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King Gizzard & The Lizard Wizard im Astra Kulturhaus am 07.03.18

Psychedelisches Wunderland

(pmck)Wer King Gizzard’s Musik kennt, weiß, dass die Australier möglicherweise einen an der Klatsche haben. Das ist durchaus positiv gemeint, da ich finde, unkonventionelle Psych Musik ist immer gute Musik – je skurriler desto besser.

King Gizzard and The Lizard Wizard ist eine siebenköpfige Formation aus Victoria, Melbourne. Sie wurde 2010 gegründet und die aktuelle Besetzung ist: Stu Mackenzie an Gesang, Gitarre, Keyboard und Flöte – nicht zu vergessen seine Bühnen Akrobatik: schon einen Gitarristen gesehen, der während eines Riffs extreme Latissimus Dehnübungen macht? Joe Walker und Cook Craig an Gesang und weiteren Gitarren, der junge Ambrose Kenny-Smith an Gesang, Mundharmonika und Keyboard, Lukas Skinner am Bass und Eric Moore und Michael Cavanagh am Schlagzeug und als Perkussions Duo.

King Gizzard hat sich von einer Surf – und Garage Band zu etwas entwickelt, das die Genre-Schubladen sprengt. Mit einer Mischung aus feinstem Psychedelic Rock, sehr südamerikanisch angehauchtem Jazz, mit durchaus arabischen- und Balkan Einflüssen und einer unverwechselbaren Note an Wahnsinn etablieren sich die Australier seit dem Release ihres Debut Albums ‚12 Bar Bruise‚ in 2012 in der Underground Szene. Seither sind elf weitere full length Studio Alben veröffentlicht worden, fünf davon allein 2017. Mein persönlicher Favorit ‚Polygondwanaland‚ wurde sogar komplett öffentlich released, das heißt die Rechte wurden freigegeben und das Album nicht verkauft, sondern die gemasterten Aufnahmen online gestellt und King Gizzard hat die Fans dazu angeregt, selbst Vinyls zu pressen.

Am 7. März diesen Jahres war ich im Astra Kulturhaus in Berlin und hatte endlich die Ehre, KG&LZ live zu sehen. Es war ein ausverkauftes Konzert, supported von Mild High Club aus Los Angeles – eine Band, die 2017 mit King Gizzard das Album ‚Sketches of Brunswick East‚ veröffentlicht hatte. Ich kann nur sagen, eine super Auswahl… Mild High Club gaben mir mit ihren entspannten, jazzigen, psychedelischen Tracks das Gefühl der Ruhe vor dem Sturm.

Angefangen haben King Gizzard das Konzert mit ‚Rattlesnake‘, dem ersten Track aus ‚Flying Microtonal Banana‘. Und damit bewiesen sie, dass sie wissen, wie man das ganze Publikum zum Tanzen bewegt. Ihr Set ging ungefähr 90 Minuten lang – und nie war die allgemeine Stimmung weniger als euphorisch. Super energiegeladen haben sie sämtliche Tracks ihrer größten Alben gespielt – nicht nur die der fünf im letzten Jahr veröffentlichten, sondern auch aus ‚Nonagon Infinity‚ von 2016 und ‚Quarters!‚ von 2015. Mein Freudentaumel stieg ins unermessliche, als die ersten Töne von ‚Robot Stop‚ aus dem ’16 Album erklangen, da meine Leidenschaft für The Lizard Wizard eigentlich erst mit dem Chorus dieses Lieds geweckt wurde: ‚Loosen up/ Time to drop/ Fuck shit up/ Don’t forget about it/ My coffin’s all I see/ Lately/ Robot stop‚.

Ein besonders nostalgischer Moment war für mich die Transition von ‚The Lord Of Lightning‚ zu ‚Polygondwanaland‚. Die Flöte am Ende des Stücks spielt darin eine besonders große Rolle: die sanften Töne, gespielt von Stu Mackenzie, erinnerten mich sehr stark an Bossa Nova – die Musik, die ich in meiner Kindheit gehört und so geliebt habe. Wer Baden Powell oder Quarteto Em Cy kennt, weiß, was ich meine. Die sehr bunten und passgenauen Bilder, die während des ganzen Konzerts auf die hintere Bühnenwand projektiert wurden, sind zu dem Song ‚The Fourth Color‚ – momentan mein Lieblingslied der Gruppe – in einen Schauer von bunten, glitzernden Meteoriten transformiert worden, und erweckte in einem das Gefühl, als würde man mit einem fantastischen Raumschiff nie zuvor entdeckte Welten mit Lichtgeschwindigkeit durchkreuzen. Es war eine Show für alle Sinne – etwas, was in der psychedelischen Szene viel zu wenig geschätzt wird.

Vor dem einzigartigen Abschluss des Lizard’s Auftritts wurden drei Lieder aus ‚Nonagon Infinity‚ gespielt, da passierte das völlig Unerwartete: ein sehr großer Moshpit wurde zu ‚Gamma Knife‚ geformt, was wiederum die musikalische Vielfältigkeit der Besucher spiegelte. Während des gesamten Konzerts gab es unzählige Stagedivings durch das Publikum, womit die Musiker auf der Bühne aber sehr entspannt umgegangen sind. Alle Besucher sind heil aus dem Konzertsaal entkommen.

Als wäre die bisherige Absurdität nicht genug gewesen, haben King Gizzard im letzten Lied des Gigs dem Ganzen noch eine Krone aufgesetzt: King Khan aka. Blacksnake kam auf die Bühne für eine Interpretation des Liedes ‚God Is In The Rythm‚ aus dem ’15er Album ‚Quarters!‚. King Khan ist ein indo-kanadischer Musiker, der bekannt ist für den Leadpart der Band King Khan and The Shrines und der Band The King Khan & BBQ Show. King Khan lebt in Berlin und hier ist es durchaus üblich, ihn für das letzte Lied eines King Gizzard’s Konzerts auf der Bühne zu sehen. King Khan hat die Lyrics zum Lied improvisiert und einen Striptease hingelegt, der mit seinem nacktem Gesäß Richtung Publikum endete.

Das Konzert war eine fulminante Erfahrung – und ich warte jetzt bereits sehnsüchtig auf die nächsten europäischen Tour Daten. Warten wir ab, was The Lizard Wizard noch für Trümpfe im Ärmel haben. Bis dahin kann ich nur eins besonders empfehlen: hört King Gizzard and The Lizard Wizard’s Alben auf voller Lautstärke (und mit viel Bass!) und lasst euch von ihrem Wahnsinn in die psychedelischen Höhen des Seins treiben…..(PearlMcKurdy)

 

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