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IRON JINN – „Iron Jinn“

(ju) „Iron Jinn“ von IRON JINN ist ein Album, auf das ich gefühlt seit Jahrzehnten gewartet habe, ohne zu wissen, dass ich darauf warte, ohne zu wissen, dass ich es brauche – und wie sehr ich es brauche! „Iron Jinn“ ist ein Album, das schon bei den ersten Takten mein Herz schneller schlagen lässt und mir eine Gänsehaut beschert. Das mir sofort und ohne Umschweife verspricht, mich nicht zu enttäuschen. Das meine Antennen vor Aufregung wippen lässt, hier etwas Besonderes auf dem Drehteller zu haben. 

Das Debut der Amsterdamer Psych-Rocker IRON JINN (mit Mitgliedern von u.a. The Devil’s Blood, Death Alley, Shaking Godspeed und Birth Of Joy) hat mich – wen wundert‘s nach dieser Einleitung – volle Lotte aus den Socken gehauen. Latent bedrohlich und zugleich verlockend süß entführen die neun stark cineastisch angehauchten Lieder in eine Welt, bei der man sich nie sicher sein kann, ob es Traum oder Realität ist, Déjà-vu oder Psychothriller. Mysteriös, gespenstisch und schräg, harmonisch, zärtlich und verführerisch – wie können solch gegensätzliche Gefühle gemeinsam transportiert werden? Rolf Gustavus von Stickman Records: „When we heard the first song ,Winding World‘ we already knew this was a special record and a rare band that would fit our roster perfectly.“

„Iron Jinn“ fließt fast 50 Minuten wie ein verwunschener Fluss dahin, dessen Oberfläche die meiste Zeit so unschuldig ruhig wirkt, dass sich die Sterne darin spiegeln, während darunter ungeahnte Tiefen und mitreißende Strudel drohen. Ein Vergleich mit der Kamm-Nixe Loreley wäre vermutlich sogar noch eher angebracht, denn die Prog-, Psych- und Avant-garde-Mischmaschine von IRON JINN ist bei all ihrer Vielschichtigkeit vor allen Dingen eins: gefährlich verlockend! 

Zu dieser besonderen Atmosphäre tragen neben einer hervorragenden Symbiose der virtuos eingesetzten Instrumente vor allem die Stimmen von Oeds Beydals und Wout Kemkens (beide Gitarre und Gesang) bei, die auf einer breit angelegten Stimmfarben-Palette jeden Ton präzise treffen. Als bestes Beispiel und Anspieltipp Nummer 1 soll an dieser Stelle „Soft Healers“ dienen. Hier schleicht das Schlagzeug in tiefem Bunde mit den Saiteninstrumenten wie eine listige Katze geduckt und mit wachsamen Augen durch die Takte, immer auf der Lauer, während der tiefe, klare Gesang oben besagte Gänsehaut auslöst und zugleich unweigerlich das arglistige Grinsen des Jokers vor dem geistigen Auge auftauchen lässt. Ähnlich schaurig-schön sind der Opener „Winding World“ und „Lick It Or Kick It“ sowie die Titel „Ego Loka“ und „Bread And Games“, die beide ohne Schlagzeug die Nackenhaare noch mehr aufstellen. Stellenweise fühle ich mich an Fantomas erinnert („Twin Peaks: Fire Walk With Me“ oder „Night of the Hunter“), vor allem beim Einsatz der hohen Kopfstimmen. 

„Relic“ ist der Ausreißer des Albums, gewissermaßen die kleine Badebucht in dem dahintreibenden Fluss, in der Kinder fröhlich plantschen und Rentner Enten füttern. Ein Gute-Laune-Track. Scheinbar. Auf der Oberfläche. Die Lyrics jedoch zeugen von Hass und Wut auf moderne Zeiten und digitale Medien: „How much I loathe you all. […] I wanna raise a heavy rock / And smash your little glass smiles.“ Und ehe man sich‘s versieht, versenkt eines der plantschenden Kinder eine Ente mit einem fetten Stein auf den Grund des Flusses. 

Nichts ist wie es scheint bei „Iron Jinn“, nichts ist vorhersehbar. Alles ist möglich, alles ist offen. So wie der langgezogene Schluss, bestehend aus zwei Tönen, im letzten Track „Cage Rage“, der schließlich die Hörenden zutiefst aufgewühlt und höchst entzückt zurücklässt. (Judith)

IRON JINN, das sind:

Oeds Beydals (The Devils Blood/Molassess/Death Alley)

Wout Kemkens (Shaking Godspeed/De Niemanders)

Bob Hogenelst (Birth of Joy/Molassess)  

Gerben Bielderman (Pauw) 

Label:  Stickman Records

VÖ: 21.04.2023

Trackliste: 

  1. Winding World (7:02)
  2. Soft Healers (7:02)
  3. Ego Loka (3:39)
  4. Truth Is Your Dagger (6:56)
  5. Lick It or Kick It (4:22)
  6. Relic (4:55)
  7. Bread and Games (5:46)
  8. Blood Moon Horizon (5:33)
  9. Cage Rage (15:05)

https://ironjinn.bandcamp.com

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