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Real Blue – Silly Slush Swing

Blues-Jazz-Trio aus dem Saarland

(ro) Nichts geht über eine schöne Metapher. Ist eine schwingende Schaukel, auf der ein lächelndes junges Mädchen im rosa Sommerkleidchen sitzt, nicht ein fabelhaftes Bild für das neue Album „Silly Slush Swing“ der Band „Real Blue“?
„Real Blue“, das sind Christian Bauer ( harp, piano), Jörg Metzinger (guitar, banjo, bass) und Heike Stark ( vocals), allesamt erfahrene Musiker, die sich im Jahre 2019 zusammengefunden haben, um neben hörenswerten Eigenkompositionen auch einige der vielen schönen, bereits vorhandenen Blues- und Jazzstücke mal wieder ans Licht zu befördern, wie z.B. Klassiker wie „Lost Mind“ von Percy Mayfield, „Do I Move You?“ von Nina Simone oder „Heart Attack And Vine“ von Tom Waits.

Dabei pflegen sie auf sympathische Weise die authentische, handgemachte Qualität und bringen immer wieder die ein oder andere neue Stufe der Raffinesse hinein.
Gekonnt drücken sie jedem Song einen ganz eigenen Stempel auf, spüren allerfeinst der Seele eines jeden Stückes nach und wissen mit viel Gefühl und ohne irgendwelche manierierten Tricks den Hörer/die Hörerin zu fesseln.

Der Opener „A Touch Of Blue“, startet ruhig und intim, fast schon verhalten. Heike Stark versteht es, mit ihrem umschmeichelnden Gesang eine wunderbar stimmige, sehr persönliche Geschichte zu erzählen und dabei gleichzeitig den imaginären Vorhang zu dem „Real Blue“ Kosmos beiseite zu schieben.
Ein schöner Einstieg!

Sehr gelungen ist meiner Meinung nach die Version des nachfolgenden Tracks “Heartattack and Vine“. Wer kennt ihn nicht, diesen magischen Klassiker des kauzigen Kneipenbarden Tom Waits, der auf seinem gleichnamigen Album im Jahre 1980 veröffentlicht wurde.
In diesem Lied beschreibt Waits die düstere Realität des städtischen Verfalls und die Herausforderungen des Lebens in einer heruntergekommenen Umgebung in eindringlicher und bildhafter Sprache.
Hierbei gelingt es „Real Blue“ vom ersten Moment an, eine passende Stimmung zu erzeugen.
Lässig und mit einem wohldosierten Schuß Dramatik groovt es durch das Wohnzimmer, wobei sich Herr Bauer nicht lumpen lässt und mir sogleich mit seiner Harp mächtig was auf die Ohren gibt. Frau Stark mäandert herrlich abgeklärt und cool mit ihrer hervorragenden Gesangsstimme durch den Song, mal butterweich gefühlvoll, dann wieder dreckig krächzend, mal flüsterleise und mal wie durch ein rostiges Megaphon.
Wunderbar!

Ein weiteres, bewegend interpretiertes Highlight ist für mich “Wild Women Don’t Have the Blues” – ein vaudeville-artiger Blues-Song, den die amerikanische Sängerin Ida Cox (R.I.P.) im Jahre 1924 geschrieben und mit den „Lovie Austins Blues Serenaders“ aufgenommen hat.
Dieses mittlerweile genau 100 Jahre alte Lied ist auch dahingehend bemerkenswert, als das es eine starke feministische Botschaft enthält und im Laufe der Zeit immer wieder von zahlreichen klassischen Blues-Sängerinnen interpretiert wurde, darunter auch von der genialen „Kaiserin des Blues“ Bessie Smith (R.I.P.).

Bei dieser Gelegenheit könnte man sich ja auch mal fragen, welche der heute geschriebenen Songs auch noch in 100 Jahren gespielt und gehört werden oder ob nicht gar ein Großteil der heutigen „Alben des Jahres“ nicht längst aus den musikalischen Gedächtnissen verschwunden sein werden.

Ja, ich denke, „Silly Slush Swing“ ist mehr als ein entspannendes Sommeralbum, nämlich eines, das man immer wieder aus dem Regal nehmen und von dem man sich abholen lassen kann.
Egal ob auf einer schwingenden Schaukel sitzend, auf der Terrasse vor sich hin träumend oder auf einem Boot in der Sonne tanzend.
(…Rosie..)

Songliste:
01. A Touch Of Blue
02. Heartattack And Vine
03. Silly Slush Swing
04. Wild Women Don’t Have No Blues
05. Blues In The Night
06. Temptation
07. Ain‘t No Use
08. Lost Mind
09. Melody
10. Do I Move You?
11. Sometimes I Feel Like A Motherless Child
12. Your Heart Is As Black As Night
13. Between The Devil And The Deep Blue Sea

Band:
Christian Bauer: harp, piano, ukulele, melodica
Jörg Metzinger: guitar, banjo, bass, percussion
Heike Stark: vocals, kazoo, percussion, piano

Recorded, mixed and mastered at Lorenzhill Studios, Sheepbridge Germany
Photos by Thorsten Tanto und Ralf Haas
Label: Calygram

Wer „Real Blue“ gern einmal live sehen und hören möchte, kann dies z.B. bei folgenden Gelegenheiten tun (Angaben ohne Gewähr):
29.09.2024, 11h: Matinée, Kulturtreff „Altes Rathaus“, 66793 Saarwellingen
15.11.2024, 20h: Galerie Rathaus Riegelsberg, 66292 Riegelsberg.

https://real-blue.jimdofree.com/

Filed under: Album Reviews, Blues, Jazz, , , , , , , , , , , ,

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