(pe) Mit Lucid Void bewegt sich eine weitere Band in dem mittlerweile recht großen Kreis von Instrumental-Bands aus Rockgefilden mit psychedelischem Einschlag (Monomyth, Monkey3, Earthless, Causa Sui, uvm.) – und um es vorwegzunehmen: die Newcomer brauchen sich definitiv nicht zu verstecken, denn mit ihrem selbstbetitelten, ersten kompletten Album (nach der im Mai 2020 erschienenen EP „Saat“, hier nachzulesen) fügen sie dem Genre definitiv eine neue Note und ein hervorragendes experimentelles Psych-Rock-Brett hinzu.
Lucid Void, das sind vier junge Mittzwanziger-Herren aus Darmstadt:
Jakob Schuck an der Gitarre
Bela Nitsch am Bass
Samba Gueye an den Keys
Max Hübner an den Drums
Sie selbst bezeichnen sich als „psychedelische Krautrock-Band, die durch die Verflechtung verträumter Melodien mit ausdrucksstarken Riffs und treibenden, jazzigen Rhythmen Klanglandschaften erschafft, die von euphorischen Höhen bis hin zu tiefen Tälern reichen.“
Auf den ersten Blick ziert das Cover des Albums ein kosmisches Auge, das sich bei näherem Hinsehen dann als mexikanische Cenote entpuppt. Mystisch und dieser Welt entrückt erscheint es und fasst für mich das Album perfekt zusammen: die Cenote als wassergefüllte Höhle wie ein irdischer Anker, optisch aus der Vogelperspektive fotografiert jedoch wie ein kosmisches schwarzes Loch wirkend und eine Sogwirkung entfaltend, die den Hörer und Betrachter in galaktische Sphären zu entführen vermag.
Und so führt direkt der erste Song „Himmelheber“ über 7 Minuten lang in sphärische Gefilde, beginnend mit einer dunkel und düster klingenden Bassline, bis ein Chime Tree tatsächlich funkelnde Sterne in der Finsternis und im Kopf des Hörers erstrahlen lässt. Sehr experimentell lassen Lucid Void den Hörer hier direkt zu Beginn mal ordentlich vom Boden abheben.
„Gala Ballada“ als zweiter Song dann packt mich direkt von Beginn an und ist neben der Single-Auskopplung „Galyxo“ für mich eines der beiden Top-Highlights dieses Albums: percussion-getrieben frickelt sich ganz filigran eine irre schöne Gitarrenmelodie in die Soundlandschaft und setzt sich quasi als „Instant-Ohrwurm“ für den Rest des Tages in meinem Kopf fest. Die Synthies setzen ein, die Drums treiben weiter hypnotisch, und der komplette Song hat eine Strahlkraft voller positiver Vibes, die mich vor meinem geistigen Auge mit auf eine fröhliche Reise durch blühende Landschaften nehmen und mir allerbeste Gute-Laune-Energie für den heutigen Tag spendieren.
„Dorian“ nimmt den Hörer äußerst trippy mit in eine ferne Galaxie, baut sich klimaktisch langsam auf und kulminiert gegen Ende in der Übernahme durch Xylophon und einen herrlich sägenden Bass, die den Hörer nach seinem Höhenflug wieder erden.
„Flatlanders“ beginnt mit rein akustischer Gitarre mit Flamenco-Touch, um nach etwa einer Minute Spielzeit plötzlich zutiefst proggig wegzudriften. Der Song wirkt wie der Soundtrack zu einem bodennahen Highspeed-Jet-Flug über sandige Wüstenlandschaft unter einer alles versengenden Sonne – und ich fliege gerne mit!
Wie eingangs erwähnt stellt die Singleauskopplung „Galyxo“ definitiv eines der Highlights dieses Album dar: bedrohlich, wie aus einer Huxley´schen oder Orwell´schen Dystopie entsprungen wechseln sich treibender Beat mit ordentlich Fuzz auf der Gitarre ab mit maschinengewehrartigen Gitarren-Salven. Zur Halbzeit des Songs erfolgt ein abrupter Stilwechsel zu abermals sphärischen Synthie-Klängen – zunächst leichtfüßig, dann fast unmerklich Fahrt aufnehmend, um schließlich brachial auszubrechen wie eine Sound-Eruption, die viel zu lange unter der Oberfläche geschlummert hat.
Dieser Song belegt äußerst eindrucksvoll die komplette Bandbreite an stilistischer Vielfalt, die Lucid Void zu bieten hat und die sie zu einem wunderbar stimmigen Soundscape zu vereinen wissen. Ein großartiges Stück!
„Suns“ als sechster und letzter Song auf dem Album bildet schließlich den epischen Abschluss, ruft erneut Assoziationen heißer Wüstenstimmung und unerbittlich brennender Sonne hervor, um final in einem mitreißenden zweiminütigen Gitarrensolo doch noch einmal gen Kosmos abzuheben und den Hörer auf den finalen Noten eines einsamen Pianos ins Auge der kosmischen Cenote entschweben zu lassen…
Willkommen im Zirkel der außerordentlichen Instrumental-Psych-Rock-Bands, Lucid Void! Beeindruckender kann man ein erstes Full-length Album in diesem Subgenre kaum vollenden und dabei gleichzeitig noch eine ordentliche individuelle Experimental-Note hinzufügen.
(peter)
Tracklist
Himmelheber
Gala Ballada
Dorian
Flatlanders
Galyxo
Suns
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Bandcamp: https://lucidvoid.bandcamp.com
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