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Rotor „Sechs“ – Ein Album und ein paar Fragen

(tn) „Rotor“ veröffentlichen in steter Regelmäßigkeit neue Musik. Ihre Alben sind meistens hochzählend nummeriert und überzeugen in der Wahl ihrer Songtitel durch einen überschäumenden Humor. Dass man mit diesem Ansatz vor allem auf instrumentale Musikausübung setzt, mag unterschiedliche Gründe haben. Auf ihrer Webseite kann man zumindest einen Hinweis finden: „Rotor spielt seit 1998 instrumentale Musik.“

„Rotor“ sind bei dem Label Nois-o-lution, befinden sich dort in guter musikalischer Gesellschaft und haben mit ihrem neuen Album „Sechs“ die Reihe ihrer Veröffentlichungen mit spektakulärem Albumtitel fortgesetzt. Man darf sich nicht wundern, wenn man eine ordentlichen Portion von Psychedelic Stoner Tracks serviert bekommt. Alles wurde laut und live aufgenommen, mit viel Druck und extremer Dynamik. Musik, die einen gegen die Wand bläst – salopp formuliert.

Das Quartett hat kontinuierlich ein beeindruckendes Album nach dem anderen abgeliefert. Aktuell dreht sich „Sechs“ auf dem Plattenteller. Gibt es irgendwelche Besonderheiten, die man zum Album „Sechs“ wissen sollte? „Rotor“ haben dazu ihre eigene Meinung: „Wir sind sehr stolz, dass wir pünktlich zum 20-jährigen Bestehen der Band dieses absolut kompromisslose Album gemacht haben. Des Weiteren haben wir mit dem Cover unserem langjährigen Freund und Soundmann Ronald ein Denkmal gesetzt.“ Dabei lässt das Cover mehr Fragen offen, als es beantwortet – auch einer der Gründe, warum die Musik von „Rotor“ nicht langweilig wird. Die Band meint dazu: „Wir wollten wieder ein Cover, auf das jeder seine eigene Ideen projezieren kann. Religiöse DJ-Verehrung? Dadaistische Classic-Rock-Band-Cover-Verweigerung? Musik jenseits aller Grenzen und Genres ist die einzig wahre Völkerverständigung? Kopfkino an!“

Beim Line-Up finden wir Tim und Martin an den Gitarren, Marco am Bass und das Schlagwerk bedient Milan. Auf den ersten Blick fallen die „Rotor“-Albentitel auf, dann die Songtitel. Ihre Namensgebungen basieren auf verschiedenen Konzepten: „Es gibt zwei Antriebsfedern für die Titelfindung: Verwirrung und Unterlaufen der genretypischen Erwartungshaltung. Die numerische Albumbenennung hingegen ist superklassisch und eine Verbeugung vor der Musikgeschichte. Schaffen wir die 10? Wie viele gibt es, die das geschafft haben?“ Dabei korrelieren Namens- und Songfindung offensichtlich miteinander. Auf „Sechs“ ist nach dem ersten Durchhören „Druckverband“ am bemerkenswertesten: „Es gibt eine Idee, und dann schwirrt diese sehr lange im Proberaum herum, bis sie den richtigen Song gefunden hat. Manchmal schwirren diese Ideen jahrelang im Proberaum herum – und manchmal findet der Song die Idee direkt in der ersten Probe.“

Das Intro auf „Sechs“ ist „Falscher Dampfer“. Hier werden, wie eigentlich auf dem ganzen Album, die Freunde der ungeordneten Tanzbewegung durch einen durchgängigen, fordernden Bass begeistert. Alles dreht sich, fliegt. Man wird an die Antwort auf die Frage, ob es eine Geschichte zum Bandnamen gibt, erinnert: „Alles dreht sich.“ Man hört die Maschinen abheben und sich in den Flow des Albums eingrooven. Ein satter, warmer Sound begleitet den Hörer. Dies mag vor allem auch an den verwendeten, nicht unbedingt digitalen Instrumentarium liegen. Das Equipment ist „alt und abgeranzt. Digital ist nicht besser. Geschichtsträchtige Sounds aus viel zu oft reparierten Geräten. Röhren haben noch nie geschadet. Wir sind unseren Instrumenten sehr treu und wechseln selten.“ Einen Teil des Instrumentariums kann man sich auf „Sechs“ anhören. Neben dem verwendeten „Werkzeug“ spielt aber vor allem auch die Aufnahmesituation eine entscheidende Rolle.

Gibt es besondere Vorgaben oder Vorstellungen, bevor die Arbeit im Studio beginnt?

Rotor: „Wir spielen alle vier zusammen live ein. Wir haben die Songs halbwegs beisammen und wissen den ungefähren Ablauf des Albums. Dann geht es darum, WO wir das machen werden, und da weichen wir etablierten Studios lieber aus und bauen uns irgendwo nur für die Aufnahmen unser eigenes Studio hin, zusammen mit Charlie Paschen von Charlies Studio.“

Worauf legt Ihr beim Album besonderen Wert?

Rotor: „Die Reihenfolge der Songs ergibt eine Dynamik, in die jeder eine Geschichte hinein interpretieren kann. Schnell, laut, leise, langsam – alles fließt ineinander, wird gebrochen und ergibt eine logische musikalische Klammer. Physische Tonträger sollten saukrass aussehen und gut klingen. Standard!“

Eure Titelfindungen legen eine gewisse Intuition für das Texten nahe. Warum gibt es keine Texte in euren Songs?

Rotor: „Wir wollen einfach nur frei sein und nicht über Worte, Strophenlängen, Refrains nachdenken müssen.“

Mittlerweile kriecht „Sechs“ in die Gehörgänge, die die Soundwalls werden immer transparenter, differenzierter und zunehmend konturscharf. Man kann sich in die Tracks hineinfinden, wird immer wieder an Sounds der Sechziger- und Siebzigerjahre erinnert, ohne dabei die Bezüge genau konkretisieren zu können.

Gibt es musikalische Vorbilder, die nicht so offensichtlich sind wie etwa „Kyuss“?

Rotor: “King Crimson, Fu Manchu, CCR, Claude Debussy, Motorpsycho, Black Sabbath, God Is An Astronaut, Joe Cocker, Opeth, ZZ Top.”

Hört man „Sechs“ – und auch die Vorgängeralben – mit dem Hinweis auf diese musikalischen Vorbilder, dann werden manche Tracks um weitere Bedeutungshorizonte bereichert – aber auch die Verwandtschaften der Sounds untereinander treten deutlicher hervor. Man erkennt und hört die Röhrengeräte und die Gitarren, die an den Soundwalls arbeiten, die Rhythmusgruppe, die einen immer wieder durch ein „Rotor“-Album treibt. Großes Kino im Breitwandformat. Und wieder die Nadel in die Einlaufrille von Seite A. Und los!

Ist man wie das Quartett in der Musikgeschichte verankert, liegt nicht nur die Frage nach den Vorbildern, sondern auch nach der Verarbeitung schon vorliegenden musikalischen Materials nahe.

Mögt ihr eigentlich Cover-Songs?

Rotor: „Nicht wirklich, aber für unser 20-Jahre-Rotor-Festival in Berlin planen wir vielleicht etwas in die Richtung.“

Neben „Rotor“ – arbeitet ihr noch anderen Projekten?

Rotor: „Ja, z.B. Tschaika 21/16, Android Empire und The Fu.“

Die Tour steht vor der Tür! Schon Pläne für das nächste Album?

Rotor: „Wir haben schon den Titel für das nächste Album, aber der ist noch geheim.“

Fasst man es zusammen, das Interview und das neue Album, bleibt eine für den schnellen Musikbetrieb eigentlich überraschende Feststellung: Rotor machen seit zwanzig Jahren unbeeindruckt von Entwicklungen und Trends instrumentale Rockmusik. Und dabei ist Ihnen ihr Humor nicht abhanden gekommen. „Sechs“ ist nicht nur ein neues Album, sondern sollte auch Anlass für den geneigten Hörer sein, mit diesen Informationen im Gepäck eine kleine Exkursion in die Sound-Welten von „Rotor“ zu unternehmen und neue Galaxien zu entdecken. Und vielleicht stimmt es ja doch: „Rotor“ ist ein eigenes Genre. (Thomas Neumann)

Label: Noisolution

Format: LP+DL | CD

VÖ: 12. Oktober 2018

Aufgenommen: Live in Charlies Studio

Tracklist:

  • A1 Falscher Dampfer

  • A2 Allmacht

  • A3 Ferner Liefen

  • B1 Abfahrt!

  • B2 Vor dem Herrn

  • B3 Druckverband

Line Up:

  • Tim – Gitarre

  • Marco – Bass

  • Martin – Gitarre

  • Milan – Schlagzeug

Web

FB: https://www.facebook.com/rotor.berlin/

Webseite: http://rotorotor.de/rotor

Bandcamp: https://rotor1.bandcamp.com/

Discogs: https://www.discogs.com/de/artist/879755-Rotor-6

Filed under: Album Reviews, Art-Rock, Classic Rock, Garage Rock, Hardrock, Heavy Rock, Interviews, Psychedelic, Rock, Stoner, ,

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