Eine EP mit fünf Songs vom Weitergehen
(ro) Vielleicht wird der ein oder andere treue Leser dieses Blogs schon bemerkt haben, dass ich ein ziemlicher Fan von Wolfgang Becker und seiner Band „Schwarzbrenner“ bin. Deren Alben stellen für mich stets einen uneingeschränkten Genuss dar.
Anlässlich der vorangegangenen CD „Herbes Glück“ schrieb ich dies: “Herbes Glück” ist eine sehr nachdenklich fühlende Platte, deren Zärtlichkeit mitunter auch trügerisch scheint. Weil die Emotionen zwischen Nähe und Distanz changieren, weil die gewählte Ästhetik sowohl bitter als auch süß schmeckt.“
Und nun liegt „Unterwegs“ auf meinem Tisch, ein mit fünf Liedern und knapp über 21 Minuten Laufzeit kurz und bündig gehaltenes Werk.
„Unterwegs“ ist eine EP, die sich einmal mehr als ein sanfter Sinneskitzler und Seelentröster zeigt. Weil sie so echt wirkt, das Herz rührt und es an manchen Stellen auch fast bricht. Kurzum, sie erweist sich als die Sorte Platte, die das letzte Mosaiksteinchen beschert, um mit dieser so vertrackten Welt in Einklang zu kommen. Wenigstens für eine gewisse Zeit.
Das erste Lied eines Albums ist immer auch ein Versprechen, dass das, was da noch folgt, die Zeit und Aufmerksamkeit wert ist. Und da ist für mich der Opener „Gen Norden“ ein Auftakt, der fast so wirkt, als hätte man beim Stöbern auf dem Speicher einen alten Gedichtband gefunden, in den es nun einzutauchen gilt.
Gleich in den ersten Zeilen sieht man sich hier mit düster-expressiven, episch-wuchtigen Bildern konfrontiert. Dem Gänsehaut erzeugenden Text des leider viel zu früh verstorbenen expressionistischen Dichters Georg Heym steht hier die karg-schöne Instrumentierung Wolfgang Beckers und Christoph Keisers gegenüber. Der subtile, warme Gesang des Wolfgang Becker, der sich weder in Larmoyanz noch in melodramatischen Ausbrüchen ergeht, überzeugt den Hörer/die Hörerin dann vollends.
Der Song „Wann werde ich gehen“, mit einem Text von Andreas Hähle, ist ein ungemein hintergründiges, fein justiertes Werk, das die Endlichkeit eines jeden Lebens beinhaltet und in dem Gefühle schon mal durch einen Vexierspiegel gezeigt werden.
Wenn es heißt: „Verborgen in den Herzen – So viele Lieben, die gewesen sind – Verdorrt mit Schmerz das Scherzen – Der schönen Tage, die vergessen sind…“ durchschreitet man in melancholischer Ergriffenheit fast ein Tal der Tränen. Dies aber nie gramgebeugt, sondern vielmehr offenen Blickes und in aufrechter Haltung. Dabei nimmt man sich vor, ab sofort jedwede Lethargie abzuschütteln und allen Irrwegen abzuschwören.
Ein sachter, elegischer Wohlklang durchzieht die CD von Anfang bis Ende. Nachdenkliche Lieder für stille Stunden sind das, mit reduzierten, aber fein durchdachten Arrangements.
In den eindringlichsten Passagen, wie z.B. bei „Mit den fahrenden Schiffen“ gleicht sie sogar einer zärtlich geflüsterten Resignation, jedoch ohne in die Rührseligkeit abzudriften: „Manchmal ist Deine Stimme – Die im Winde verstreicht- Deine Hand, die im Traume – Rührt die Schläfe mir leicht – Alles war schon vorzeiten – Und kehret wieder sich um – Geht in Trauer gehüllt – Streuet Asche herum.“
Oh ja, einfach wunderbar…..(….Rosie…)
Die EP, die in einem schön gestalteten schlichten Digipack daherkommt, kann man z.B. hier bestellen:
http://www.amazon.de
Alle Texte gibt es auf http://www.songs.beckerkeisers.de
Songliste:
1.) Gen Norden // 2.) Schicke mir ein Licht // 3.) Hallo Leben // 4.) Wann werde ich gehen // 5.) Mit den fahrenden Schiffen
Wolfgang Becker: Gesang, Gitarren, Mandoline
Christoph Keisers: Percussion
Alle Kompositionen: Wolfgang Becker
Texte: Georg Heym, Andreas Hähle, Sarah Schirm
Fotos: Michael Nacke
Design & Layout: Marcel Höhne
Aufgenommen und produziert wurden die Songs mit und bei Wanja im Pavianstudio Hamminkeln
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