(jensS) Es ist wieder soweit! Die „Hansa-Kogge“ aus dem beschaulichen Dortmund sticht einmal mehr in den „Dortmund-Ems-Kanal“ um dem „God Of Spinoza“ aufzuzeigen, wo der Berchmann die Kohlen holt. Aufgrund allseits bekannter – wie gleichwohl auch verhasster – pandemischer Begleiterscheinungen kredenzt uns das Dortmunder Trio „Daily Thompson“ ihre neuen Töne nun sogar bereits nach einem Jahr Pause, wo bis dato immer zwei Jahre ins Land gingen, bevor ein neuer Longplayer das Tageslicht der Welt erblickte. Aufgenommen von Peter Bering (von den Labelmates „The Pighounds“) und in Seattle von Tony Reed („Mos Generator“) produziert, erstrahlt nun auch „God Of Spinoza“ im feinsten Grubengold.
Wer nun glaubt, diese kürzere Schaffensphase zwischen zwei Veröffentlichungen habe sich womöglich nachteilig aufs Kreativzentrum ausgewirkt, der mag dies tun, befindet sich nur leider auf dem Holzwege. Vielmehr hauen uns Mercedes ‚Mephi‘ Lalakakis (Bass, Gesang), Danny Zaremba (Gitarre, Gesang) sowie Matthias ‚Matze‘ Glass (Schlagzeug) Songs um die Ohren, deren großartige Strukturen offensichtlich schon in den 90ern für Bands wie „Sonic Youth“, „Nirvana“ oder auch „Soundgarden“ Pate standen. Mir schier unerklärlich, wie dies rein chronologisch nur möglich war.
Der neue Output startet mit dem eher spacigen Opener „Nimbus“. Dieser wirkt auf mich beinahe wie ein musikalisches Bindeglied vom psychedelisch beeinflussten Vorgänger „Oumuamua“ hin zum aktuellen Album. Wie auch beim später folgenden „Muaratic Acid“ gelingt es den „Thompsons“ einmal mehr bei ihren weitläufigen Klangströmen, die nichtsdestoweniger auf ein klar ersichtliches „Ziel“ hinauslaufen, stets fokussiert zu bleiben und nie in beliebige Strukturen abzugleiten. Und dies insbesondere in den betörenden Instrumentalpassagen.
„Cantaloupe Melon“ bietet vielleicht wie kein zweites Lied die Blaupause für den heuer etwas alternativeren 90er Sound des Trios. Angereichert durch den großartigen Doppelgesang von Mephi und Danny ergießen sich die anfangs eher melancholisch daherkommenden Gitarrenläufe in einem fuzzigen Finale, das Kim Gordon und Thurston Moore sich nicht nur stimmlich kaum besser hätten teilen können. Ganz wunderbar auch das Mellotron-Spiel von Tony Reed, welches hier erstmalig auf einem „DT“-Album zu vernehmen ist.
Heroen der musikalischen Jugend huldigt man mit dem schwermütigen „A Girl like You“. Unverkennbare Anleihen an „Nirvanas“ „Polly“ dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass man es hier keinesfalls mit einem womöglich lieblos dargebotenen Plagiat zu tun hat. Auch hier wirken die eigenen musikalischen „Grunge“-Einflüsse vielmehr belebend und zielführend und erweitern in einem gewinnbringenden Maße einfach nur das Portfolio der Band. Geradezu ehrfürchtig und in jedem Falle stimmig gelingt es dem Trio, sich musikalisch zu verneigen, gleichwohl aber dabei den eigenen kreativen, unverkennbaren Stempel aufzudrücken.
Das titelgebende “God Of Spinoza“ rifft sich ganz wunderbar in unsere Gehirnwindungen, das fantastische „I Saw Jesus In A Taco Bell“ (und da reden wir nicht einmal über den Titel) und der ultracoole Wüstenmoloch „Golden Desert Child“ runden diese musikalische Zeitreise „Back into the 90s“ sowohl melodisch wie auch rhythmisch adäquat ab.
Stilbruch? Ein Wort über das das Dortmunder Trio – dabei gerne ein wohltemperiertes Kaltgetränk vernichtend – lächeln darf. Einmal mehr beweisen die „Pottblagen“ auf „God Of Spinoza“ doch, dass sie jederzeit in der Lage sind, einerseits die Musik zu spielen, die sie ohnehin technisch beherrschen, andererseits aber auch die, die ihnen in der Phase ihres momentanen Schaffens einfach „nur“ am Herzen liegt.
Dabei wirken sie zu keinem Zeitpunkt, mit keiner Note, aufgesetzt, gekünstelt oder gar überfordert. Vielmehr geben sie uns das wohlige Gefühl, dass auch anno 2021 kein Song aufs Album musste, weil er musste, sondern, weil er wollte. All das macht das Album stimmig. Und unglaublich faszinierend. Sie haben es geschafft, sich ein weiteres Mal neu zu erfinden und liefern ihr bisher stärkstes Produkt ab. Fesselnd wie noch nie und dabei routiniert wie eh und je. Und ist somit schlussfolgernd ein eindeutiger Fall für die Jahresbestenliste des Rezensenten.
Umso spannender wird nun das Warten aufs neue Album. Aber mal unter uns Pastorentöchtern: ich bin gerne bereit, dafür wieder 2 Jahre ins Land ziehen zu lassen, wenn dieses vermaledeite Virus es endlich wieder zulässt, diesen „Dortmunder Bühnenbiestern“ Freigang auf allen europäischen „Stages“ zu erteilen. Denn so grundlegend und tragend die fantastischen Songs des Trios auch für deren ureigene Gigs sind, gehört uns mit diesem Material endlich mal wieder live und in Farbe gehörig der Arsch versohlt.
Ach ja, 11 von möglichen 10 Kännchen „Hansa“ gibt’s dafür. – Herrje, geht das denn überhaupt? – Ja sia! Glück Auf!
Tracklist:
01 Nimbus
02 Cantaloupe Melon
03 God Of Spinoza
04 Golden Desert Child
05 A Girl Like You
06 Muaratic Acid
07 Midnight Soldier
08 I Saw Jesus In A Taco Bell
https://www.youtube.com/watch?v=d3XNYhxYexs
https://www.facebook.com/dailythompson.band
https://dailythompson.bigcartel.com/
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