(as) Bei „Pyrior“ hat sich Schlagzeuger und Keyboarder Dan Low bereits in der Vergangenheit als eine Art musikalischer Leiter herauskristallisiert, obwohl Gitarrist Max Appeal (was für Namen …) naturgemäß im Zentrum der seit 2008 aktiven Berliner steht. Schließlich hauen diese mit schöner Regelmäßigkeit neue Musik heraus, bei der sich im Endeffekt alles um die farbenfroh eingesetzte Klampfe dreht, und haben es mittlerweile auf jeweils drei EPs bzw. LPs gebracht. „Fusion“ erscheint nun vier Jahre nach der zweiten Platte „Portal“ und vermittelt nicht nur hinsichtlich der Titel seiner Songs den Eindruck, Chemie bzw. Physik seien Steckenpferde der Musiker.
Die neun im renommierten Szenestudio Die Tonmeisterei in Oldenburg abgemischten und gemasterten Tracks, deren Aufnahmen Low (designte im Übrigen auch das stilvoll minimalistische Artwork von Lukasz Puzdrowski) selbst beaufsichtigte, düsen blumig ausgedrückt mit psychoaktiven Substanzen im Leib auf einer nicht ungebührlich langen Startbahn gen Weltraum, geprägt von bleischweren Riffs wie gleich im eröffnenden „Hellevator“, das den Hörer eher abheben als zur Hölle fahrenlässt, oder während des schon vor der Veröffentlichung publik gemachten Titellieds, das es ausnahmsweise auf fast neun Minuten Spielzeit bringt.
Ansonsten agiert das Trio wohltuend kompakt, was die Stücke trotz des fehlenden Gesangs ausgesprochen eingängig macht. Die Grundstimmung auf „Fusion“ changiert zwischen Aufbegehren und Besinnlichkeit, letztere beispielhaft umgesetzt in Form der akustischen Intros und Zwischenspiele „Guanine“, „Adenine“ und „Thymidine“. Der bittersüße Blues „X“ sei ebenso gesondert hervorgehoben wie zuvor „Splicer“ als flotter Knaller, mit dem sich die Gruppe auf dem Höhenniveau befindet, da sie die Erdatmosphäre hinter sich lässt.
Das Ambient-Outro „Cytosine“ hätte überhaupt nicht sein müssen, um dieses von vorne bis hinten stimmige, kurzweilige Gesamtwerk abzurunden. So direkt auf den Punkt kamen „Pyrior“ bislang nicht, und dass sie sich ihren Hang zum Verspielten dabei bewahrt haben (die Solos und Leads sind teilweise ganz groß), adelt sie als Platzhirsche im vorderen Drittel nicht nur der deutschen Psych-Szene im weitesten Sinn.
Tonzonen
20.3.2020
Guanine
Hellevator
Adenine
Splicer
X
Thymidine
Norfair
Fusion
Cytosine
Andreas Schiffmann
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