(as) Wenn jemand seit dreieinhalb Jahrzehnten durch die Clubs tingelt und Musik aufnimmt, ohne dass die breite Öffentlichkeit von ihm Notiz nimmt, hat das einen Grund, doch bei Michael van Merwyk liegt es mitnichten an unverbesserlicher Nichtbegabung, sondern daran, dass die Musik des Gitarristen und Sängers gerade im konservativen Blues-Bereich seit je ein wenig gegen den Strich gebürstet daherkommt. Außerdem ist sich der Mann hörbar selbst genug, statt auf Gedeih und Verderb kommerziellen Erfolg anzustreben.
Stattdessen erfüllt er sich persönliche Träume wie diesen hier – eine Zusammenstellung von mehr oder weniger kuriosen Coverversionen, deren wesentlicher Schönheitsfehler darin besteht, dass zu nahe liegende Tracks dafür ausgesucht wurden. Die Wahl der Künstler ist im gegebenen stilistischen Kontext andererseits recht originell.
„Judas Priest“ scheinen es Merwyk besonders angetan zu haben. Ihre völlig durchgenudelten Gassenhauer „Breaking the Law“ und „You‘ve Got Another Thing Coming“ interpretiert er als Swing-Blues, wobei die Originale ebenso gut erkennbar bleiben wie jenes von „Living After Midnight“. Der Spaltpilz „I Was Made For Lovin‘ You“, mit dem „Kiss“ seinerzeit zahlreiche Fans verprellten, verwandelt sich in Michaels Händen allerdings vom Disco-Feger zu einem lakonischen Leisetreter mit Latin-Flair, und auch der Hauruck von „Should I Stay“ („The Clash“) wirkt mit mehr Tempo versehen wie ausgewechselt.
„Songster“ lebt auch und gerade von seiner Instrumentierung, denn wo ursprünglich Zerr- oder Wave-Gitarren (der ätherische „U2“-Klassiker „I Still Haven‘t Found What I’m Looking For“ klingt hier ungleich zuversichtlicher als von der Band selbst) den Ton angaben, erklingen hier regelmäßig Slide-Klampfe und Mundharmonika, etwa in „Get It On“ von „T. Rex“. An „Number of the Beast“ von „Iron Maiden“ verhebt sich Merwyk jedoch; sein lässiger Duktus wird der fiebrigen Verspieltheit der ikonischen Metal-Hymne nicht gerecht, aber dafür gereichen ihm das traurige „Kisses Are Sweeter Than Wine“ von „The Weavers“ und Nina Simones ‚Black is the Colour“ umso mehr zur Zierde.
Ob die zigste Neufassung von David Bowies „Heroes“ „Personal Jesus“ („Depeche Mode“) hätte sein müssen, darf der Hörer für sich selbst entscheiden; so oder so erweist sich „Songster“ als liebevoll inszenierte Hommage an einschlägige Künstler, die vor allem eines in Erinnerung ruft, sollte man es vergessen haben: Ein guter Song ist und bleibt ebendies – ungeachtet des Genres, aus dem er stammt, solange er würdevoll umarrangiert und mit Herzblut interpretiert wird.
Timezone
60:22
Heroes
Breaking The Law
Bankrobber
Kisses Sweeter Than Wine
Get It On
Black Is The Colour
Love Will Tear Us Apart
You‘ve Got Another Thing Coming
Personal Jesus
Should I Stay
I Was Made For Loving You
Over The Hill
Living After Midnight
Number of the Beast
I Feel You
Still Haven‘t Found What I‘m Looking For
Andreas Schiffmann
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