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George Thorogood & The Destroyers – Live At Rockpalast 1980

(hwa) Es war ein magischer Abend damals am 26. November 1980: Zuerst Albert Collins, danach George Thorogood. Und ich steckte mittendrin. Als studentische Produktionshilfe beim Rockpalast. Und wenn ich heute Thorogoods Konzert nach 37 Jahren auf DVD erstmals wieder komplett sehen darf (endlich, endlich!), übermannt mich Demut und Nostalgie. Und das keineswegs aus Narzissmus – im Gegenteil: Es war einfach ein grandioser Event …

Es war in der Westfalenhalle 3 in Dortmund und es war eine sogenannte Produktionswoche des Rockpalasts, in der zehn Konzerte aufgezeichnet wurden, die dann Wochen später in Originallänge gesendet wurden.

Zu den Proben am Nachmittag war es noch bitterkalt in der Halle, aber das änderte sich im Laufe des Abends merklich. Schließlich hatte Albert Collins schon mächtig eingeheizt, und Thorogood setzte noch einen drauf. Nicht zuletzt dank seines neu hinzugewonnenen Saxofonisten Hank „Hurricane“ Carter, der sich die Lunge aus dem Leib blies. Er hatte einen unglaublichen Drive und verblüffte alle.

Na jedenfalls sehe ich mich im kurzärmeligen weißen Hemd, kaugummikauend und unter Gehörschützern hantieren. Was mich aber keineswegs davon abhielt, mit dem Kopf zu wippen oder zwischen einzelnen Tracks mich vom Publikum anstecken zu lassen, um ebenfalls zu applaudieren. (Man kann es auf der DVD überprüfen.)

Fan-Sein und Aufnahmejob ergänzten sich bei mir prächtig.
Es war trotzdem ein Ritt auf Messers Schneide, denn als Kabelhilfe durfte man sich keinen einzigen Fehler erlauben …

Die Umstände des Konzerts waren bemerkenswert. Das fing schon mit der Anreise der Band an. Bassist Bill Blough hatte seinen Pass vergessen und musste nach Chicago umkehren. Die restliche Band flog weiter Richtung Düsseldorf. Danach ging es mit dem Taxi nach Dortmund. Glücklicherweise schaffte es Blough gerade noch rechtzeitig bis zur Aufzeichnung zurück in die Halle. Kraftakt und Glücksfall in einem!

„Könnte klappen!“ soll Peter Rüchel vorhergesagt haben.
Im aktuellen Booklet zum obigen Album bekräftigt George Thorogood Rüchels Optimismus wie folgt: „Zum Glück standen wir wegen der laufenden US-Tour voll im Saft und brauchten deshalb für die Show keinerlei Vorbereitung.“

Die zweite Überraschung des Abends war die von George nach drei Tracks ausgesprochene Aufforderung („Ladies bevorzugt!“), doch bitte nach vorne zu kommen, um zu tanzen – dann hätten alle viel mehr Spaß.

Gesagt, getan! Einige wenige trauten sich tatsächlich vor die Bühne.

George und seine Band feuerten ein Feuerwerk des Rhythm & Blues ab. Sie spannten den Bogen von Elmore James, Willie Dixon, Chuck Berry oder John Lee Hooker: Den Besten der Besten sozusagen!

„Thorogood führte ihre Werke mit unglaublicher Hingabe und verrückter Leidenschaft zu völlig neuen Höhen“, bringt es mein Kollege Michael Breuer auf den Punkt.

Genauso war’s! Und es funktionierte hervorragend.

Die Stimmung stieg. Was wir allerdings nicht auf dem Schirm hatten, war die Ansage von Carter, der im Überschwang seiner Euphorie bei der Zugabe in gebrochenem Deutsch verkündete: „Kommen Sie hierher, kommen Sie!“
Eigentlich ein Missverständniss – aber: Dieses Angebot ließen sich die Fans nicht zweimal sagen. Ich dachte: Oh, oh, das könnte eng werden.

Unzählige enterten die Bühne – die ja eigentlich tabu war – tanzten, sprangen herum, hauten George auf die Schulter und hatten ihren Spaß. Und sangen sogar in sein Mikro.

Es hatte geschichtshistorisch einen anarchischen Touch und passierte einfach!
So etwas im wahrsten Sinne „Wunderbares“ hat sich danach im Rockpalast nicht wiederholt.
Schade eigentlich, aber nachvollziehbar. Die Zeiten haben sich geändert.

Nach dem ganzen Tohuwabohu musste ich noch die Kabel aufrollen, die Kameras ausschalten, sie in die Ausgangsposition seitlich am Rand zurückschieben und per Haube staubsichern.

Als ich danach in den Backstagebereich kam, begegnete mir neben „Hausfotograf“ Manfred Becker direkt George. Der war gut drauf.
Ich sagte spontan: „Terrific, unbelievable.“
„That’s for sure, man“ („Darauf kannst du wetten, Mann!“) antwortete George und schmunzelte.

Danach fischten wir uns zwei der kastenweise vom WDR bereitgestellten Bierflaschen und kamen ins Gespräch: „Ok, zwei Minuten– wir müssen gleich wieder los“.
Aber selbst für Autogramme war noch Zeit
Unvergesslich und für immer im Herzen!

(Heinz W. Arndt)

George Thorogood & The Destroyers
„Live At Rockpalast – Dortmund 1980“
DVD + 2CD
MIG Music 90722
Februar 2017

Line-up:
George Thorogood (guitar, vocals)
Bill Blough (bass)
Jeff Simon (drums)
Hank ‚Hurricane‘ Carter (saxophone)

Tracklist „Live At Rockpalast – Dortmund 1980“:

CD 1:
House Of Blue Lights
Kids From Philly
I’m Wanted
Cocaine Blues
House Rent Blues / One Scotch, One Bourbon, One Beer
It Wasn’t Me
Madison Blues

CD 2:
Goodbye Baby (Can’t Say Goodbye)
New Hawaiian Boogie
Can’t Stop Lovin‘
Who Do You Love
Bottom Of The Sea
Night Time
No Particular Place To Go
Reelin‘ And Rockin‘

DVD:
House Of Blue Lights
Kids From Philly
I’m Wanted
Cocaine Blues
House Rent Blues / One Scotch, One Bourbon, One Beer
It Wasn’t Me
Madison Blues
Goodbye Baby (Can’t Say Goodbye)
New Hawaiian Boogie
Can’t Stop Lovin‘
Who Do You Love
Bottom Of The Sea
Night Time
No Particular Place To Go
Reelin‘ And Rockin‘

Gesamtspielzeit: 40:51 (CD 1), 43:10 (CD 2), 88:00 (DVD)

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