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Thees Uhlmann – Die Toten Hosen

(hwa) Vor einigen Wochen kam unangekündigt ein Buchpaket bei mir an, welches den Start der KiWi Musikbibliothek annoncierte. Und das machte mich neugierig. Zwei Bücher zogen mich direkt in den Bann: Thees Uhlmann schreibt über Die Toten Hosen und Tino Hanekamp über Nick Cave. Was soll ich sagen: habe beide innerhalb von nur wenigen Nächten verschlungen. Ich war angetan …

Hanekamp folgt demnächst. Der war mir bis dahin eher unbekannt. Er fand seine neue Heimat als freier Musikjournalist offensichtlich in Mexiko. Seine tagelange Autoreise durch Mexikos zerklüftete Landschaft zu einem Nick Cave-Event überzeugte irgendwann selbst seine Lebensgefährtin. Und auch KiWis’ Verantwortliche für die jüngst aus der Taufe gehobenen Musikbibliothek: Kerstin Gleba.

„Achtung: Hier kommt ein Liebesbrief!“ hieß es in der KiWi-Ankündigung zum Paket. „Wir könnten froher und stolzer nicht sein, Ihnen die ersten vier Bände zu überreichen.“ Na, immerhin!

Doch erst einmal zu Thees. Ich sage es hier frank und frei, Thees: deine Selbstironie und deine Art, mich noch immer mit deinen Texten ganz tief zu berühren, hat etwas Tröstliches. Und weisst du, was das Blöde ist? Dass wir uns (noch) nicht persönlich kennen.

Im Buch wird – man kann es bei ihm grundsätzlich als eine unverbrüchliche Grundhaltung zur Fairness werten – eine enge Verbundenheit von Thees zu den Toten Hosen und zurück deutlich. Beginnend mit Thees’ erstem besuchten Konzert der DTH am 10. Dezember 1988 inHamburg quasi noch im „hinter den Ohren grünen Jugendalter“ – zuerst vom Papa missbilligt und dann doch noch erlaubt.

Aus Thees’ Konzertbesuch erwuchs eine bis heute andauernde Freundschaft mit den Hosen.  Auch dahingehend, dass Thees von Campino zum von ihm maßgeblich mitinitiierten Band Aid Jubiläums-Engagement in 1995 eingeladen wurde.

Thees und DTH: zwei, die dem Grunde nach gleich tickten und ticken. Und sich in hohem Maße respektieren. Zusammen mit den Kettcar-Musikern Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff gründete Thees 2002 das eigene Label Grand Hotel van Cleef. Die Toten Hosen waren indes mit ihrem Label ein bisserl früher am Start. Das tut nichts zur Sache. Hauptsache, man macht es und wagt es überhaupt.

Uhlmann legt hier sein drittes Buch vor. Nach seinen Tocotronic-Tournee-Tagebüchern (Titel: „Wir könnten Freunde werden“) und seinem sehr erfolgreichen Debütroman „Sophia, der Tod und ich“ (wie das Hosen-Buch auch bei KiWi erschienen) wird nicht zuletzt Uhlmanns Empathie für Freunde, für FREUDE am Leben und mehr Zivilcourage nachhaltig deutlich. Da macht er selbstredend auch bei seiner Tochter nicht Halt. Er lässt sie machen und stärkt ihre Flügel im Hinblick auf Widerstand aushalten, wo immer er kann. Liebevoll und argumentativ. Auch das kommt im Buch zum Ausdruck.

Ich habe mir sein „Heureka“-Tomte-Album erneut mehrmals auf den Player gelegt und finde es mittlerweile noch größer. Ein Album, das wächst und wächst und nie altern wird. Und mich vermutlich bis zum letzten Atemzug zum Seufzen bringt. Man sehe sich nur mal Thees’ Auftritt bei Inas Nacht mit seiner Tomte-Band an.  „Ich fühle mich wie der letzte große Wal“ ist umwerfend und wird von ekstatischem Beifall und „Tomte, Tomte!“-Ausrufen umkränzt.

Wenn man Thees’ Texte über die Toten Hosen mit denen seines „Heureka“-Albums vergleicht, wird viel von Leidenschaft und Gleichticken im Gegenüber deutlich.

„Musik ist ein Ereignis des Innersten“, schreibt Dr. Peter Trawny in seinem Buch „Kamikaze Musike“ Und fügt hinzu: „Sage mir was und wie Du hörst und ich sage Dir, wer Du bist!“ (Zitat mit freundlicher Genehmigung vom Verlag Matthes & Seitz, Berlin).

Breiti von den Toten Hosen bestätigt das. Er formuliert es in Thees’ Hosenbuch wie folgt: „Wenn Thees sein erstes Konzert von uns beschreibt, dann ist das für die Musik das, was Fever Pitch für Fußball ist!“ Ist vielleicht ein bißchen gewagt – mag aber hinkommen.

Thees Uhlmann ist nach eigener Aussage extrem schüchtern, überliefert aber genau deshalb eine Menge Empathie, verbunden mit einer unwiderstehlichen Smilekultur und überragender poetischer Kompetenz für Texte und deren kompositorische Transformation. Er ist ein Genie, wie es nur wenige in Deutschland gibt.

Bin beeindruckt. Bitte genau so weitermachen, Thees!

(Heinz W. Arndt)

Thees Uhlmann „Die Toten Hosen“
KiWi Musikbibliothek1.
1. Auflage 2019
Kiepenheuer & Witsch,Köln
180 Seiten
12 Euro

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