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„Rose Tattoo“ & „Hardbone“ – ZAKK, Düsseldorf, 18.07.2019

(js) Nachdem sich die „Tatts“ für ihr letztjähriges Gastspiel knapp 15 Jahre Zeit ließen, schlugen sie jetzt schon nach nur einem Jahr wieder in Deutschland auf. Eine kleine, aber sehr feine Clubtour steht an. Abwechselnd unterstützt von „Hardbone“ aus Hamburg oder den kanadischen Rock’n’Rollern „The Wild“. Anlässlich des 40. Jahrestages ihres selbstbetitelten Debutalbums (je nach Region auch als „Rock’n’Roll Outlaw“ veröffentlicht) steht diese Tour unter eben diesem Motto. Die 1976 von Peter Wells, der leider schon 2002 einem Krebsleiden erlag, gegründeten Hardrocker aus „Down Under“ bewiesen ja schon im Vorjahr eindrucksvoll, dass sie längst noch nicht zum alten Eisen gehören. Insbesondere ihr charismatischer Frontmann Gary „Angry“ Anderson steht für ehrlichen „Rock’n’Roll“, der den Zuhörern gerne mal ihre Hinterteile versohlt.

Aber schön der Reihe nach: Es eröffneten den Abend die Hamburger Jungs von „Hardbone“. Bereits 2010 gegründet ist das musikalische Portfolio der Band mittlerweile schon vier Alben stark. Und ihre Setlist versprach Songs aus all ihren Werken. Wobei der Opener „No Man‘s Land“ umgehend klar machte, woher der Wind wehte. „Dirty Street Rock’n’Roll“ im rauen Viervierteltakt der alten „AC/DC“-Schule. Nicht so modern wie die Genre-Kollegen „Airbourne“, sondern eher Siebziger Jahre lastig mit einem wunderbar fetten Blues-Groove. Und wenn man dann noch einen fantastischen Sänger wie Tim Dammanns in seinen Reihen hat, dessen Stimme irgendwo zwischen den Spuren von Bon Scott und Angry Anderson wandelt, kommt man nicht mehr umhin, sich in die „Powerage“-Zeit zurückgebeamt zu fühlen. „Hardbone“ nun aber als Coverband zu bezeichnen wird den Jungs wahrlich nicht gerecht. Sie sind eigenständig genug, um diesen Stempel gar nicht erst aufgedrückt zu bekommen. Und live ohnehin, wie ich gestern erfahren durfte. Die Jungs legten eine Spielfreude an den Tag, dass es eine echte Freude war. Und das Publikum dankte es ihnen nach jedem gespielten Song. Dreckig und rotzig knallten uns die Jungs von der Waterkant Riff für Riff um die Ohren, ohne Rücksicht auf unsere gefüllten Biere zu nehmen, die aufgrund steter Bewegungsabläufe entweder schnell getrunken werden mussten oder aber nur noch den Hallenboden einklebten. Dass der Rausschmeißer noch „Neckbreaker“ hieß, machte diesen gelungenen Gig wirklich rund. Danke in den hohen Norden für diese mitreißende Dreiviertelstunde.

Nach einer kurzen Umbaupause war es dann soweit. Die australischen Hard Rocker, die den Blues und die Ethik der Arbeiterklasse verpaarten und in „authentische“ Musik kanalisierten, betraten die Bühne. Eine Musik, die jederzeit den Schmerz sowie den Alltagsstress mitschwingen ließ. Im Wesentlichen war dies ja nicht mehr als ein schwerer Blues, der auf Klängen der so faszinierenden Slide-Gitarre fußte und mit couragierten, ehrlichen und bisweilen unverschämten Texten versehen wurde. Und doch standen sie eben dafür Pate wie keine zweite Band. Die Aufstellung wurde im Vergleich zum Vorjahr nur auf einer Position verändert. Am Schlagzeug nahm nunmehr Jackie Barnes, seines Zeichens Sohn des großartigen Jimmy Barnes (u.a. Ex-„Cold Chisel“), Platz. Seit Ende letzten Jahres ist er fester Bestandteil der Band und wird somit auch Ende diesen Jahres zusammen mit den übrigen „Tatts“ ins Studio gehen, um das selbstbetitelte Debütalbum neu aufzunehmen und damit, so „Angry“ in einem Interview, die damaligen Bandmitglieder verdientermaßen zu ehren.

Und somit wären wir auch bei jenem sensationellen Debut aus dem Jahre 1979, dem auf dieser Tour ausgiebig gehuldigt werden soll. Und was man nach dem Konzert, soviel nur vorab, festhalten durfte, war, dass tatsächlich jeder Song dieses Meisterwerks auch live gespielt wurde. Und als dann endlich die ersten Klänge zu „Bad Boy For Love“ erklangen, gab es kaum ein Halten im Publikum. Als gäbe es kein Morgen wurden die „Aussies“ vom ersten Ton an abgefeiert. Was langsam zu Beginn nur ein wenig fußauftretend und mitwippend von Statten ging, entlud sich im späteren Verlauf flugs in einem Moshpit. Und immer, wenn ich dem so unglaublich zufrieden und glücklich drein schauenden „Angry“ ins Gesicht sah, fragte ich mich, wer von uns beiden denn nun eigentlich glücklicher sei. Ich konnte mir die Frage nicht beantworten.

Dieser Anderson, der wie üblich mit einer Flasche „Stone´s Green Ginger Wine“ die Bühne betrat, ist mit seinen knapp 72 Lenzen zwar einer der Ältesten seiner Gilde, aber immer noch so authentisch wie vor 40 Jahren. Er schäkerte von der Bühne aus ständig mit den Leuten in „seinem“ Publikum. Dass er auch schauspielerisches Talent hat ließ sich nicht verheimlichen: Schlüpfte er anno 1985 doch in seine bekannteste Rolle. In dem berühmten Streifen „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ verkörperte er neben den Hauptdarstellern Mel Gibson und Tina Turner den Bösewicht „Ironbar“. Aber zurück vom Schauspiel zur Musik. Neben Anderson griffen gestern auch wieder seine „Boys“ Dai Pritchard (Slide Gitarre), Mark Evans (Bass), Bob Spencer (Gitarre) sowie eben Jackie Barnes (Schlagzeug) zu den Instrumenten, um ein weiteres Kapitel einer legendären Band zu schreiben, die, wie es Angry einmal ausdrückte, „von Drama zu Drama“ eilt.

Mit „We Can’t Be Beaten“, „Rock’n’Roll Outlaw“ und meinem ‚all-time-fave‘, dem Bluesstampfer „Butcher And Fast Eddy“ geriet nicht nur ich in Verzückung, sondern der gesamte Saal. „Rose Tattoo“-Sprechchöre schlossen sich beinahe pausenlos jedem gespielten Lied an. Dai Pritchard demonstrierte an der Slide-Gitarre auch gestern eindrucksvoll sein Gespür für wohldosierte „Fill-Ins“, die in Mark und Bein treffen, während Bob Spencer an der zweiten Gitarre für den exquisiten Klangteppich sorgte. Mark Evans, der zwischen 1974 und 1977 vier Alben mit AC/DC einspielte, traktierte dazu mit wild entschlossener Miene seinen Viersaiter und vermittelte stets den Eindruck eines Getriebenen in Sachen „Rock´n´Roll“. Etwas wehmütig wurde es dann mit dem Song „1854“, den „Angry“ seinen „Boys“ widmete, die nicht mehr unter uns weilen. Die Ansage ging ihm nah und ich hatte nicht ansatzweise das Gefühl, dies sei aufgesetzt. Und auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: dieser Typ ist und bleibt liebenswert und authentisch.

Mit der 1977er B-Single-Seite „Snow Queen“ sowie „Nice Boys Don’t Play Rock’n’Roll“ und „Remedy“ (beide vom Debut) ging dann ein einmal mehr ein fulminantes Konzert zu Ende. Beinahe zu Ende, denn als Zugabe spielten die „Tatts“ noch das energetische und mitreißend dargebotene „Astra Wally“, welches das altehrwürdige „ZAKK“ beinahe zum Einsturz brachte. Der Moshpit wurde auch infolge des Alkoholkonsum einiger Beteiligter wilder und wilder und schien diesem Konzert auch einen weiteren „Unvergesslichkeitsstempel“ aufdrücken zu wollen. Nach Erklingen des letzten Tons brandetet ein letztes Mal der wohlverdiente frenetische Applaus auf, der sich dann noch einmal in „Rose Tattoo“-Sprechchören entlud.

Auch für mich war dieser „Tatts“-Gig wieder einer der seltenen Shows, bei denen ich mir wünschte, es würde immer und immer wieder von vorne beginnen. Auch weil ich den Eindruck nicht loswurde, an diesem Abend dem Soundtrack meines musikalischen Lebens beigewohnt zu haben. Mein Körper erschauert immer noch ein wenig vor Aufregung und labt sich in so vielen Glücksmomenten, weil ich unvergessliche 90 Minuten in Begleitung einer mächtigen australischen Rockband war, die das perfekt beherrscht, was vielleicht nur australische Rockbands können: authentischen, dreckigen, beinahe ikonischen „ROCK’N’ROLL“ selbst leben und weiterreichen. Und wenn ihr sie noch nicht gesehen habt und sie sehen wollt – geht hin! Ihr habt nicht so oft die Chance, eine Band zu sehen, die die Rockmusik der letzten 40 Jahre mitgestaltet hat und auch heute noch ungekünstelt und eindrucksvoll wie eh und je Besucher verzaubert.

Danke für einen einmal mehr denkwürdigen Abend, liebe „Tatts“! Und meine letzten Worte überlasse ich jetzt gerne „Angry“: „Long Live Rock N Roll!“…..(Text JensS, Photos ©Volker)

Wir bedanken uns herzlich bei Seaside Touring für die Akkreditierung.

Weitere Termine:

20.07. Jüterbog, Motorcycle Jamboree
21.07. Aschaffenburg, Colos-Saal (extra show)
23.07. Wien, Viper Room (+The Wild!)
24.07. Dornbirn, Conrad Sohm (+The Wild!)
25.07. München, Free & Easy
26.07. Seebronn, Rock Of Ages
27.07. Pyras, Pyras Open Air
28.07. Leipzig, Parkbühne (+Hardbone)
31.07. Wacken, Wacken Open Air
01.08. Steenwijkerwold, Dicky Woodstock Festival
02.08. Geiselwind, Bike & Music Weekend
03.08. Aschaffenburg, Colos-Saal (+The Wild! – sold out!)
04.08. Pratteln, Z7 (+The Wild!)

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