(cj) Es ist ein düsterer, stürmischer verregneter Sonntag. Passender könnte die Kulisse nicht sein, als ich das erste Mal „Wasteland“, das neue und mittlerweile fünfte Album der britischen Psychedelic-Doom Rocker „Uncle Acid & The Deadbeats“ laufen lasse. Der Regen prasselt laut gegen das Fenster, die Blätter fliegen wild am grauen Himmel und der Sound aus den Boxen verkündet etwas Unheilvolles. Der Vorhang zu Uncle Acids neuem surreal-schaurigem Horror-Werk ist gefallen.
Kevin Starrs singt auf dem Opener verschwörerisch mit seiner markanten, hypnotischen Falsettstimme „I see through you“ und lässt mit dieser psychedelischen Hymne Gänsehaut aufkommen. Die Melodie brennt sich direkt tief ein. Wie auch auf den vergangenen Alben thematisiert Starrs nicht etwa (Auto-)Biografisches, sondern entwirft auch auf „Wasteland“ in seinem eigenen Musik-Kosmos eine fiktive Geschichte, die die sich als Handlungsstrang episodenartig durch das gesamte Konzeptalbum zieht.
Die Songs erzählen von einem Land, wo die Menschen in von Mauern umgebenen Städten unter ständiger Überwachung stehen und abgeschottet in Angst voreinander leben. All ihre Gedanken, ihr Wissen und ihre Erinnerungen sind verloren. Wie Untote funktionieren sie nur noch und sind süchtig nach der Medien-Propaganda. In der Unterwelt gibt es „Program Discs“, die verlorene Gedanken ersetzen können und die Menschen in die Lage versetzen, wieder selbst zu denken. So können sie dem Elend der Städte gedanklich entfliehen und etwas von der Freiheit des umliegenden Brachlands spüren, das allerdings auch die Hölle auf Erden ist.
Das „Wasteland“ beschreibt so zum einen das die Städte umgebende Brachland. Zum anderen ist es über die Metapher dieses physischen Ortes hinaus, auch auf gedanklicher Ebene, ein Zufluchtsort. Ein Ort, der durch fremde künstliche Gedanken und Wissen erschaffen wurde und so im weitesten Sinne „eigenes Denken“ ermöglicht. Die Illusion einer mentalen Freiheit.
So surreal Starrs verstörende und makabre Dystopie auch sein mag, hat sie doch vor dem Hintergrund der heutigen Fake News-Flut, Medienmacht und Datentransparenz eine aktuelle Relevanz und warnende Intention. Die düstere Wasteland-Symbolik ist intensiv zu spüren und imposant durch die bandtypische Exzentrik und Obskurität inszeniert: Tonnenschwere Doom-Riffs illustrieren das leblose Brachland des Horror-Szenarios. Starrs irreversiblen Worte über die für immer verlorenen Gedanken auf dem achtminütigen Track „No Return“ sind derart resigniert und hoffnungslos, dass sie schließlich theatralisch mit Kirchenglocken begraben werden. Mit dem rauen und unverwechselbaren Garage-Sound der vergangenen Alben brilliert auch „Wasteland“. Aufgenommen haben Gitarrist und Sänger Kevin Starrs, Gitarrist Vaughn Stokes, Bassist Justin Smith und Drummer Jon Rice die Tracks nach Band-Manier in einem Raum direkt aufs Band, dieses Mal im legendären Sunset Studio in Los Angeles. Toningenieur war niemand geringeres als Geoff Neal (Motörhead, Nine Inch Nails, Fuzz). Den letzten Schliff hat Starrs den Tracks selbst im eigenen Studio verpasst.
„Wasteland“ setzt als drehbuchwürdiges Konzeptalbum mit seinen extrem eingängigen psychedelischen Melodien und düsteren Sabbath Riffs in einer filmreifen Horror-Kulisse neue Maßstäbe. Niemand klingt so schön schaurig kaputt wie Uncle Acid & The Deadbeats…..(caro)
Tracklist:
- I See Through You
- Shockwave City
- No Return
- Blood Runner
- Stranger Tonight
- Wasteland
- Bedouin
- Exodus
Tour Dates:
15.11 BE Brussels AB
16.11 NL Amsterdam Paradiso Noord
17.11 DE Hamburg Knust
19.11 SE Gothenburg Pustervik
20.11 NO Oslo Rockefeller
21.11 SE Stockholm Nalen
23.11 FI Helsinki Tavastia
25.11 DK Copenhagen Gra Hall
26.11 DE Berlin SO36
27.11 PL Warsaw Hybrydy
28.11 DE Dresden Beatpol
29.11 AT Vienna Arena
01.12 DE Munich Strom
02.12 IT Milan Legend
03.12 FR Villeurbanne Transbordeur
04.12 CH Zurich Dynamo
06.12 DE Karlsruhe Substage
07.12 DE Osnabruck Rosenhof
08.12 DE Koln Luxor
09.12 FR Paris La Maroquinerie
Shockwave City (Official Video)
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