(vo) Um 14 Uhr, pünktlich wie die Schöppinger das seit Anfang an handhaben, beginnt der zweite Teil des Festes.
Auch mit Bands, die das reine Blues-Genre sprengen und neu zusammenfügen. Das ist für mich sowieso die Zukunft solcher Festivals, wenn du auch die jüngere Generation begeistern willst und möchtest. Und wenn ich mich so rundum im Rechteck umsehe……sehr gelungen!
Und nochmal und: Auch etliche „alte“ Zuhörer sind auf diese Art Sound gespannt.
Ich unterhalte mich, bevor es im wahrsten Sinne des Wortes „Saitenglühend“ los geht, noch ein bißchen mit Eva, die dankenswerterweise einen Bericht vom ersten Tag für RBBS schrieb, über ihre Eindrücke.
14 Uhr: Genevieve Chadwick mischt vom ersten Saitenanschlag an das zahlreich vor der Bühne versammelte Musikvolk auf.
Mit sehr kräftiger Stimme und virtuosem Gitarrenspiel wirbelt die Australierin durch ihr Repertoire aus Roots- und Bluesmusike. Selten eine so mitreissende One-Woman Show erlebt. Der Spaß wird ohne Schnörkel nach vorne übertragen und von dort 100% prozentig beantwortet. Kein Wunder, das Genevieve zur Höchstform aufläuft. Sie brüllt das Mikro an, haut den Saitenlukas noch und nöcher. Eine 75 minütige Rootsbehandlung, plus eine kräftig herbeigerufene und -beklatschte Zugabe. Ein alles einstampfender Auftritt. Gitarren- und Gesangsstampede sollte ich eher schreiben.
Blues aus Mali mit Bassekou Kouyate & Ngoni Ba. Eine großartige Reise in die Ursprünge des Blues. Fabelhaft, sympatisch, locker, leicht und voller Humor.
Ich hab selten in meinem Leben eine so lockere Band erlebt, alle sieben Musiker tief in sich ruhend, gelassen, unaufgeregt, heiter….und fast immer mit einem Lachen oder Lächeln im Gesicht. Die Interaktion mit dem Publikum war göttlich, lustig und in gegenseitiger Hochachtung vereint.
Die Band: Bassekou und seine Frau, dunkelbraun und hellrot gewandet. Die restlichen Musiker, darunter Sohn und Neffe, in hellgrünen Gewändern.
Vier Ngonis, darunter ein Bassngoni, zwei großartige Stimmen (das Ehepaar Kouyate) und zweimal perfekte Percussion verstanden es vorzüglich , uns im Münsterland in die Ursprünge des Bluesgenres zu verfrachten. Traditionelle Songs, neu arrangiert, aus der Region um Segou, der Heimat von Bassekou. Beeindruckend! Nicht minder beeindruckend die B.B. King Hommage von Bassekou.
Den folgenden Bandleader, Nick „Beard“ Moss, erlebte ich zum ersten Mal im September 1996 in Chicago. Er verfeinerte und verstärkte eine All-Star Band um Rusty Zinn, der seine neue CD im Jazz Record Mart vorstellte. Am Bass Ronny James Weber und am Schlagzeug Kenny Smith.
Nun also 2015 mit seiner jetzigen, großartigen Band in Schöppingen. Und was für eine Knallerband. Meine Fresse, waren die gut. Chicago Blues vom gemeinsten und tierischsten, das groovte wie die Hölle, haute den Putz vom Himmel (der war danach knallblau) und ging in den Nacken, Wackeldackel war nix dagegen. Und in die Knie. Mir blieb die Spucke wech. Und dann dieses stimmlich außerirdische Soul – und Bluesgebräu aus Michael Ledbetters Mund, Otis Redding und Ray Charles nickten da oben sicherlich sehr sehr wohlwollend und anerkennend dazu. Die Band machte eine Reise durch Downtown Chicago mit uns und machte mit uns, was sie wollte. Unaufhörlich rollte und grollte der Downtown Blues-Train über uns herein und die Wiese des Vechtebads vibrierte. Für einen Titel gesellte sich mitten im Set noch Josh Smith dazu.
In der Umbaupause zu Carolyn Wonderland und ihrer Band traf ich alte Bekannte aus meiner Internetradio Zeit, aber auch gute Bekannte, die sich zwei Wochen später bei unserem Freak Valley Festival tummeln sollten. Und meine Mit-Rock-Freaks-Freunde Elke und Klaus.
Carolyn Wonderland aus Texas, mit phantastischem Gitarrenspiel und großartiger Stimme gesegnet, Schlagzeuger Rob und Keyboarder Cole bretterten und cruisten anschließend mit uns cross-over durch etliche Bluesstile. Carolyn briet uns einige Male ihre härteren Saiten um die Ohren, performte sich stimmlich den Soul und Texas-Blues aus den Stimmbändern und zog für eine Nummer auch mal zartere Slide-Saiten auf. Ihre Jungs groovten perfekt, Bluesherz, was willste mehr.
Als vorletzte Band stand der aus Mississippi stammende Jarekus Singleton mit seiner Band vor uns und zog alle Saitenregister, aber auch stimmlich malträtierte er seine Bänder bis kurz vorm Zeriss. Der Groove mit kräftig zuschlagenden Damenhänden und flitzefingrigen Basshänden unterstützte den Cross-Over Blues des Gitarrenmeisters aller Klassen in jeder Lage. Jarekus verschmelzt den Mississippi Blues mit Rap und Rock, rockt und rollt wie die Sau und hat den Blues. Schwitzt, schweißt, prügelt und soult seine Musik in die Herzen und Seelen des Hörvolks vor der Bühne, das begeistert mitgeht. Ein großartiger Entertainer, er ist eine Option für die Fortführung des Blues, eines modernen Blues mit alten und neuen Zutaten.
Vor dem
Finale erst noch ein großes Lob an das Publikum für seine Toleranz gegenüber der letzten Band. Denn das waren Klänge und Geräusche, die in Schöppingen bisher ziemlich sicher sehr sehr selten in die noch versammelten Gehörgänge fegten. Dragondeer aus Denver/Colorado begeisterten mich alten Stoner- und Psychedelic Rocker. Eine Band, die jedes Stonerfestival bereichern würde. Sie Coloradierten Staub und bunte Bilder auf und in Boden und Himmel, verfuzzt, verhallt und Halleluja. Eric mit Harp, Gitarre und Gesang, Cody mit Gitarre und mächtigen Slideattacken, Carl an den Drums und der sich fast das Genick ausknockende Bassist Casey garantierten in besonderer und phantastischer Weise für das Cross und Over und Cross-Over im Festivalgeschehen. Ihr Auftritt glich einem Höllenritt durch die Wüste, der Horizont prahlte mit vielen Farben, der Grooveteppich strahlte in allen Farben, die Berge glitzerten in der Ferne, die Landschaft Colorados in das Gras von Schöppingen gemeißelt.
Ich bedanke mich bei allen beteiligten Beteiligten, bei Richard für sein goldenes Booking-Händchen, bei Bernd für „seine“ Bands und Tips, bei alten und neuen Weggefährten, bei Eva, und bei den Bands, die in beeindruckender Weise für unser aller Wohlergehen sorgten. Bis zum 25. Grolsch Bluesfestival in 2016….(volker)
Webseite Bluesfestival Schöppingen
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