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Arctic Monkeys Support: Inhaler – Rudolf Weber Arena Oberhausen 3. Mai 2023

„The Beatles are back!“ oder „74 mal Oberhausen“ oder „Falsch gedacht!“
(pe) Mittlerweile als eine der größten Rockbands der Welt gefeiert gastierten die Arctic Monkeys gestern auf Ihrer Europa-Tour 2023 in der ausverkauften Rudolf Weber Arena in Oberhausen.

Schon bei der Anfahrt mit dickem Stau vor den Parkplätzen war ich leicht irritiert: Scharen von leicht bekleideten, meist überschminkten weiblichen Teenies im Alter zwischen geschätzt 15 und 20 Jahren kamen mir fußläufig Richtung Arena entgegen, und ich dachte, es müsse wohl in der Nähe noch irgendwo parallel zum AM-Konzert eine Veranstaltung für die Jugend geben. Schließlich sind die AM ja schon seit 2006 unterwegs und können ja daher kein aktueller Tic Toc-, Insta-, oder Sonstwas-Trend sein …

Falsch gedacht!

Schon im Vorraum der Halle wurde mir klar, dass all diese jungen Horden genau dorthin wollten, wohin auch ich unterwegs war.

Und so saß ich im Unterrang mitten unter all den jungen Damen und fühlte mich irgendwie … opamäßig alt.

Als dann die Vorband namens „Inhaler“ um 20 Uhr die Bühne betrat und ich kurz Google zu den mir unbekannten vier jungen gutgekleideten Herren auf der Bühne befragte, wurde es mir schlagartig klar:

Der Sänger von Inhaler ist Elijah Hewson, seines Zeichens Sohnemann von Paul Hewson aka Bono von U2 – und er sieht unverschämt gut aus und ähnelt seinem Vater aus frühen „October“- und „War“–Zeiten frappierend!
„Alles klar! Jetzt check´ ich den Auflauf der Jugend hier!“ dachte ich grinsend, aber:

Falsch gedacht!

Denn als um 21.15 Uhr Alex Turner (ebenfalls bestens im Sakko bekleidet und unverschämt gut aussehend), Jamie Cook, Matt Helders und Nick O´Malley verstärkt um 2 weitere Musiker die Bretter, die die Welt bedeuten, erklimmen, erstarre ich schocksteif: die Szenerie erinnert mich an alte schwarz/weiß Aufnahmen früher Beatles-Konzerte, bei denen die Damen im Publikum sich allerhöchstfrequenzig die Lunge und Seele aus dem Leib schreien und reihenweise in Ohnmacht fallen: derart ohrenbetäubend werden die vier Sheffielder von mehr als 10.000 jungen Fanstimmen begrüßt, dass selbst der Sänger erstaunt ist und mit den Worten „That´s the spirit“ direkt mal beeindruckt „Oberhauseeeen!!!!“ in die Menge brüllt (zum ersten von 74 malen – ich habe mitgezählt!!!).

Zur Freude aller (auch der wenigen meiner altersmäßigen Preisklasse) folgt dann ein Potpourri allererster Güte quer durch die komplette Schaffenszeit der Arctic Monkeys, und sämtliche Alben vom Debut „Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not“ über „Favourite Worst Nightmare“, „Humbug“, „AM“, „Tranquility Base Hotel & Casino“ plus unerwarteterweise nur 4 Songs aus ihrem aktuellen Album „The Car“ in knapp 100 Minuten Spielzeit. Dem Fan-Herzen wird wirklich nichts vorenthalten, und alle Hits von „I Bet You Look Good On The Dancefloor“ über „Crying Lightning“, „505“, „Brianstorm“, „Four Out Of Five“ bis zum Rausschmeißer „R U Mine“ finden ihren Einzug ins Set. Garage-Rock, Post-Punk, Indie, poppige (fast schlagerartige) Balladen oder einfach purer Rock – man hat den Eindruck, die Arctic Monkeys können einfach alles bedienen – und über alledem schwebt die herausragende Stimme von Alex Turner.

Mehrfach erwischt man Turner sichtlich überwältigt von der irren Stimmung in der Halle, und oft weiß er sich nur durch ein „You´re completely crazy, Oberhauseeeeeen“ Luft zu verschaffen.

Und das Verrückteste an der Stimmung: die jungen Damen erkennen schon beim ersten oder zweiten gespielten Ton jeden einzelnen Titel, noch bevor ich auch nur den Ansatz einer Idee habe, welcher Song nun folgt, und begrüßen ihn wiederum beatleesque mit frenetischen schrillen Schreien und singen anschließend textsicher jedes Wort mit. Und ohne zu übertreiben: trotz Tempo-Taschentuch-Fetzen im Ohr muss ich mir zu Beginn eines jeden Songs kurz die Ohren zuhalten aus Angst, mein Trommelfell könne durch die ungeahnt hohen Tonfrequenzen zerfetzt werden…

Die Darbietung der AM wiederum ist purer Genuss: reduziert auf einen großen Pink Floyd – Kreis in der Mitte der hinteren Bühnenwand, in den Live-Bilder der Künstler von Kameras aus allen Winkeln projiziert werden sowie einigen schönen Lichteffekten, wird der Zuschauer nicht von irgendwelchem Technik-Schnickschnack abgelenkt, sondern ist voll fokussiert auf das, was die Band dort auf der Bühne in Perfektion treibt. Einzig bei „There´d Better Be A Mirrorball“ fährt eine riesige Disco-Kugel aus der Decke und taucht die Arena in ein traumhaftes Lichstrahlen-Meer.

Nach der letzten Zugabe und dem 74. „Oberhauseeeen“ (Ihr wisst ja, ich habe mitgezählt!) verabschiedet sich die komplette Band sichtlich und authentisch gerührt von der Stimmung, die Ihr von Minute 1 an entgegengeschlagen ist, von einem begeisterten und abermals ohrenbetäubend kreischenden Fanpublikum.

Heute morgen komme ich in die Küche und frage immer noch den Jugend-Hype von gestern nicht verstehend meine 19-jährige Tochter: „Sag´ mal, kennst Du eigentlich die Arctic Monkeys?“ – ihre Augen blitzen auf, und sie fragt mich: „Wie? Warst Du etwa gestern auf einem Arctic Monkeys-Konzert??? Klar, die kennt jeder in meinem Alter!!! Manno, warum hast Du nichts gesagt und mich nicht mitgenommen!!!“

Die Jugend von heute kennt und genießt gute Musik also gottseidank doch nicht nur von Insta, Spotify, Youtube & Co, sondern erlebt sie, genau wie wir Alten, viel lieber Live!
Das macht Hoffnung!
Besten Dank Ihr Arktischen Affen aus Sheffieeeeeeeeld!!!!!

P.S.: Okay, okay, ich gebe es zu: die 74 ist eine ganz grobe Schätzung. Mitzählen war gelogen.

(peter)

Filed under: Konzertphotos, Live Reviews,

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