(hwa) Manchmal denkt man, dass die Zeit nur so rast. Soo lange alles schon wieder her? Jaa, durchaus! In diesem Falle das sagenumwobene PRAHA-Album. Ein Mitschnitt, der durch seine Mund-zu-Mund-Propaganda zusammen mit einem fantastischen Bootleg zur Legende wurde …
Nach Abhören dieser restaurierten Fassung (Im Folgenden als TPMTHG-PRAHA-Album abgekürzt) wurde ich mal wieder zum Zeitreisenden. Das Gefühl von grenzenloser Freiheit kam wieder hoch. Es war die Zeit des Auf- und Umbruchs und das Ende des Eisernen Vorhangs.
Und genau von da heraus strahlt das PRAHA-Album mehr denn je. Es war ein Livekonzert, das alle, die in Prag vor Ort waren oder danach in den Besitz des Bootlegalbums kamen, enorm beeindruckte.
Ich bin erklärter Fan der Electric Family und von Tom Redecker. Von daher sollte es niemanden wundern, dass ich insbesondere auch das PRAHA-Album auf den Schild heben möchte. Redecker ist ein Tausendsassa. Insofern ist TPMTHG nur EINE Facette unter Toms spannenden anderen Bandprojekten.
Apropos Tausendsassa: Tom ist zusammen mit Lothar Gärtner ja auch Gründer von Sireena Records und zudem im Erfinden außergewöhnlicher Künstlernamen unschlagbar. Ich habe jahrelang herumgerätselt, was es mit der Bedeutung von „The Perc“ auf sich hat. Tom hat es mir erzählt. Es ist dem Grunde nach „nur“ die Abkürzung von Perculator, der Kaffeemachine. Tom war wohl damals geradezu süchtig nach Kaffee…
PRAHA hat mich enorm berührt. Kann mit dem geschichtlichen Mauerfall und dessen unbestreitbarem Schneeballeffekt zu tun haben. Aber auch mit dem unvergleichlichen Timbre von Tom Redecker und dem, was seine Bandkollegen als New Psycho/Stoner Folk-Band an diesem Abend in Prag zum Besten gaben. Genau genommen zum Allerbesten aller!
Ein atmosphärisch dichtes und zeitloses Album– es beamt dich quasi in eine andere Dimension. Man kann sich der überspringenden Magie zwischen Band und Publikum nicht entziehen.
„Prag war eine geile Party“, schreibt Tom Redecker. „Ein paar Monate später kommt Emilio mit einem Mitschnitt unseres Prager Konzerts auf Vinyl aus einem Berliner Plattenladen zurück. Der Sound war exzellent. Wir kontaktierten die Bootlegger, autorisierten den Mitschnitt und einigten uns auf einen Preis für den Rückkauf der restlichen Auflage.“
Also kein Anwalts-Hickhack, sondern eine faire Problemlösung, mit der beide Seiten gut leben konnten. Ich frage mich halt nur, wo diese fantastische Livequalität hergekommen sein mag? Zumindest mitten von der Bühne und dem entsprechenden Soundboard bzw. Mischpult, that’s for sure.
Also doch vielleicht ein indirekt abgesprochener Coup? Die Qualität des Mitschnitts ist jedenfalls sakrosankt. Viel zu gut, um purer Zufall zu sein.
Sei es, wie es sei: Ich ziehe den Hut und freue mich mit vielen neuen Followern über diese Neu-Edition auf CD. Panta rei – alles fließt.
(Heinz W. ARNDT)
Lineup:
Tom „The Perc“ Redecker – Acoustic Guitar, Vocals
Emilio “The Hidden Gentleman” Winschetti – Vocals
The Lavender Orchestra:
Jochen Schoberth – Electric Guitar
Harry Schröder – Bass Guitar
Birdbox – Percussion, Backing Vocals
Frank Jelitto – Drums
Reverend Eric Huhn – Keyboards
Bo Kondren – Sound
Matzko Konrad – Lights
Setlist:
01. Orpheus Rising
02. The Lavender Cantos:
Part One: Vermillion Sands
Part Two: Himinam Ana Airthai (Deutsch: „Der Himmel auf Erden”)
Part Three: Seven Flags On The Peak
03. This Moon Of Both Sides
04. Man-I-Toba
05. Bronx Vanilla
06. Respekt & Devotion Part One
07. Hotel Of Empty Souls
08. Heya
09. Swallow Me Blind / Passah People (Bonustrack)
The Perc Meets The Hidden Gentleman & The Lavender Orchestra “PRAHA 1992”
Tribal Stomp Records TS 521 / Im Vertrieb von Cargo Records
Dezember 2017
Filed under: Album Reviews, Classic Rock, Folk, Psychedelic, Stoner, The Perc Meets The Hidden Gentleman + The Lavender Orchestra