(jul) Wenn du auf einen Sonntag ein Album rezensieren sollst und zwischen zwei Kirchen wohnst, muss das Ding schon ordentlich Druck haben, um durchzukommen. „Goldader“ von Astral Kompakt hat es easy geschafft, mit dem Glocken Inferno zu konkurrieren. Kein Wunder, kommt das Trio doch aus der Domstadt Köln. Mit ihrem neuesten Werk präsentieren sie ein Album, das gleichermaßen einnehmend wie herausfordernd ist.
Als rein instrumentale Band verzichten Roniel Müller (Gitarre), Julian Wolff (Schlagzeug) und Marc Faßbender (Bass /Synth) auf den sicheren Hafen von Gesang und lyrischen Narrativen und setzen stattdessen auf die Kraft ihrer Instrumentierung. Mit „Goldader“ zeigt die Band, dass Stoner Rock nicht immer nach staubigen Wüsten oder rauchigen Garagen klingen muss – er kann auch erhaben, vielschichtig und atmosphärisch sein.
Astral Kompakt haben sich in der deutschen Stoner-Szene längst etabliert. Während viele Bands in diesem Genre oft mit fuzzgeladenen, monothematischen Riffs arbeiten, wählen die Kölner einen subtileren und strukturierteren Ansatz. Das Album, veröffentlicht bei Tonzonen Records, reiht sich nahtlos in das Portfolio des Labels ein, das bekannt für progressive und psychedelische Klänge ist. Dennoch bringt „Goldader“ einen eigenständigen Stil mit, der die Essenz von Stoner Rock aufbricht und neu zusammensetzt.
Musikalisch lässt sich die Band zwischen Doom, Prog und Psychedelic Rock mit einer ordentlichen Prise Jeföhl (zu Deutsch: Gefühl) verorten. Die Einflüsse von Genregrößen wie Sleep oder Electric Wizard sind spürbar, werden aber durch clevere Arrangements und einen minimalistischen Ansatz neu interpretiert. Anstatt sich in dröhnendem Lärm oder unendlichen Jams zu verlieren, konzentriert sich Astral Kompakt darauf, Präzision und Raum in ihre Musik zu integrieren.
Das Album beginnt mit „Pirsch“, einem Track, der bereits zu Beginn die Marschroute vorgibt. Das Riffing ist kantig und dynamisch, fast wie ein Dialog zwischen Gitarre und Bass, der durch ein unaufdringliches, aber präzises Schlagzeugspiel zusammengehalten wird. Besonders bemerkenswert ist die rhythmische Verschiebung – während die Gitarren eine fast meditative Wiederholung anstimmen, sorgt das Schlagzeug für subtile Polyrhythmen, die den Song vorantreiben.
Der Titeltrack „Goldader“ hebt sich mit seiner eigenwilligen Mischung aus sommerlichen Indie-Vibes und Metal Elementen ab. Hier zeigen Astral Kompakt ihre experimentelle Seite: Mit überraschenden Blastbeats und unvermuteten Tempowechseln gelingt es ihnen, selbst meine Hörgewohnheiten herauszufordern. Ich habe den Titel schon live im Tsunami Club in Köln gehört und war begeistert.
„Welwitschie“ ist wie Lasagne mit Reverb und Delay: ein Meisterwerk der Schichtung. Der Track bewegt sich zwischen sphärischen, fast ambienten Momenten und massiven Klangwänden, die wie ein wütender Sturm über den Hörer hinwegfegen. Großes Kino!
Besonders eindrücklich ist das zweiteilige Werk „Batavische Träne I & II“. Der erste Teil wirkt wie ein Aufbau, langsam und schwer, fast wie Lava, die ihren Weg durch eine zerklüftete Landschaft sucht. Im zweiten Teil wird das Thema wieder aufgegriffen, diesmal jedoch mit mehr Intensität und einem treibenden Rhythmus, der an einen unaufhaltsamen Strom erinnert. Diese Tracks zeigen, wie gut Astral Kompakt es verstehen, Motive zu entwickeln und zu variieren, ohne dabei ins Beliebige abzudriften.
Mit „Ruin“ folgt ein dunkler, doomlastiger Track, der sich durch dröhnende Low-End-Riffs und eine fast zeremonielle Atmosphäre auszeichnet. Es ist der wohl schwerste Song des Albums, ein Soundgewitter, das dich förmlich in den Boden drückt.
Den Abschluss bildet „Levitas“, ein Stück, das sich in seinem Aufbau Zeit lässt. Hier finden sich alle Elemente des Albums in destillierter Form wieder: die hypnotischen Wiederholungen, die filigranen Rhythmen und die grandiosen Steigerungen. Der Track endet in einer fulminanten Soundwand, die langsam ausklingt und dich mit einem Gefühl von Ehrfurcht zurücklässt.
Ein smarter move von Astral Kompakt, „Goldader“ bei Jan Oberg (Hidden Planet) in Berlin zu produzieren. Der Sound ist bestechend klar und schafft es, sowohl die schweren Riffs als auch die feinen Nuancen der Instrumente herauszuarbeiten. Die Balance zwischen Rohheit und Präzision ist meisterhaft gelungen – jeder Ton sitzt, und doch bleibt Raum für die Spontaneität und Energie, die Astral Kompakt auszeichnet.
Fazit
„Goldader“ ist kein Flitter sondern ein richtig fetter Nugget, ein Album das mich emotional tief bewegt. Es ist schwer, ohne erdrückend zu sein, komplex, ohne verkopft zu wirken, und verspielt, ohne in Belanglosigkeit abzurutschen. Astral Kompakt haben ein Werk geschaffen, das gleichermaßen Kopf und Herz anspricht. Es ist ein Album, das man immer wieder hören kann, um neue Details und Schichten zu entdecken – ein amtlicher Goldfund!…(jules)
Ich freue mich schon darauf, die Jungs das nächste Mal live zu sehen!
Record Release Party am 24.01.2025 im Blue Shell in Köln. Tickets hier
VÖ: 22. November 2024
Label: Tonzonen Records
Tracklist
1. Pirsch
2. Goldader
3. Welwitschie
4. Batavitsche Träne I
5. Batavitsche Träne Il
6. Ruin
7. Levitas
https://www.tonzonen.de/astral-kompakt
Booking: broken-music@posteo.de
Kontakt: info@astralkompakt.de
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