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Erja Lyytinen – Stolen Hearts

Moderner Electric Bluesrock aus Finnland
(ro) Erja Lyytinen, geboren 1976 in Kuopio, Finnland, legt mit „Stolen Hearts“ ihr mittlerweile sechstes Solo-Album auf den Tisch.
Und was für eines!
Diese CD ist in meinen Ohren ein ganz großer Wurf.
Erja und ihren Mitstreitern Davide Floreno (guit), Harri Taittonen (key), Juha Verona ( b), Kai Jokiaho ( dr) und Miri Miettinen (dr) gelingt ein unverwechselbarer, höchst eingängiger Sound, der die große Emotion perfekt untermalt, sowie Sehnsucht, Schmerz, Angst, Frust und Verlangen abbildet.

Der Titel lässt ein klares Konzept vermuten, beispielsweise eine melancholische Auseinandersetzung mit der Liebe im Allgemeinen oder im Speziellen, oder mit Krisen ausgeprägter Schicksalsschwere. Dennoch ist die Überschrift über diese elf Songs eher als kleinster gemeinsamer Nenner zu verstehen. Ja, die Tracks sind allesamt von großer Emotionalität getragen. Aber nein, sie sind nicht als eine die tiefsten Seelenwinkel ausleuchtende Selbstbeschau zu begreifen.

Die Arbeit an ihrem neuen Album beschrieb Erja selbst als „ – das Ergebnis schwieriger Zeiten, die voll waren von Herzschmerz, Frust, Enttäuschung, Verlustangst und zur gleichen Zeit tiefster Liebe.“

Auf „Stolen Hearts“ zeigt sich die fantastische Frau Lyytinen, im Jahre 2014 von Großbritanniens „Blues Matters-Magazin“ zur zweitbesten internationalen Blues-Solokünstlerin gekürt,  nun einmal von einer etwas anderen Seite.
Der klassische Blues ala Elmore James oder Fred Mc Dowell hält sich diesmal leise im Hintergrund.
Statt dessen wird eine Kombination aus Roots-Blues, härter rockenden Gitarrenimpressionen und wunderbaren Soli an den einzelnen Instrumenten geboten.
Mit viel Power und ohne irgendwelche bunte Zirkusnummern zündet Erja Lyytinen hier ein prasselndes Feuer an.
Bietet dazu eine wunderbare Gitarrenarbeit und einen klasse Gesang – und dies alles im Einklang mit der emotionalen Botschaft der Musik. Wunderbar!
Sehr schön finde ich auch, dass die Hammond-Orgel umfangreich zum Einsatz kommt.

„Ich hatte das Gefühl,“ sagt Erja Lyytinen selbst, „dass alles stimmte, um etwas wirklich Besonderes und Neues zu machen.“
Und das ist ihr in der Tat gelungen.

Schon der Eröffnungs-Titelsong „Stolen Hearts“ hat es in sich.
Eine äußerst wirksame Melodie, unangestrengt kraftvoll, voller Intensität und mit einem starkem Spannungsaufbau versehen, trifft auf authentisches Songwriting.
Scheint Glück nicht von Dauer zu sein? Und wie geht man mit der Flüchtigkeit von Liebe um? Und doch brennt in Erjas Erzählung ein Feuer, das Hoffnungslosigkeit zu überwinden trachtet und einem guten Ende entgegenfiebert.

Der Track „Love Laboratory“ ist eine Mischung aus kühlen Blues gemischt mit Funkiness, der mit herrlichen Drums und Bass-Linien begeistert. Cool und lässig klingt das und gleichzeitig strotzt es nur so vor Vitalität.

Erwähnen möchte ich auch den Song „Black Ocean“, ein sieben Minuten langes, unheilvolles, herbes Highlight, in dem Frau Lyytinen`s musikalische und stimmliche Fähigkeiten perfekt zum Tragen kommen.
Ein Lied, in dem voller Emotionalität mit dem langsamen Verbrennen der Liebe und schwindenden Gefühlen jongliert wird, umhüllt von einer zwischen Unheil und Hoffnung schwankenden Aura.
Jedoch steht allen Selbstzweifeln und Schuldgefühlen, die man unter Umständen als Stereotype wegwischen möchte, eine gehörige Portion Selbstbewusstsein entgegen, die sich immer wieder lautstark entlädt.
Oh ja, es ist eine ganze Menge, was sich unter der Oberfläche eines „Black Ocean“ verstecken kann.

Last but not least ist hier mein ganz persönliches Highlight dieses Albums:
Nämlich der leise und anrührende Slow-Blues „Slowly Burning“.
Eine herzerwärmende Ballade für langgedehnte Dämmerstunden, wenn das Licht partout nicht weichen will.
„Feuerzeuge raus,“ sag ich da nur.
Oh ja, sehnen und suchen kann so schön sein.

Solche wahren, naturbelassenen Songs, flüssig und voller Ideen,  so etwas wünscht man sich.
Immer und viel mehr.
Besonders wenn sie auf diesem handwerklich hohen Niveau geboten werden.
Denn wer braucht schon ewig gleiche Dutzendware oder Schnickschnack ?

Ja, ich muss schon sagen, Erja Lyytinen`s auf großem Talent zurückzuführende Qualitäten verdienen uneingeschränkte Bewunderung. Mindestens so sehr wie der Umstand, dass sie sich stets mit den richtigen Leuten zu umgeben weiß.
Das Zusammenspiel mit ihrer vorzüglich agierenden und fantastisch eingespielten Band ist unüberhörbar von gegenseitigem Respekt und zugewandter Freundlichkeit gekennzeichnet.

Am Gelingen des Albums hat natürlich auch der mit mehrfach Platin ausgezeichnete Produzent Chris Kimsey , der vor allem für seine Arbeit für Klassiker wie „Sticky Fingers“ und „Some Girls“ von den Stones bekannt geworden ist, einen keinesfalls zu unterschätzenden Anteil.
Ebenso, dass das Mastering in den weltbekannten Londoner „Air Studios“ von Ray Staff gemacht wurde.

„Stolen Hearts“, da brauche ich gar nicht lange diskutieren, zählt für mich auf jeden Fall zu den diesjährigen Leuchtzeichen des Blues / Bluesrock-Genres.

Songliste:
01. Stolen Hearts // 02. Rocking Chair // 03. Love Laboratory // 04. 24 Angels // 05. Black Ocean // 06. Slowly Burning // 07. Lover’s Novels // 08. Silver Stones // 09. Awakening // 10. City Of Angels // 11. Broken Eyes

Die Musiker:
Erja Lyytinen: Vocals, Gitarren
Davide Floreno: Gitarren
Harri Taittonen: Keyboards, Hammond, Klavier
Juha Verona: Bass
Kai Jokiaho: Schlagzeug
Miri Miettinen: Schlagzeug

Label: Tuohi Records

Foto Nr. 2
© Laurence Harvey

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