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EinsEinsEins – Energie

(jm) Es gibt Alben, die einen nicht so leicht wieder loslassen – „Energie“ von EinsEinsEins gehört dazu. Schon der Opener „Der letzte Countdown“ packt mich sofort: Diese Vocoder-Stimme, die streng von zehn auf eins herunterzählt, bevor der Sound mit einem zunächst mantraartig wiederholtem Riff explodiert, ist nicht nur ein cleveres Stilmittel, sondern eine echte Gänsehaut-Maschine, die sehr schnell ihre schräge Fahrt aufnimmt. Der Track macht klar: Hier wird kein lauwarmes Indie-Rock-Süppchen gekocht, hier fließt wirklich Strom!

Das Trio hat eine besondere Art, den selbst definierten „Krautklang aus dem All“ so zu verformen, dass es mich gleichzeitig an Krautrock-Legenden wie Can oder Neu! erinnert, aber auch an den harten Minimalismus von Kraftwerk oder die kosmische Weite von Hawkwind. Und trotzdem klingen sie nie wie eine Retro-Band. Sie wirken frisch, manchmal sperrig, immer energiegeladen. Ich liebe diese schräge Mischung aus Vintage-Keyboards, Glam-Riffs und Vocoder-Stimmen – ein bisschen trashig, ein bisschen futuristisch, aber immer mit Druck und Haltung.

Besonders beeindruckt mich der wilde Mix aus immer wieder aufgerissenen Genreschubladen, die sich auf unglaubliche Art und Weise innerhalb eines jeden Songs wieder zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Statt sich an Songstrukturen festzuklammern, zerlegen sie diese und setzen sie neu zusammen. Für mich ist das kein intellektuelles, musikalisch steriles Experiment, sondern ein energetischer Befreiungsschlag der tatsächlich den Funken – was sage ich – die Funken überspringen lässt.

Wenn ich ein kleines Manko herauspicken müsste: Manchmal drehen sich die Loops und Strukturen so sehr um sich selbst, dass man glaubt den Faden zu verlieren. Doch auch hier habe ich den leisen Verdacht: das gehört wohl irgendwie zum Gesamtkonzept – dieses permanente Fließen, ohne eindeutigen Anfang oder klares Ende…

Unterm Strich ist „Energie“ für mich ein Album, das sich nicht in eine Playlist zwängen lässt. Man muss sich die Zeit nehmen, es (nicht zu leise) am Stück zu hören – dann entfaltet es seine monumentale Kraft und für die, die es bis dahin immer noch nicht gemerkt haben: ENERGIE!

Und wer sind die überhaupt? EinsEinsEins wurde von Alexander Schmidt, Niels Hoffmann und Johannes Rosswog gegründet und hat seine Wurzeln in Berlin und Würzburg. Seit ihren ersten Veröffentlichungen verfolgt die Band einen Ansatz, der sich bewusst gegen traditionelle Rockmuster stellt. Während klassische Rockmusik oft mit festen Strukturen aus Strophe, Refrain und eindeutiger Botschaft arbeitet, verweigern EinsEinsEins genau diese Formeln.

Ihr Sound bewegt sich zwischen Krautrock, Post-Rock, Punk und elektronischen Experimenten. Referenzen an Bands wie Trans Am, Tortoise oder The Sea and Cake sind unüberhörbar, gleichzeitig fließen Elemente des Jazz und des 80er-Synthie-Pop ein. Charakteristisch sind vor allem Vocoder-Einsätze, Vintage-Keyboard-Sounds und eine kompromisslose Haltung gegenüber musikalischer Einengung – die findet auf keinen Fall statt!

Nach zwei Alben ist „Energie“ das dritte Werk des Trios – und gleichzeitig so etwas wie ein Statement: keine Genre-Schubladen, keine falsche Zurückhaltung. Nur Strom. Nur Energie. Nur Einsen. Im Herbst gibt’s ein paar Tourtermine von Süd nach Nord. „Einsfach“ mal auf der Website vorbeischauen, ob etwas in Eurer Nähe dabei ist und sich dann in den energetischen Sog ziehen lassen. (Jens M.)

Kontakt:

EinsEinsEins @ Home einseinseins.jetzt/
Eins Eins Eins @ Bandcamp einseinseins.bandcamp.com/
Eins Eins Eins @ insta     instagram.com/einseinseins_band

Filed under: Album Reviews, Jazz, Krautrock, , , ,

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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