(ch) Ein Hurrikan am Anfang des neuen Jahres, und er verwüstet Bergen in Norwegen. Dort gibt es schon länger eine Psychedelic Rock-Szene, die mit zum Feinsten des Genres gehört. Nach ihrem Debüt-Album 2013 „Pick-Up, Lift-off, Space, Time“ erhielt das Quartett eine Menge Aufmerksamkeit, vor allem im Ausland.
Die Musikpresse und Blogger waren überschwänglich in ihrem Lob und sie wurden in vielen Best-of-Jahres-Listen aufgenommen.
Im Herbst 2015 nisteten sie sich im Broen Studio ein, und Blitz, Donner, heftige Regengüsse und Wind schüttelten innen und außen die Wände. Im Auge dieses Hurrikans knisterte es förmlich von Fuzz-Gitarren und psychedelischen Organen.
Alles schwebt dahin. Dezente Vocals, unterstützt von monotonen Rhythmen und verhallten Gitarrenakkorden.
Sie surfen vollständig im hypnotischen Sog endloser Improvisationen und rhythmischer Orgeln im Fuzzgitarrenhimmel.
Melancholisch und schwelgerisch, mit viel Hall, die Grundstimmung auf dem neuen Album.
Die knapp vierzig minütige, dynamische Achterbahnfahrt zündet urplötzlich die Raketentriebwerke und lässt die Atmosphäre ein für alle mal hinter sich. Zwischen schwerelos und bodenständig spacerocken „Electric Eye“ durch atmosphärisch dichte Klangwelten und sind gleichzeitig in einer Parallelwelt unterwegs, in der Stoner, Fuzz und hippieske Elemente in eine Klangcollage eingebettet werden.
Einzelne Titel zu beschreiben ist ungerecht dem Album gegenüber, das eine faszinierende Erkundung der Wüste und des Raums ist, zusammengehalten durch unnachgiebige Drums und Fuzz-Bass.
Es sickern Elemente von Pink Floyd, King Crimson und The Flaming Lips ein. Sie tun dies, ohne jemals dünn gesät oder künstlich zu klingen.
Ein paar Songbeispiele: dem „All Of This Has Happened Before And Will Happen Again“ wohnt der Esprit des flüsternden Leonard Cohen inne.
Doch die melancholisch-depressive Seite wird abgelöst von einem im Kern gleichmäßigen Rhythmus, der sich im Nebel verdichtet und positive Bilder hervorbringt, da die elektronischen Töne völlig losgelöst sind von Bitterkeit und Traurigkeit.
Dieser Kontrast zwischen Melancholie und klangfarblich harmonischen Bildern erzeugt ein effektreiches Bild zwischen Flüstern, Halluzinationen und ruhigen Tönen.
The Doors sind immer wieder herauszuhören, etwa bei „Bless“ oder „Never fade away“.
Denn hier gehen Space-Rock und Psytrance eine Symbiose ein und erwecken ein surreales Klangbild, das wenig verschreckt oder verstört, eben weil die warmen Klangfarben unaufdringlich sind und Lust machen, die Klangrevue vom Charme des Beiläufigen zu befreien und tief im Unterbewusstsein schlummernde Erinnerungen freizusetzen.
„Electric Eye“ besitzen Fähigkeiten, lebendige Bilder im Kopf zu erzeugen, eindrucksvoll und spannend.
Da der letzte Track auf unheimliche Weise in die Leere des Raumes abdriftet, wird man daran erinnert, dass vierzig Minuten im Handumdrehen um sind.
Also, den Plattenteller anschmeissen und die Fahrt neu beginnen.
Eines der besten Psych Alben der letzten Zeit, mit einer unglaublichen Klanglandschaft und der Suche nach einer anderen Sonne!…..(charly)
Das Album erschien am 5. Februar 2016 via Jansen Plateproduksjon/Broken Silence als LP, CD, MC, DIGITAL.
Line-up:
Øystein Braut – Guitar, vox
Njål Clementsen – Bass. vox
Anders Bjelland – Keys
Øyvind Hegg-Lunde – Drums
Tracklist:
01 – Silent By The River (5:05)
02 – All Of This Has Happened Before And Will Happen Again (6:12)
03 – Mercury Rise (5:22)
04 – Bless (4:14)
05 – Heavy Steps On Desert Floor (7:43)
06 – Never Fade Away (3:58)
07 – Part One (6:08)
https://electriceye.bandcamp.com/album/pick-up-lift-off-space-time
https://www.youtube.com/watch?v=LGMhFxIvoRw
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