…mit Motorowl, No Man´s Valley, Stubb und Giöbia
(ro) „Es gibt eine Änderung im Programm,“ so erfuhr ich gleich schon am Eingang des „Vortex“. Und als ich mir dann den Hinweis an der Tür näher anschaute, stellte ich fest, dass der (heimliche) Headliner des „Freak Valley Refueled“, nämlich „Giöbia“, nicht wie angekündigt, um prominente 19:30 Uhr die Besucher erfreuen würde, sondern als Schlußact, nämlich ab 23:30 Uhr.
Auch „Gorilla“ waren verhindert, statt dessen gab es „Motorowl“ zu sehen.
Dass dieser „Ersatz“ beileibe kein Ersatz war, zeigten die thüringischen Motoreulen pünktlich um 19:45 Uhr, als sie vehement auf die Bühne traten und in kürzester Zeit das Publikum vor dieselbe lockten.
Sogar die, die es sich in der schwülen Abendsonne vor dem „Vortex“ und auf den angrenzenden Grünstreifen, Treppen und Bänken gemütlich gemacht hatten, erhoben sich nach und nach, um zu schauen und zu hören.
Oh ja, dieses Power-Quintett rockte hart, kitschfrei, satt und echt tönend mit viel Biss durch die Lieder, inklusive ausbalancierter Licht- und Nebelshow.
Den Gig im Vortex, so hörte ich, hatten „Motorowl“ noch fix in ihren eigentlichen „Ruhemonat“ reingeschoben und das war auch gut so.
In der Tat.
Denn ihre klanggewaltigen Songs, die wir von ihrem Debüt-Album „Om Generator“ kannten, pendelten zwischen Seventies-Psychedelic-Retro und eindringlicher Doom-Wucht hin und her.
Packend, einfallsreich, äußerst unterhaltsam und richtig heavy.
Dazu gab es einen partiell exzessiven Schweineorgel-Hammond-Einsatz, der nicht nur mich immer wieder von Neuem mitriss und staunen liess.
Dabei verloren die Jungs nie das große Ganze aus dem Augen, der Mix kam durchgehend druckvoll und stimmig rüber.
Oh Yeah…, „Motorowl“ zogen ihr Ding perfekt durch.
Genau so sollte es sein.
War es also ein Wunder, dass sich das Publikum sogleich von dieser post-rockig-atmosphärischen Eindringlichkeit und Dichte gefangen nehmen liess?
Puh…danach war erst einmal das ein oder andere kühle Getränk und frische Luft angesagt.
Wir begaben uns zur „Lounge“, die mit schnuckeligen Palettensofas und bunten Kissen ausgestattet war und zum entspannten Verweilen einlud.
Leider war dort alles, aber auch wirklich jede noch so kleine Ecke, besetzt, so dass wir uns in Richtung Bahngleise begaben, um uns dort im Schatten eines Betonbauwerkes ein wenig abzukühlen.
Die nächste Band, „No Man´s Valley“ aus den Niederlanden, hielt die schwüle Stimmung mit gedämpftem Gesang, hypnotischem Bass, bluesiger Hammond Orgel und schmachtender Gitarre weiterhin permanent aufrecht. Es entstand eine perfekte Symbiose. D
er unverkennbare Einfluss der frühen Jahre wurde mit ungeheurer Intensität und Vitalität gespielt,
„So manche Sequenzen erinnern mich stark an die Doors, insbesondere der Orgelsound von Ruud van den Munckhof. Da taucht Ray Manzarek vor meinem geistigen Auge auf “, bemerkte mein Kumpel Volker beeindruckt und zückte seine Kamera.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass die tollen Fotos, die diesen Artikel so hervorragend bebildern, von ihm sind – vielen Dank dafür, Volker!
Die Setliste des Quintetts „No Man´s Valley“ enthielt zum größten Teil Songs ihres ersten Longplayers „Time Travel“. Ich stellte fest, dass es eine Menge Musikliebhaber im Publikum gab, die sich vom aufreizenden Groove, von der wabernden Dichte und der Dramatik mitziehen liessen und völlig entrückt das Tanzbein, die Arme und/oder den Kopf schwangen.
Die nachfolgende Pause konnten wir uns wunderbar damit vertreiben, indem wir zum wiederholten Male das ein oder andere eisgekühlte Getränk orderten, dann mit diesem oder jenem Gast auf den schönen Abend anstießen, über dies und das plauderten und uns mit einem Thunfischbaguette stärkten.
Aber dann, bei den ersten Tönen von „Stubb“, ging es wieder hinein in den temperaturmäßig immer weiter aufgeheizten Saal und in eine Luft, die man mittlerweile fast in Stücke schneiden konnte.
Ich stand einige Meter vor der Bühne, schön mittig, natürlich.
Zunächst erklangen lediglich eine Art mystischer Geräusche, bevor Jack Dickinson mit seiner warmen Fuzz-Gitarre alleine loslegte und schließlich von dem monströsen schnellen und harten Schlagzeug von Tom Fyfe eingeholt wurde.
Dann begann quasi ein fulminanter Höllenritt, von dem man fast meinen konnte, vom Himmel hagele es Pflastersteine.
Natürlich wurde dieser Knüller immer wieder unterbrochen, nur um im Anschluss daran doppelt so hart loszudonnern.
Yeah…das bretterte gut.
Temperamentvoll und aufregend und immer wieder überraschend war das. Es passte einfach alles zusammen.
Und irgendwann hatte ich das Gefühl, der Boden unter meinen Füßen beginne zu schwanken.
Keine Frage, die drei Jungs von Stubb sind eine gnadenlos gute, druckvoll-melodische Live-Kapelle, die mit mit Seele, Mut und Originalität agiert und die weiß, wie man die Leute zum Kochen bringt.
Auch wenn sie nicht unbedingt etwas Revolutionäres neu erfinden wollen, sondern auf den guten alten schweißtreibenden Heavy-Blues Rock, gemixt mit Psych a`la Jimi Hendrix, Black Sabbath oder Cream setzen – hier zählen Leidenschaft mit vollem körperlichen Einsatz.
Wenn das nichts ist!
Viel zu früh kam dann das Schlußlied, von dem ich erst gar nicht mitbekam, dass es schon das Schlußlied war. Plötzlich war Ende. Wie, jetzt schon?
Es war doch gerade mal eine Stunde oder so oder ein bisschen länger her…..naja, leider vorbei. Wie schade!
Denn diese Londoner waren einfach extrem unterhaltsam!
In der Pause benötigten wir dringend wieder eines dieser hervorragenden Getränke, das zügig und freundlich serviert wurde.
„Sind sie nun live besser als auf CD?“
Die drei jungen Menschen hinter mir waren sich nicht ganz einig: In jedem Fall seien „Giöbia“, eine richtige tolle Live-Kapelle, das blieb so stehen, gegen Ende dieses Abends.
Außerdem seien sie als Schlußact perfekt, sozusagen ein würdiger Abschluss.
Mittlerweile war es fast schon Mitternacht und wir saßen draußen unter Bäumen, umgeben von noch immer sanfter sommerlicher Wärme.
Die Eiswürfel in unseren Gläsern klirrten und wir überlegten, ob es sinnvoll wäre, sich mehr musikalische Aufarbeitung des gegenwärtigen Irrsinns dieser Welt zu wünschen oder ob es einfach nur Momente braucht, in denen Terror, Trump und Krieg keine Rolle spielen.
Und dann schlenderten wir wieder hinein und ab ging die Post.
Wie aus einem Guss spielten die vier Mailänder von „Giöbia“ ihre kaleidoskopische Mischung aus schwer psychdelischem Spacerock, Acid Rock und Krautrock, der in den späten 60ern beheimatet zu sein schien – und was soll ich sagen, Freunde?
Das war höchst intensiv und authentisch!
Sphärische Entrücktheit wechselte sich mit bis zum Schwindel austobenden, geradezu ekstatischen (Tanz)-passagen ab.
Dazu waberte es und rauschte, um zum Hineingleiten in phantastische Welten einzuladen.
Eine Augen- und Ohrenweide allein die wunderhübsche Keyboarderin Saffo, die, ganz in schwarz gekleidet und mit blutrot glänzenden Lippen, gekonnt und extrem cool einige der Zutaten für diesen dichten, musikalischen „Drogencocktail“ anrührte.
Und auch die Kerle waren nicht schlecht, natürlich nicht, allen voran Bazu, dessen verfremdeter Gesang klang wie irgendwo im pulsierend knisternden Kosmos oder vom anderen Ende eines Tunnels her aufgenommen.
„Giöbia“ spielten Song nach Song in einem bunten und schwirrenden Sound der schönsten Neo-Psychedelic-Rock-Varianten, voller Hall und Echo – so als wollten sie nie aufhören und immer auf der Bühne bleiben.
Oh ja, auch wenn der Juli noch nicht mal rum ist: es war für mich einer der schönsten Konzertabende in dieser schönen Stadt mitten in der Provinz….(…Rosie..)
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