(as) Bei Crimson Oak geht es offensichtlich bedachtsam zu. Die Band veröffentlichte 2016 zwei EPs, ein erstes Album erschien 2020, und nun liegt wieder vier Jahre später der Nachfolger vor. „Willow“ bringt den Classic Rock der Fuldaer in weiter verfeinerter Form zu Gehör, wobei man den Musikern mittlerweile schier fabelhafte kompositorische Fähigkeiten bescheinigen darf.
Obwohl die Gruppe betont, kein Konzeptalbum geschrieben zu haben, handelt es sich um ein von vorne bis hinten stringentes Werk, beginnend mit dem stimmungsvollen Artwork über die Songtexte hinweg, die das Thema Weiblichkeit als schöpferische Kraft und Gegenpol zu oft fehlgeleiteter Männlichkeit im Sinne eines roten Faden durchzieht, bis zur Musik natürlich, die keinen angestaubten Sound hat (Mix und Mastering übernahm Grobschnitt-Eroc), aber dennoch alte Tugenden hochhält.
„Willow“ wirkt auch wegen seines dezenten Blues-Einschlag an vielen Stellen klassisch. Quasi im Geist des Progressive Rock gibt es Tempowechsel und weitläufige Melodiebögen, für die das im letzten Drittel in rasanten Heavy Metal umkippende ‚Abigail‘ sowie das sich abwechselnd wiegende und treibende ‚Pictures of a Love Affair‘ exemplarisch stehen – alles zusammengehalten von hingebungsvollen Vocals, als müsste man der oft zynischen Gegenwart etwas völlig unironisch Leidenschaftliches entgegensetzen.
Und dann strotzt „Willow“ vor Details, etwa wenn in ‚House Of Flies‘ eine zarte Bridge mit Strings und unverzerrten Gitarren die an sich kraftvolle Gangart konterkariert oder dezente Orgel-Einlagen und Percussion-Parts (‚Crimson Sky‘) zum Besten gegeben werden. Das alles geschieht mit beeindruckendem Feingefühl, wobei aber auch Platz für kompakte Rocker wie ‚Sticky Fingers‘ oder den mal aggressiven, mal schummrigen Rausschmeißer ‚Ada‘ ist. ‚Midnight Express‘ und das Titelstück ‚Willow‘ rocken ebenfalls ziemlich geradlinig, die sehnsüchtigen Refrains gehen wiederum nicht zuletzt aufgrund des zuweilen chorisch aufgenommenen Gesangs unter die Haut.
Crimson Oak sind wirkliche Spitzenmusiker mit einer unverbraucht wirkenden Lesart von klassischem Hardrock, die man im Grunde auf Händen durch eine von viel Durchschnitt verstopfte Szene tragen müsste. Einer meiner Überraschungshits des Jahres 2024!
VÖ: erschienen / Tonzonen/Soulfood
crimsonoak.bandcamp.com/
Emanuel Lemnitz, Johannes Labsch – Gitarre
Dennis Wössner – Bass
Aaron Wehner – Schlagzeug
Florian Labsch – Gesang
House of Flies
Midnight Express
Willow (Unknown and Virgin)
Abigail (Tales of the Circle)
Sticky Fingers
Pictures of a Love Affair
Crimson Sky
Ada (Raise Your Fist)
Andreas Schiffmann
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