
Die gerösteten Reporter ©RobertLesic
Der Tag startet warm. Und hier startet ihr jetzt schon mit einem Video von den geschätzten, früher eventuell als störend empfundenen (weil Fotograben Konkurrenten) Kollegen von HMHTV, die das Freak Valley Festival mit ihrer Backstage Boy Band schon jahrelang begleiten.
Revvnant (KiS) Unser lieber alter Bekannter und Freak Valley-Erfahrener Elias Schutzman, startet den Freitagmorgen in schon brütender Hitze. JA, das ist der Mann, der bei The Flying Eyes getrommelt hat, und ebenso bei Black Lung noch aktiv ist. Aber der Herr hat viele Talente, die er nun auf ganz eigene Weise dem noch müden, aber neugierigen Frühaufsteher-Freaks zum Besten gibt. Dringend nachholbedürftig ist hier ein Interview ob des seltsamen Gesangsmundstücks und anderer Originalitäten. Ich persönlich natürlich sehr gerührt über das anfängliche Tribute „Bleeding Muddy Water“ für Mark Lanegan ( RIP).
Djiin (vo) Premiere beim neunten FVF, hatten wir noch nie, kann aber gerne wiedergewählt werden: eine Band mit Harfe!
Swedish Death Candy (Jens M) Die tödlichen Lutschbonbons aus Schweden kommen in Wahrheit aus London und bedienen uns mit einer abgefahrenen Mischung aus Stoner-Psych-Britpop. Funktioniert tatsächlich besser als erwartet und auch bei den Musikern läuft der Schweiß in Strömen…
Glasgow Coma Scale (Yv) Nachdem die My Sleeping Karma-Vorgängercombo „The Great Escape“ als Geheimtipp ins LineUp aufrückten, war bei uns die Freude groß. Zumal das eigentlich die von RockBlogBluesSpot gesponsorte Band sein sollte. Und erstens kommt es anders… Krankheitsbedingt mussten letztere leider auch das Handtuch werfen. Zum Glück hat Jens Heide vielerlei Drähte zu unzähligen Bands…
Kurzfristig, wie es derzeit bei vielen Veranstaltungen gezwungenermaßen Usus ist, konnten Glasgow Coma Scale aus dem nicht allzu fernen Frankfurt bzw. Koblenz als Ersatz gewonnen werden. Juhuuu, wie geil. (ja, Fangirl speaking, hihi).
Freunde der Nacht, Kinder der Sonne, Adepten des gepflegten postprogschweberockigen Abflugs, war das ein Fest. Piotr, Marek und Lala wissen immer wieder mit feinem bis heftigem Auftritt zu verzaubern, Da knarrt und singt die Gitarre (wenn’s sein muss auch mal hinter dem Kopf gehalten), der Bass puckert, pulsiert, dengelt tief und warm und hinten peitscht Lala sämtliche Felle und sonstiges Blechgedöns. Eines jener Konzerte, bei denen mein Handy zumeist in der Tasche blieb und die Brille sich dazugesellen musste, die wäre sonst sowieso im nicht vorhandenen Fotograben entschwunden. Einfach geniale, mitreißende Musik, sympathisch und mit vom Lächeln dauergebleckten Zähnen präsentiert. Freude und Dankbarkeit quillt von der Bühne und finden ihr wohlverdientes Echo aus der Meute nach oben zurück.
Daily Thompson (vo) Vor der Bühne kochte das Wetter mitsamt dem zahlreich versammelten Freakvolk und auf der Bühne kochte der Pott, der Ruhrpott: Mephi-Bass + Gesang, Babblz-Drums und Danny-Gitarre + Gesang aus Dortmund kochten für uns ein fünfgängiges Menü vom Heißesten und Wohlschmeckendsten: „She´s So Cold!, Cantaloupe Melon, Slow Me Down, Cosmic Cigar und Nimbus“.
Wie oft habe ich die 2013 von Mephi und Danny gegründete Band schon live erlebt? Ich schätze mal zweimal pro Jahr sicherlich, mit Pandemieausnahme.
Alle drei waren voller Vorfreude auf ihr kommendes Bühnenfest, das sie mit uns anschließend begingen: Die drei ehemaligen Punker spielen eine Mischung aus Grunge, mit diversen Anleihen aus der Rockmusik oder umgekehrt und seitdem Mephi ihren Gesang ins Eingemachte mitbringt (seit dem vorletzten Album „Oumuamua“) wirkt das große Ganze noch abwechslungsreicher, fester, feinfühliger und kompakter auf mich. Drummer Babblz ist ja erst seit kurzer Zeit mit dem Trio unterwegs: er passt wunderbar dazu.
Und Danny? Danny ist Danny ist Danny: kratzige Stimme, gitarristisch in vielen Belangen dabei, ob filigran oder haut den Lukas, Cigar Box oder „normal“, er hat alles im Griff!
Und Mephi? Voller Grinsen, sie grinste mit ihren Basssaiten um die Wette. Hatte sie in dem fünfundvierzig minütigen Auftritt mal einen Grinsaussetzer? Ich kann mich nicht erinnern, denn sie hatte mächtigen Spaß allenthalben. Was für ein Fest für die Band und uns: das Volk tobte und Volker auch. Dank an euch drei für diesen fabelhaften Auftritt!
Mehr Fotos: Kiki No
Green Lung (Jens M) Die britische Underground Heavy-Ikonen haben ihr letztes Album „Black Harvest“ im Gepäck und zelebrierten eine versierte Mischung aus Doom Metal, Classic Rock und Stoner-Vibes. Und sogar das Licht war grün.
Leech (vo) ihr Auftritt wurde überschattet durch einen medizinischen Notfall in ihrer Truppe: ihr Ton- und Mischmeister musste leider kurz vor dem Auftritt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Deshalb auch der verspätete Beginn ihres trotz der Umstände fulminanten Konzerts, das die Stimmung des Abends auf dem AWO Gelände gut anfachte. Ungewöhnlich, noch nie vorher gesehen, war ihr Xylosynthesizer, der sich hervorragend in den Gesamtkontext einfügte.
Reignwolf (Yv) Vor einigen Wochen Timetable studiert – „Reignwolf? Keine Ahnung…“ und prompt den Namen wieder vergessen. Nun ja, man hat ja zum Glück Bekannte, die einen davon überzeugen können, dass ein Becher feinsten Pfälzer Rebenblutes und ein Gang nach vorne in die Meute vonnöten sein könnten. Alla hopp, wie der Pfälzer zu sagen pflegt, ab geht’s. Ich bin dem guten Mann heute noch sooooo dankbar. Da stehen zwei Menschen auf der Bühne. Einer mit Wollmütze – bei der Hitze! Ganz normal ist der net, oder? Eine Gitarre, etwas was aussieht wie ein ziemlich reduziertes Drumset und vorne am Bühnenrand noch eine Kickdrum mit Bandlogo. Der Rest ist purer Wahnsinn und verliert sich etwas im adrenalin- und endorphingeladenen Delirium. Die beiden Herren dreschen uns einen derben, harten, minimalistischen Indie-Bluesrock ohne Schnörkel und Gedöns um die Ohren und mitten in die Fresse rein, man kann gar nicht anders als mitzuzelebrieren wie einst in jüngeren Jahren, ähem, da geht vor und auf der Bühne der Mob ab wie Schmitts Katze (scheiß Brille, wohin schon wieder mit dem Ding?), ist das jetzt Picturebooks auf massig Speed für Fortgeschrittene Zuhörer und sonstige Bekloppte? Scheißegal, nicht nachdenken, es ist einfach nur geil, Moshpit galore, mittendrin statt nur dabei.
Da steht auf einmal Gitarrero und Sänger Jordan Cook selbst am Drumkit und spielt irgendwie beides zugleich, kurz drauf steht er vorne auf der Kickdrum drauf und spielt sich und uns das Hirn aus dem Schädel und die verzerrte Stimme schraubt sich wie eine rostige Hilti in den Gehörgang. Und mal wieder alles viel zu schnell vorbei.
Lange Rede etc. blabla, für mich war das die ultimative Abfahrt dieses Festivals. Isso. Tausend Dank an Jens für’s booken und tausend Dank an die beiden Mannen für dieses unglaubliche nachhaltige Erlebnis (diverses Aua in Nacken et al. und mannigfache, hüpfevolkinduzierte blaue Flecken inklusive, hihi).
Mehr Bilder: Kiki No
Red Fang (KiS) Eine Institution seit 2005. Jemand schon „Arrows“ gekauft? Vielleicht sogar am Freak Valley-Merch? Diese älteren Herren wissen was eine Harke ist. Da wird gestonert und mit klassischem Rock-Anteil eine Party aufgemischt, dass es recht „moshpittig“ zugeht. Ein fürsorgliches FVFCrew- Mitglied begibt sich sicherheitshalber schon in den Graben für eventuelle Surfer. Eine wirklich sympathische Band, würde mich auch nicht wundern, wenn da jemand im „echten“ Leben Lehrer wäre.
Mehr Fotos: Kiki No
Noch befangen von Red Fang begeben wir uns zu nächtlicher Stunde in unsere jeweiligen Etablissements, um die eine oder andere Mütze Schlaf abzubekommen, auch wenn diese bei dem einen oder anderen recht klein ausfällt. Wie sich das auf den vierten Tag auswirkt, erfahrt Ihr in Kürze im nächsten Bericht aus dem Tal der Freaks…
Filed under: Konzertphotos, Live Reviews, Daily Thompson, Djiin, Freak Valley Festival 2022 Part 3 Freitag, Glasgow Coma Scale, Green Lung, Leech, Red Fang, Reignwolf, Revvnant, Swedish Death Candy