(mv) Die Bedingungen waren auch heute, am dritten und letzten Tag des diesjährigen Freak Valley Festivals so, wie sie besser nicht hätten sein können. Strahlend blauer Himmel mit frühsommerlichen Temperaturen um die 30 Grad lockten schon mittags die ersten Besucher auf’s Gelände. Hier erwartete den Frühankömmling die aus Wien stammende Formation LURCH, die mit teils doomigen Psychedelic -Rock gerne in den Metal abdriftete. Die vier Musikerinnen Pauline an Gitarre und Gesang, Miriam ebenfalls Gitarre, Eva am Schlagzeug und Marie am Bass, legten dabei eine Spielfreude an den Tag, die sich direkt auf die neugierig vor der Bühne versammelten Early Morning Freaks übertragen hatte.
Rhythmische Kopfbewegungen verbunden mit wippenden Körpern begleiteten die Band durch ihren Auftritt. So kann der Tag anfangen.
Und da auch schon die erste Überraschung des Tages.
SCOTT HEPPLE AND THE SUN BAND hingen mit einer Panne fest und gaben
BUSHFIRE die Gelegenheit, die große Bühne zu entern, was sich als eine grandiose Idee erwies. Hier hatte der druckvolle Sound dieser Blues – Stoner – Doom Band genug Raum zur Entfaltung. Zur Kostprobe gab die Band die erste Hälfte ihres neuen Albums SNAKE BITE TALES zum Besten. Satte Riffs und ein markanter Gesang, gekoppelt mit fetten Beats ließen mich von einer Motorradtour durch Siegerland träumen. Immer schön am Gas durch die Kurven und auf der Geraden wieder beschleunigen. Die ursprünglich aus Darmstadt stammende und mittlerweile international besetzte Band verstand es, vom ersten Moment an zu überzeugen. Das Infield fing zum ersten Mal an zu kochen und nur die Sprühnebel produzierende Schneekanone versprach Abkühlung. Dabei war noch nicht Nachmittag und der Zenit der Hitze noch nicht erreicht.
Ein Musikerlebnis ganz anderer Gangart lieferten die vier Jungs aus Kiel, die sich zum
KOMBYNAT ROBOTRON zusammen gefunden haben. Die Psych – Noise Rock Band zockte eine Mischung aus psychedelischen Soundscapes und repetierenden Riffs, vorangetrieben durch ein ostinates Schlagzeug, welches stellenweise
an Jake Liebezeit erinnert
Überhaupt erinnerten mich manche Passagen nicht nur an die alten Krautrocker von CAN. Das um mich herum wie in Trance tanzende Publikum zollte der vom RBBS eingeladenen Band mit jeder Bewegung Respekt. Die Jungs waren ein wahres Vergnügen und ich freue mich darauf, sie mal in einem kleineren Club wie z.B. dem Vortex in Siegen zu sehen.
Während mal wieder umgebaut wurde, führten mich meine Schritte zum Merchstand, denn Ich brauchte noch etwas für den kühleren Abend. Schnell fündig geworden und mit einem schmackofatzigem Cappuccino bewaffnet den Freak Valley Boulevard entlang. Vorbei an zufrieden lächenden, teils in Gespräche oder in ihren Gedanken vertieften Festivalbesucher.
Mit CHANGE
YOUSELF
und JUST LIKE YOU aus dem frühen Album ON THE OLD KINGS ROAD von 2008 eröffneten
HIGHWAY CHILD aus Kopenhagen, Dänemark ihr Konzert und es wurde wieder rocklastiger. Blues traf auf Psychedelic – Rock, stampfende Beats auf melodische Gitarrenparts, die sich plötzlich in kreischende Soli verwandelten. Stellenweise erinnerte der Sound an die sechziger Jahre und die Band gab ehrlichen, authentischen Rock zum besten, welcher dankbar aufgenommen wurde. Die zweite Überraschung des Tages für mich waren
TRAVO aus Braga/Portugal, die mich sofort abholten. Das Quartett schaffte es binnen Minuten, mich aus meiner Umlaufbahn heraus zu katapultieren. Eine schwindelerregende, verzerrte Gitarre, ein Schlagzeug das kein Erbarmen kannte, ein wimmerndes Keyboard sowie ein knarrziger
Bass der das ganze zusammenhielt bildeten einen Soundteppich á la startendes Raumschiff Orion. Mit Warpgeschwindigkeit ging es durch unsere Galaxie und wieder zurück. Was für ein Ritt, erinnerten die vier Musiker mich doch stark an
MAQUINA, ebenfalls aus Portugal. Tanzbares voll auf die Fresse.
Da man nicht immer und überall sein kann und meine Aufnahmefähigkeit so langsam an ihre Grenzen kam, gönnte ich mir bei
WUCAN aus Dresden
eine weitere kleine Auszeit. Kein Wunder bei dem Spektakel davor. Ausserdem war der Abend ja noch lang und bis zur letzten Band
dauerte es noch etwa fünf Stunden. Also die Kräfte einteilen.
Die brauchte es auch als
THE DEVIL AND THE ALMIGHTY BLUES mit ihrem schweren und harten Blues – Rock die Freaks begeisterten. Minimalistisch und dennoch mächtig reihten sich langsame und schnelle Riffs aneinander. Hier gaben sich die Gitarristen Torgeir und Martin gegenseitig schöne Vorlagen. Der tief dröhnende Bass von Kim Skaug liefert prägnante Hooklines dazu und zusammengehalten wurde das ganze von Kenneth Simonsen an der Hütte. Doch über alle dem schwebte die markante Erscheinung von Sänger Arnt Olaf Andersen, der mit seiner rauhen, melancholischen
Stimme das Feeling von Südstaatenblues komplettierte. Das war gefühlt das erste mal an diesem Festival, das es auf der Bühne
etwas layed back zuging.
Das Festival näherte sich langsam dem Ende und es standen noch zwei Bands auf dem Programm. Eine davon
DEAD MEADOW aus Washington D.C. mit Mark Laughlin am Schlagzeug und Jason Simon an Gitarre und Gesang, der sich mit ordentlich Wahwah und anderen Effekten in die Schädel der verzückt zappelnden Tanzwütigen bohrte. Den Teppich für diesen Soundtrip bildete ein fuzzig krarzender Bass. Feinster Psychedelic – Rock wechselte sich hier mit satten Stoner Riffs ab.
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Nach diesem Space – Desert Ritt ging es noch einmal in den „Graben“ für die letzten Photos des Festivals. Die aus Austin/Texas kommende Heavy Metal Band THE SWORD sorgte für einen fulminanten Abschluss auf dem diesjährigen FVF. Die Texaner ballerten auch gleich ordentlich los und es gab noch mal richtig Kasalla auf die Ohren. Ungeschminkter Heavy – Metal ging auf die bis zum Schluss gebliebenen Besucher nieder. Geradeaus und mit harten Punches gab Drummer Mark Laughlin den Ton an. Sänger und Gitarrist John D. Cronise sägte sich derweil kettensägenartig durch den Nebel auf der Bühne. Bassist Bryan Richie drückte dermassen fette Basstöne aus den Speakern, so das sich jedes vorhandene Verdauungsproblem von alleine löste. Zum letzten mal mit Vollgas durch die Nacht.
Beseelt von drei Tagen Musik verschiedenster Stile und Richtungen, sowie tollen Begegnungen mit alten und neuen und Freunden, verließ ich das Freak Valley Festival und obwohl es noch keine zehn Minuten zu Ende war, spürte ich die Freude auf’s nächste Jahr hochkommen. (Mike Vennen)
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