bewegt mich der Song mal hierhin mal dorthin – und das sogar noch, nachdem Drummer Groucho den Song im Vorfeld der Einflugschneise Düsseldorf/ Essen Werden gewidmet hat!
Ein Cover von „Monkey Island“ von The 13th Floor Elevators übersetzen die Kangaroos mit entsprechender Taktung in Punk (und Sänger Mecky bietet als „Entschädigung“ direkt an, dafür auch einen Dead Kennedys-Song schön langsam spielen zu können…)
„Shortest Way Out“ wird als Beatnummer dargeboten und herrlich mit Space-Wah-Wah-Einlagen zwischen den Beat-Parts durchsetzt, während Bassist und Gitarrist mal eben für den Song ihre Instrumente tauschen.
Für „Writing on the Wall“ vom neuen Album packt Mecky seine E-Bouzouki aus und die Band liefert breit gefächerte Klangflächen, getragen von psychedelisch modulierten Gitarren. Der Gesang bleibt zurückhaltend, während sich der Song langsam aufbaut und in einem kontrollierten, beinahe meditativen Strudel aus Klangfarben kulminiert. Für Liebhaber langer Trips ein Highlight.
Mein Favorit #2 nach „Traffic in the Nightsky“ ist dann die eingangs erwähnte „Welt-Live-Premiere“ eines neuen Songs (Drummer Groucho hierzu fein humoristisch: „Wir spielen recht selten live, daher sammeln sich über die Zeit viele neue Lieder an, die man dann immer schön als „Weltpremiere“ verkaufen kann!), der sich als traumhaft schöne Indie-Pop-Perle entpuppt und der hoffentlich nicht erst in 20 Jahren das Licht der Vinyl-Welt erblicken wird, denn das Ding hat echtes Hitpotential und möchte definitiv auch außerhalb des Jugendzentrums gehört werden, liebe Kangaroo-Familie!
Mit „Get in the Car“ (ein Song, der eigentlich „Everyday Sleepwalk“ heißt, aber laut Ansage von Basser Kermit für ihn titelmäßig als „Get in the Car“ in seinem Alter leichter zu merken ist!) spielen die Cosmic Kangaroos einen knackigen Americana-Rocker mit feinem integrierten Freak-Out-Gitarren-Solo. Ein kurzer, eingängiger Song mit leichtem Pop-Appeal, den die Kangaroos schon seit Ewigkeiten im Repertoire haben, der aber jetzt erst seinen Weg auf Platte gefunden hat.
Ihren wohl bekanntesten Song „Ritual People“, der 1991 auf einem Sampler namens „A Psychedelic Psauna (In Four Parts)“ veröffentlich wurde und auf dem sich die Cosmic Kangaroos neben Szenegrößen wie The Bevis Frond, Porcupine Tree und Ozric Tentacles tummeln, bekommen wir mit dem Hinweis kredenzt, dass die Band ihn heute nur spielt, um zu beweisen, dass wirklich sie, eben diese Band von diesem Sampler es ist, die heute hier auf der Bühne vor uns steht.
Am Ende steht frenetischer Applaus, der natürlich nicht endet, bevor das Publikum den Kangaroos eine Zugabe abgerungen hat, die sie uns mit stolzem und breiten Grinsen in Form von „No Man´s Garden“ gönnt und mit einem wunderbaren langen Impro-Jampart garniert.
Und als alle denken „Das war´s“, schaut Drummer Groucho auf seine Uhr und stellt fest, dass noch 7 Minuten bis zum strengen 22 Uhr – Curfew übrig sind …
„Da schaffen wir noch was!“ raunt er uns zu, die Kangaroos greifen erneut zu ihren Instrumenten und spendieren als weitere Zugabe und letzten Song dieses wunderbaren Abends „Jack of Diamonds“, ein traditionelles amerikanisches Volkslied, das oft auch als „The Cuckoo“ bezeichnet wird, bekannt wurde durch eine Version von Blind Lemon Jefferson und schon von verschiedensten Musikern und Bands gecovert wurde – seit heute auch von den Cosmic Kangaroos. (peter)
Mein herzlicher Dank geht raus an Henning Küpper für die Einladung zur heutigen Album-Release-Show. Die Platte selbst ist in zwei Varianten auf seinem Label Lollipoppeshoppe erhältlich (https://lollipoppeshoppe.bandcamp.com/album/less-grounded) und sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen.
Setlist:
- Air From Above The Mountains
- Walls
- Theme From Captain Disposable
- Traffic In The Nightsky
- Monkey Island
- Shortest Way Out
- The Hero Is You
- Writing On The Wall
- Observe
- Everyday Sleepwalk (Get In The Car)
- Ritual People
- (Zugabe) No Man´s Garden
- (Zugabe) Jack Of Diamonds/The Cuckoo
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