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Daevar – Delirious Rites

(ju) Doom, doomer, Daevar. Die sechs atmosphärischen Slow-Burn-Bretter auf „Delirious Rites“ lösen lüsterne Qualen aus, indem sie die Entdeckung der Langsamkeit zelebrieren wie es einst Type O Negative in den Neunzigern so eindrucksvoll vormachte. Nur dass Daevar mit ihrem schleichenden Stoner Doom dem Low Tempo und der düsteren Atmosphäre über knapp 37 Minuten hinweg treu bleiben. Abwechslungsreichtum ist somit nicht gerade eine Stärke des Albums, aber das Fehlen eben jener auch keine Schwäche: Gerade diese gewisse Eintönigkeit in Tempo, Sound und Atmosphäre sorgt nämlich dafür, dass einen die Musik nicht bloß in ihren tiefsten Bann zieht, sondern den Griff auch niemals lockert – genau so wie die Hand am Heft des Schwertes auf dem von Gitarrist Caspar Orfgen designten Cover, das somit als passendes Symbol fungiert für die tiefe Sogwirkung von DAEVAR.

Im September letzten Jahres gaben die drei Kölner Jungspunde Pardis Latif (Bass, Gesang), Caspar Orfgen (Gitarre) und Moritz Ermen Bausch (Schlagzeug) ihre Bandgründung bekannt und veröffentlichten Ende Januar diesen Jahres ihr Debut „Delirious Rites“ – auf CD sowie in den zwei limitierten Vinyl-Varianten Schwarz (100 Stück) und transparentes Blau (200 Stück). Letztere ist aktuell bis auf neun Exemplare bereits so gut wie ausverkauft. Die Aufnahmen fanden im Berliner Hidden Planet Studio von Jan Oberg statt, der zugleich auch Inhaber des Labels The Lasting Dose Records ist und zudem vielen durch seine Bands Earth Ship, Slowshine und Grin bekannt sein dürfte. Oberg leistete durch seine Produktion mit Mixing und Mastering einen wertvollen Beitrag zum besonderen Sound von „Delirious Rites“.

Es brummt, es vibriert, es raunt, es dröhnt. Verzerrte, knarzige Low-Fi-Saiten schwimmen in einem wabernden See aus Hall und Becken. Dabei bietet Pardis Latifs verheißungsvolle Stimme den perfekten Kontrast zu dem bedrohlichen Gewässer, sodass man sich an dessen Ufern trotz seiner Untiefe immerzu angenehm geborgen fühlt. In „Bloody Fingers“ schwebt Pardis‘ Stimme beinahe engelsgleich und schwerelos über dem Grund-Gebrummel. Dezent und unaufdringlich und zugleich höchst eindringlich. Genial! Vermutlich würde die Kölnerin singend abheben und davon schweben, wenn sie nicht zugleich diese Bass-Punshes zur Absicherung in Boden und Eingeweide hämmern würde…

Wenn sich zu ihrem knarzigem Bass nach quietschender Androhung Caspars verzerrte Gitarre gesellt und die besondere Kombi dann in einem einfachen, aber höchst wirkungsvollen Riff mündet (z. B. in „Bloddy Fingers“ oder „Leila“) und dieses Grundrauschen schließlich von Moritz‘ Drums mit dem Ruhepuls und der Gelassenheit einer Griechischen Landschildkröte „angetrieben“ wird, kann man sich in etwa vorstellen, wie der Hörerschaft bei einem Live-Gig sämtliche Haare zu Berge stehen werden. Wahrscheinlich sind die Organe anschließend auch nicht mehr an Ort und Stelle. Hellere und hypnotisierende Gitarrensoli bieten neben dem entrückten Gesang einen weiteren harmonischen Kontrast zum wummernden Sound, etwa in „Slowshine“ oder „Leila“. Den Höhepunkt des Albums stellt für mich der Zehnminüter „Leviathan“ dar, besonders wenn ab Minute 07:17 Jan Oberg den weiblichen Gesang mit exzellentem Growling und Screaming unterstützt – was für eine wuchtige Wirkung, was für eine durchdringende Dualität!

Wie praktisch und wunderbar es doch wäre, wenn Daevar diesen Sommer auf dem Hoflärm Festival spielen würde (dessen Veranstalter im Übrigen niemand anderes ist als Caspar Orfgen): Dann könnte Jan Oberg, der sowieso mit seiner Band Grin gebucht und vor Ort ist, im Duett mit Pardis die Organe der Festivalbesucher/innen bei „Leviathan“ so richtig schön durcheinander schwurbeln.

(judith)

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