(hwa) Es gibt Kritiker, die behaupten, Joe Bonamassa sei als sogenanntes Wunderkind des Blues überbewertet. Dem würde ich in Teilen zustimmen. Zumindest, was die Rezeption des Blues seiner Vorväter aus dem vergangenen Jahrhundert anbetrift. Liebeskummer und Ausbeutung auf riesigen Baumwollfeldern spielte man sich damals mit 3 x 4 Takten und viel Alkohol lakonisch schmerzhaft von der Seele. Das ist heutzutage kaum noch vermittelbar. Schönklang ist insofern ein wirkungsvoller Trick, den Blues durch zuckersüße Gitarrenlicks auch den Kids aus 2.0 schmackhaft zu machen. Wenn man so will, verlangt es die Musikindustrie geradezu. Und das hat Bonanamassa sowas von drauf! Aber gemach: Beim R&B und beim Soul ist er viel erdiger…
Dort sind Beth Hart & Joe Bonamassa ein Dreamteam.
Hart hat eine Power, die ihresgleichen sucht. Und Bonamassa hat eine Backingband, die R&B und Soul mit der Muttermilch aufgesogen zu haben scheint. Zusammen mit Produzent Kevin Shirley haben sie zehn Juwelen des Soul neu interpretiert und in ein fesselndes Hörerlebnis verwandelt.
„Black Coffee“ setzt sich zusammen aus Titeln von Edgar Winter, Etta James, Ike & Tina Turner, Ella Fitzgerald, LaVern Baker, Lucinda Williams u.a. Der Opener „Give It Everything You Got“ – von Edgar Winter 1971 auf seinem „White Trash“-Album veröffentlicht – besticht durch die Mischung von Hardrock und Stax-Einflüssen.
Aber Hart, Bonamassa und Band setzen noch einen drauf. Bonamassas knallhartes Wah-Wah-Intro ist zusammen mit dem druckvollen Bläsersatz und einem unter die Haut gehenden „Huuh-Huuh“ der drei Backing-Damen ein Einstieg nach Maß.
Der Track klingt wie aus einem Guss und Produzent Shirley ist völlig zu Recht begeistert: „Die Band spielte den Song live. Sie kamen ins Studio und spielten drauflos. Ich habe nicht viele Songs erlebt, die so einfach von der Hand gingen wie dieser. Wir brauchten nur einen Take.“
Es lebe die Vielfalt. Track 02 „Damn Your Eyes“ ist ein Slowblues der Spitzenklasse. Der Track stammt von Etta James’ Comeback-Album „Seven Year Itch.“
Weiter geht’s mit dem Titeltrack “Black Coffee”. Wow! Und wer ist Tina Turners Alter ego?
Selbstredend Beth Hart. Sie ist die (neue) Queen des Soul.
Lustigerweise bestehen Joe Bonamassa und Kevin Shirley darauf, dass es sich eigentlich um eine Coverversion einer Coverversion handelt, nämlich um die von Steve Marriott. Die hatte Marriott 1973 live beim „Old Grey Whistle Test“ der BBC präsentiert. Und genau daran habe man sich stilistisch orientiert. Und Beth? Sie hat sich dennoch unüberhörbar für das Timbre von Tina Turner entschieden. Chapeau!
Das zeigt sich auch in den weiteren Tracks, wo Beth der Persönlichkeit der jeweiligen Legenden mit traumwandlerischer Sicherheit einen unter die Haut kriechenden Ausdruck verleiht.
Aretha Franklin, Tina Turner und Amy Winehouse sind Ikonen des Soul – und Beth Hart steckt mit Riesenschuhen in deren Fußstapfen. Ein Glücksfall für den Soul, ein Glücksfall für den Blues und ein Riesenglücksfall nach dem tragischen Ableben von Amy Winehouse.
Ich hoffe, dass Joe Bonamassa weiß, welches Juwel er mit Beth Hart im Schlepptau hat.
Er weiß es!!!
Und ich weiß, dass dieses Album enorm viel Soul und Power verströmt.
(Heinz W. ARNDT)
Lineup:
Beth Hart – Gesang
Joe Bonamassa – Gitarre
Rob McNelley – Rhythmusgitarre
Michael Rhodes – Bass
Reese Wynans – Keyboards
Anton Fig – Schlagzeug / Percussion
Ron Dziubla – Saxofon
Lee Thornburg – Bläser Arrangements, Trompete, Posaune
Mahalia Barnes, Jade Macrae und Juanita Tippins – Background Gesang
Tracklist:
01. Give It Everything You Got
02. Damn Your Eyes
03. Black Coffee
04. Lullaby Of The Leaves
05. Why Don’t You Do Right
06. Saved
07. Sitting On Top Of The World
08. Joy
09. Soul On Fire
10. Addicted
Beth Hart & Joe Bonamassa “Black Coffee”
Provogue / Mascot Label Group / Rough Trade
VÖ: 26.01. 2018
Auch als Limited Edition mit Bonustrack „Baby, I Love You“ erhältlich
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