(ju) American Dream auf Kölsch
Wir schreiben das Jahr 2018: Die fünf Musiker von SMOKEMASTER aus Köln haben ihren allerersten Gig. Doch nicht etwa in einem dunklen Kellerloch, dem örtlichen Jugendtreff oder einer kleinen Spelunke, wo sich eine überschaubare Menge vor der Bühne tummelt. Stattdessen organisiert die Band zusammen mit einem Kollektiv aus Soundsystem-Bastlern und Kamera-Menschen lieber direkt ein denkwürdiges Live-Konzert mitten in Köln auf einer Wiese. Das bekannte Label Tonzonen Records wird anschließend auf das Konzertvideo aufmerksam und nimmt SMOKEMASTER kurzerhand unter Vertrag – ohne dass die Band zu diesem Zeitpunkt irgendeine Veröffentlichung nachweisen kann. Nach ihrem – ich wiederhole – allerersten Gig!
Dass das im Mai 2020 erschienene Debütalbum „Smokemaster“ innerhalb eines Monats ausverkauft war und das dazugehörige YouTube-Video im selben Zeitraum die 10.000-Views-Marke knackte, bestätigte zwar einerseits das glückliche Händchen der Krefelder Plattenfirma, doch „damit haben auch wir als Label nicht gerechnet“, so Dirk Raupach, Inhaber von Tonzonen Records. Daher waren die Erwartungen an das zweite Album des Kölner Quintetts entsprechend hoch. Dieses wurde erneut im Band-eigenen kleinen Studio aufgenommen; eine bewusste Entscheidung gegen die Aufnahme in einem externen Tonstudio, um sich voll und ganz und ohne jeglichen Zeitdruck der Musik, dem Sounddesign und der Effekt-Auswahl hinzugeben.
Und die Rechnung geht auf: Mit „Cosmic Connector“ schaffen es Jerome Holz (Gitarre), Tobias Schmidt (Bass, Gitarre), Björnson Bear (Gesang, Gitarre, Harmonika), Lukas Bönschen (Schlagzeug, Hintergrundgesang) und Tobias Tack (Orgel, Synthesizer, Keyboards) wieder einmal zu überzeugen – und zu überraschen. Während das erste Album von Jam- und Instrumental-Elementen geprägt war, weist „Cosmic Connector“ eine große stilistische Vielfalt auf und überrascht mit viel Gesang in fünf von sechs Tracks. Der gleichnamige, knapp neunminütige Instrumental-Opener schlägt dabei eine wundervolle, sphärische Brücke zum Erstlingswerk und verneigt sich vor Floydschen Klassikern wie „One of These Days“ oder „Run Like Hell“, ohne dabei abgedroschen zu wirken.
Im Anschluss an diesen emotionalen Klangteppich bietet „Rolling“ 70er-Jahre Feel-Good-Rock, der die Köpfe zum Nicken und die Füße zum Wippen animiert, egal in welcher Stimmung man sich gerade befindet. Fluffig-relaxed und mit hohem Coolness-Faktor schmeicheln Gitarre, Bass, Schlagzeug und Orgel der Seele, während sich Björnson Bears tiefer Bariton wie eine warme Decke um einen schmiegt. Die letzten zwei Minuten schwebt die Hörerschaft auf einem andalusisch angehauchten Flamenco-Sound, getragen von Manzarek`schen Orgelakkorden und -soli und einem poetischen Dialog zwischen Gesang und Gitarrensoli.
Das folgende Lied „Animal“ ist ebenfalls geprägt von den Siebzigern, stellt jedoch eine waschechte Hard Rock-Nummer im Up-Tempo dar mit stampfenden Drums in den Strophen und kontrastierenden sanften Refrains, erneut eingebettet in einen samtweichen Orgel-Teppich.
„War Piece“ bildet als sanfte Rock-Ballade mit elementarer Friedensbotschaft eine Art Break im Album, steuert dann aber progressiv auf einen klangvollen Höhepunkt zu, in dem Björnson Bear seine breite gesangliche Palette erneut unter Beweis stellt. Gitarrist Jerome Holz zu „War Piece“: „Wir haben es uns nicht auf die Fahnen geschrieben, eine sehr politische Band zu sein. Aber im Schatten des Kriegs in der Ukraine ist es uns wichtig, als Band für den Frieden einzutreten. Wobei der Song nicht spezifisch nur auf diesen Konflikt blickt, sondern sich klar gegen alle Kriege auf der Welt ausspricht.“
Der folgende Track „Forest“ ist ein grandioser Genre-Mix aus Artrock, Psychedelic und Doom und sei allen Lesenden als Anspiel-Tipp wärmstens ans Herz gelegt. Eine leicht bedrohliche Grundstimmung aus hypnotisierenden Drums, erdigem Bass, züngelnden Gitarren, düsterer Orgel und höchst poetischem Sprechgesang à la Jim Morrison wissen zu fesseln und münden in einem imposanten Solo mit Flöte, Orgel, Synth-Sounds und fettem Riff. Chapeau!
Den Abschluss bildet „America Dreamt“, eine fluffig-fröhliche Endorphinen-Konfetti-Maschine. Spätestens ab Minute 1:45 möchte man aufspringen, rumhopsen und laut einstimmen in den schamanisch anmutenden Gesang.
Vielen Dank, liebe SMOKEMASTER, für die megagute Laune, die euer Album unweigerlich auslöst! Egal, wie mies der Tag war: Nach einer kosmischen Verbindung mit euren sechs Liedern scheint uns allen die Sonne aus dem Arsch.
(Judith)
Label: Tonzonen Records
VÖ: 21.04.2023
Dauer: 41:54
Trackliste:
- Cosmic Connector
- Rolling
- Animal
- War Piece
- Forest
- America Dreamt
https://smokemaster.bandcamp.com/album/smokemaster
Filed under: 70s, Album Reviews, Art-Rock, Bluesrock, Psychedelic, Rock, Stoner, Cosmic Connector, Smokemaster, Tonzonen Records