(as) Wenn eine Band im Jahr 2018 eine völlig abstruse Story über vier Landeier erzählt, die noch schrägere Abenteuer in einem selbstgebauten U-Boot erleben, denkt man immer noch unweigerlich an ein gewisses britisches Quartett, das die Rockwelt in den 1960ern revolutionierte. „Detieti“, die sich diesen Ulk ausgedacht haben, dürften ihrerseits zwar nicht als Pioniere in die Musikgeschichte eingehen, spielen aber trotzdem unterhaltsamen Progressive Rock.
Mit „Frogressive Punk“ gehen die seit knapp 15 Jahren aktiven Russen aus Moskau in ihre dritte Langspielrunde, für die spürbar britische Bands Pate gestanden haben. In ihren „traditionellsten“ Momenten erinnern die Hauptstädter an die jazzigen Neigungen der frühen Szene in Canterbury, während besonders die harte Seite, die sie wiederholt hervorkehren, an eine jüngere Generation (beispielsweise Cardiacs) denken lässt. In jedem Fall kommt das gebotene Material einem akustischen Versuchslabor oder Testgelände gleich, auf dem die Protagonisten nichts unversucht lassen.
„Diemback“ mit seinem dadaistischen Charakter verschränkt z.B, Afrobeat-Getrommel, Nonsens-Gesang und Vibrafon (?) mit verzerrten Riffs und analogen Orgelsounds zu einem Wust, bei dessen Hören sich die Eigenbezeichnung der Gruppe – „Pronk“, was wohl auf eine Mischung aus Punk und Prog hindeutet – verstehen lässt.
Das eröffnende „Cocaintro“ ist mitnichten eine beschauliche Einleitung, sondern ein Doom-Brocken mit Ausflügen in klassische Musik, was sich am Ende während „Threeptile“ noch einmal wiederholt. Abgesehen von „Lazy Madonna“ (wer denkt da nicht an „Lady Madonna“?) einem funky Wunderding mit ausnahmsweise liedhafter Struktur, möchte sich leider partout keine Komposition (Improvisation?) auf „Frogressive Punk“ in ihrer Gänze erschließen.
Höchstens Teile der Tracks wirken in sich stimmig, weshalb die Chose letzten Endes weniger einem „Beatles“-Tribut gleichkommt als einer Collage mehr oder weniger nachvollziehbarer Ideen. Schön und gut, wenn sich kreative Menschen auf akustischem Weg austoben möchten, doch dies zu gestatten bedeutet nicht, dass man es vorbehaltlos zum allgemeinen Konsum freigeben möchte.
Folglich sind Band und Album in erster Linie etwas für Unerschrockene, die obendrein eine gute Portion verschrobenen Humor mitbringen sollten.
Label: BNiL
47:49
Cocaintro 09:15
Lazy Madonna 04:55
Rasta Fear 05:23
Dream of Little Forest Animals 01:24
Murat-Zlurad 03:45
Im.Pokh 03:00
Diemback 06:24
In Latrine (Cocaintro Revisited) 02:15
Threeptile 10:02
Andreas Schiffmann
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