Acoustic Delta Blues aus Kopenhagen
(ro) Es war ein seltsames Jahr, das Jahr 2020, das ausnahmslos jeden von uns auf die eine oder andere Art heftig forderte und das mit Sicherheit niemand jemals vergessen wird.
Big Creek Slim, ein leidenschaftlicher Blues-Mann aus Dänemark, bestätigt dies auf musikalische Weise mit seinem Album „Twenty-Twenty Blues“ und sagt dazu wie folgt: „A reflection on a year we’ll never forget.“ Dann setzt er hinzu: „If there was ever a year to have the blues…“
Wer würde dem nicht zustimmen?
Big Creek Slim befand sich in diesem Zeitraum unter Quarantäne in einem der Corona-Epizentren, nämlich in Brasilien, in dem das Sars-CoV-2 besonders heftig wütete.
Dort lebte er in einer Umgebung voller „Polemik, Langeweile, Paranoia, Einsamkeit, Verzweiflung und schwindenden Hoffnungen, mit denen jeder Einzelne von uns zu kämpfen hatte.“
In dieser extrem angespannten, intensiven Situation schrieb Big Creek das Material für „Twenty-Twenty Blues“.
In den dreizehn akustischen Songs, die auf diesem hervorragenden Album zu hören sind, wird dem Hörer/der Hörerin authentischer Country-Blues aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und der frühe Chicago Blues à la Charley Patton, Robert Johnson und Bukka White etc. präsentiert.
Jeder einzelne Track ist ein Original von Big Creek Slim, mit spürbarer Hingabe und nur mit Gitarre und Gesang vorgetragen, aufgenommen in einer einzigen Session und möglich gemacht durch eine crowdfunding-Kampagne.
Das durchdachte, kluge und sensible Songwriting lässt durchweg aufhorchen, denn Big Creek zieht hier einerseits eine schonungslose und konsequente Bilanz von all dem, was er in dieser Zeit sah und erlebte, so z.B. in dem kraftvollen und eindringlichen Titelsong „Twenty-Twenty-Blues“, in dem der Mord an George Floyd zitiert wird.
„The year gave birth to so much polemics,“ erzählt Big Creek Slim,“ I have never experienced anything like it. The killing of George Floyd and the reactions that followed, the old wound of the American population that started bleeding again in the U.S., but certainly also in Brazil and other former colonies, gave us all reason to reflect.“
Andererseits beziehen sich nicht alle Songs auf aktuelle Situationen, denn das Album enthält auch so aufhorchen lassende Tracks wie „Little Wheel Rag“ und „Up in Smoke“, die an das Ragtime Erbe von Künstlern wie Blind Boy Fuller (1907 – 1941), Gary Davis (1896 – 1972) und an andere einflussreiche und technisch herausragende Blues Gitarristen und Sänger anknüpfen.
Insgesamt ist dies ein absolut großartiges Blues-Album voller Tiefe, Hingabe und Wahrheit, das sich beileibe nicht um angesagte Trends kümmert, sondern eigene Standards setzt.
Zum Glück!
Denn es ist die Authentizität, die Leidenschaft und die Intensität, mit der Big Creek Slim es schafft, den Hörer/die Hörerin zu berühren und gleichzeitig motiviert in die Welt zu entlassen, um unerschrocken etwas gegen die Ungerechtigkeiten, Gewalt und Diskriminierung zu tun.
..(..Rosie..)..
Songliste:
1. Twenty-Twenty Blues (3:59)
2. The Goddamn China Cough (3:03)
3. Little Wheel Rag (3:51)
4. Gotta Go Somewhere (2:47)
5. Mama Got Me Sweepin‘ (4:13)
6. Those Same Old Blues (4:36)
7. Up In Smoke (3:07)
8. Fishin‘ In My Pond (4:06)
9. That Medicine Show (3:00)
10. Going Back To Dimbo (4:00)
11. Black And White Blues (3:58)
12. I Flipped A Coin This Morning (3:39)
13. The Great Division (3:06)
http://www.bigcreekslim.dk
Label: Straight Shooter Records
Fotos: Michell Smedegard Boysen und von der website
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