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Interview mit Brendan Lewes

Musiker in Zeiten von Corona

(ro) Abgesagte Konzerte und Festivals, geschlossene Clubs – seit dem 15. April 2020 gelten die Veranstaltungsverbote der Bundesregierung. Vielen Musikern, die für ihre Kunst eine Bühne, ihre Bandmitglieder und ihre Zuschauer brauchen, hat das neuartige Coronavirus jäh einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Wie geht es ihnen? Wie kommen sie durch diese schwierige Zeit?
Brendan Lewes, Singer/Songwriter aus Kendal/UK, jetzt wohnhaft in Kiel, war gerne bereit, uns über seine Erfahrungen, Erkenntnisse und Pläne in dieser besonderen Zeit zu berichten.

Brendan: Ja, ich bin gerne dabei für das Interview. Mein Deutsch ist nicht immer das Beste, aber ich beantworte die Fragen so gut wie ich kann.

RBBS: Brendan, es scheint, dass auch in Zeiten von Corona deine Kreativität und dein Ideenreichtum keine Grenzen kennt. Dein neues Album, betitelt „Nine Songs Sung From The End“, das ich kürzlich hier bei RBBS besprechen durfte, ist jetzt erschienen. Wie hast du das zusammen mit deiner Band „The Gambling Ambers“ in dieser schwierigen Zeit geschafft?

Brendan:
Zum Glück war ein großer Teil der Arbeit schon vor März 2020 erledigt. Wir hatten schon die Songs geschrieben und die meisten der Aufnahmen waren fertig. Wir mussten nur noch ein Paar Vocals machen und dann zur „Post Production“ (Mix und Master). Das Problem war tatsächlich die Geldgeschichte, weil ich alles finanzieren wollte mit den Gagen meiner Live Konzerte. Als alles abgesagt war, war die Finanzierung des Albums auch weg. Deswegen hatte ich eine Crowdfunding Kampagne gemacht und dabei echt viel Glück und Erfolg gehabt. Die Hilfe von Freunden, Familie und Fans durch die Crowdfunding Kampagne war die Hauptsache, dass wir das geschafft haben.

RBBS:
Eigentlich sollte dein neues Werk deinen Fans auch in Live-Events präsentiert werden. Ich weiß, dass du eine energiegeladene, unermüdliche und authentische Bühnenpersönlichkeit bist, aber aktuell sind Live-Auftritte und Konzerte aufgrund der Corona-Krise bedauerlicherweise ja immer noch tabu. Wie empfindest du diese Situation?

Brendan: Jeder Musiker findet diese Situation gerade schwer, besonders die, die hauptberuflich mit Live Konzerten unterwegs waren. 99% von dem, was ich verkaufe, ist bei meinen Live Konzerten. Ich bin nur ein Kleinkünstler und meine Reichweite ist gar nicht so groß. Das heißt, ich brauch die Live Konzerte, damit ich meine CDs verkaufen kann. Obwohl ich schon ziemlich viel von meiner neuen CD jetzt verkauft habe, kann ich es nicht vermeiden, ein bisschen enttäuscht zu sein, denn mit den Live-Konzerten hätte ich bestimmt viel mehr verkauft.

Ich habe sehr viel über die ganze Situation nachgedacht und auch überlegt, ob ich die Veröffentlichung der CD verzögern sollte oder nicht. Aber für mich geht das Leben ja weiter. Diese Album war ein langer Prozess und wir waren am Ende des Projektes. In den Sinne der Release war es für mich nötig. Wenn die Konzerte wieder anfangen, dann kann ich meine CDs wieder verkaufen, und hoffentlich so viele Menschen wie möglich erreichen. Hoffentlich.. ich lebe von der Hoffnung

RBBS: Gibt es Alternativen oder hast du in der anhaltenden Krise anderweitige Aktionen durchgeführt oder geplant? Es gibt ja einige Musiker, die Streaming-Konzerte veröffentlichten oder Wohnzimmerkonzerte anbieten, um so den Kontakt zu den Fans aufrecht zu halten. Wie ist das bei dir? Nutzt du beispielsweise verstärkt die sozialen Medien?

Brendan: Ich habe im September eine „Fahrrad Tour“ gemacht, dabei bin ich in 14 Tagen 350 km durch Schleswig-Holstein geradelt und habe 10 Gartenkonzerte in den Zwischenstopps gespielt. 

Ich habe auch viel gestreamt während verschiedener Projekte, z.b. meine Crowdfunding Kampagne. Aber Streaming finde ich sehr schwer, weil mich bei Live Konzerten der Kontakt mit dem Publikum intensiv verbindet. Es ist echt schwer, das hinzukriegen mit einem Live Stream. Mit den Social Medien war ich auf Facebook immer ziemlich aktiv und immer mehr mit Instagram, denn ich war leider ein Kind von der Facebook Generation.

RBBS: Wahrscheinlich werden Konzerte in „normaler“ Form noch lange nicht wieder stattfinden können. Hast du einen Trick, wie du musikalisch trotzdem fit und performant bleibst?

Brendan: Ich bin noch sehr viel an der Kreativ Seite unterwegs. Letztes Jahr wollte ich ein Kollaboration Album machen mit allen Freunden von mir, die auch nicht mehr arbeiten können. Das Projekt ist leider nicht zustande gekommen, aber dafür habe ich sehr viel geschrieben. Letztes Jahr habe ich viel Zeit investiert, die Songs fertig zu kriegen. Das hat mir geholfen, im „Musikmacher-Modus“ zu bleiben. Mit Live Konzerten ist es aber immer so, dass ich glaube, man muss so häufig wie möglich vor einem Publikum spielen, um musikalisch fit zu bleiben. Leider geht das jetzt nicht. 

RBBS: Hast du schon Ideen und  Pläne für deine nächsten musikalischen Projekte?

Brendan: Ich habe tatsächlich verschiedene Pläne für dieses Jahr. Ich bin immer voller Ideen, die meistens nur als Ideen bleiben. Aber am Ende dieses Monats bringe ich eine Single raus. Die Idee ist fast nochmal wie ein Crowdfunding Projekt, aber ich versuche diesmal so viel Geld wie möglich für einen Freund von mir zu sammeln. Er heißt Tycho Barth. Er war eigentlich genau wie ich ein Kleinkünstler. Er musste hart arbeiten, um das Leben als Musiker zu schaffen. Während der Corona Krise hatte Tycho nicht so viel Glück wie ich. Er musste die Musik aufgeben und hat angefangen, in einem Pflegeheim zu arbeiten. Das tut mir echt leid für ihn, weil ich genau weiß, wie schwer es ist als ein kleiner Musiker. Es fühlt sich so unfair an, dass etwas wie Corona uns das alles wegnehmen kann. Wir sind komplett ohne Macht, etwas dagegen zu tun. Ich kann nicht jedem Musiker in Deutschland helfen, aber einem zu helfen schaffe ich. Mein Ziel ist es, Tychos Miete für die Hälfte von 2021 zu sammeln, und dann können hoffentlich in der 2. Hälfte 2021 die Live Auftritte wieder anfangen. Um das zu schaffen, muss ich mehr verkaufen als das, was ich bisher in meinem ganzen Musikleben schon verkauft habe, aber was ist das Leben ohne eine Herausforderung?

Dieses Projekt ist immer noch in der Planungsphase, aber sofort, wenn ich alles zusammen habe, dann kündige ich es an per Facebook usw.

RBBS:
Vielen Dank, Brendan für das schöne und aufschlussreiche Gespräch und deine offenen Worte!
Wir drücken dir auf jeden Fall die Daumen, dass du deine Ideen und Vorhaben erfolgreich in die Tat umsetzen kannst und wünschen dir alles Gute.
…(..Rosie..)..

https://www.brendanlewes.com/
Fotos: Brendan Lewes / Facebook

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