(jm) Dhafer Youssef – wer war das nochmal? Von dem habe ich doch vor Jahren schon mal etwas wirklich Besonderes gehört… Und so krame ich in meiner Plattensammlung und entdecke „Divine Shadows“ aus dem Jahr 2006. Ein faszinierendes, hypnotisches Album, gefüllt mit geheimnisvoller, entrückter und fremder Musik aus einem anderen Universum, die ich damals in dieser Form noch nie gehört hatte. Dhafer war in all den Jahren dazwischen nicht untätig, jedoch habe ich seine Kreativität nicht weiter verfolgt. Aber man trifft sich mindestens zweimal im Leben und so liegt jetzt „Sounds Of Mirrors“ in meinem Briefkasten und holt mich ohne große Schwierigkeiten in sein musikalisches Universum zurück.
Youssef ist ein 1967 geborener, tunesischer Jazzmusiker, der sich autodidaktisch als Oud-Spieler ausbildete. 1989 wanderte er nach Österreich aus, wo er zunächst als Tellerwäscher in Graz, später in Wien lebte. Als Neunzehnjähriger studiert er Klassik, entdeckt in Wien indische Musik und die Hindu-Klänge schlagen einen tiefen Akkord in Dhafer’s musikalische Seele. Dreißig Jahre später erinnert sich der tunesische Komponist: «Ich war sowohl mit Staunen erfüllt als auch zutiefst überzeugt, dass ich eines Tages neben den legendärsten Spielern der indischen Musik auftreten würde. » Eine denkwürdige Show von Ali Akbar Khan, dem Meister des indischen Sarod, im Wiener Konzerthaus in Wien kam, um den Deal für den Sänger und Oud-Meister zu besiegeln. Von da an lebte und atmete Dhafer Youssef indische Musik. Oder war es indische Musik, die ihn dazu bestimmt hatte, Ihr Gesandter zu werden?
Neun Alben später hatte sich der reisende Musiker, der sich in der Jazzmusik durchsetzen wollte, seinen Traum vom indischen Musizieren erfüllt und hatte sich Percussionist Zakir Hussain für ein paar Shows auf die Bühne eingeladen, während er durch Frankreich tourte. Es fehlte noch ein Hauch von Farbe – der eines Blasinstruments – den er mit dem türkischen Klarinettisten Husnu Selenderici ausfüllte. Das Trio testete ihre Kompositionen live, die schließlich den zwölf Tracks von „Sounds Of Mirrors“ Gestalt gab. Die Aufnahmen begannen in Mumbai und wurde dann in Istanbul weitergeführt, wo sich Eivind Aarset, der norwegische Jazzgitarrist mit sehr ätherischem Stil, dem einzigartigen Abenteuer anschloss. Die Platte, die ursprünglich als Hommage an Zakir Hussain und die Tabla gedacht war, nahm dann eine unerwartete Wendung.
« Diese Aufnahmesessions fühlten sich für mich wie eine Ode an die Freundschaft und Brüderlichkeit an. Wenn wir zusammen spielten, konnte ich ganz deutlich spüren, dass wir uns als verwandte Geister gegenseitig spiegelten. Daher der Name des Albums „Sounds Of Mirrors“.
Der Mix wurde im schwedischen Nilento Studio in Göteborg durchgeführt und verleiht dem Album seine leichte, geschlossene Qualität. Der Eröffnungstrack «Humankind» beginnt mit wunderbaren, meditativen und orientalistischen Klängen, bis sich Dhafer Youssef’s Kopfstimme mit der Klarinette verbindet, um eins zu werden. Später, mit «Ruby Like Wine» und «Like Dust I May Rise» beweist Dhafer einmal mehr sein Talent für traumhafte Atmosphären, die mit einem wirklichen Minimalismus von Noten aufgebaut sind. Für Eivind Aarset «…ist diese Platte meditativer, spiritueller und zugänglicher als die vorherige, ein seltsamer Diwan der Schönheit. Aber Vorsicht – der Blick auf innere Ruhe und Weisheit hat hier nichts mit einem religiösen Bemühen zu tun.»
Youssef’s seltsame Rhythmen klingen dabei teilweise wie Beats, ein unwiderstehlicher, meditativer Groove schlägt den Zuhörer in seinen Bann, vor allem auf «Dance Layan Dance» (in Anspielung auf seine Tochter), «Journey in Bergama», «Nasikhabhushani» oder dem eingängigen «Chakkaradaar». Die Töne von Zakir Hussain‘s Tablas spielen mit unglaublicher Präzision, während Sie sich mit Dhafer’s Freestyling Oud vermischen. «Je älter man wird, desto weniger spürt man das Bedürfnis, das zu rechtfertigen, was man tut» sagt Dhafer mit einem Lächeln. „Sounds Of Mirrors“ bietet jedem anspruchsvollem und neugierigem Zuhörer die perfekte Gelegenheit, sich einer neuen musikalischen Erfahrung und Begegnung zu stellen, in so vielen musikalischen Farben, die man sich noch nie vorgestellt hatte (Jens M.)
„Sounds Of Mirrors“ erscheint bei Ante Prima Productions im Vertrieb bei Broken Silence am 5. Oktober 2018 auf CD, LP und digital.
TRACKLIST:
1. HUMANKIND 7’19
2. DANCE LAYAN DANCE 4’36
3. AL WADOOD 7’00
4. RUBY LIKE WINE (TO SHEIKH MUHAMMED OMRAN) 6’02
5. JOURNEY IN BERGAMA 5’03
6. LIKE DUST I MAY RISE (TO SHIRAZ) 4’58
7. NASIKABHUSHANI (TO ZAKIR) 3’19
8. SHAANTI « ATITHI DEVO BHAVA » SUITE 4’19
9. CHAKKARADAAR « ATITHI DEVO BHAVA » SUITE 5’38
10. SATYA « SATYAGRAHA » SUITE 4’54
11. SATYAGRAHA « SATYAGRAHA » SUITE 6’42
12. GOOD MORNING MUMBAI (TO ZAKIR) 6’28
KONTAKT:
Filed under: Album Reviews, Jazz, Dhafer Youssef, Jazz, World Music