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Rickshaw Billie’s Burger Patrol & Green Milk From The Planet Orange – Intergalaktisches Riffmassaker in der Trompete Bochum am 22.05.2025

(pe) Bochum, Donnerstag, Trompete – Der Abend begann harmlos. Ein paar Bier, ein paar Leute, der typische Ruhrpott-Chic irgendwo zwischen Bandshirt und gepflegter Kapuzenpulli-Melancholie. Doch dann fielen sie ein: Zwei Bands, wie aus völlig unterschiedlichen Galaxien – und doch vereint in dem Ziel, das kleine Universum der Trompete in seine molekularen Bestandteile zu zerlegen.

Am Wochenende zuvor erst hatte ich beim Sonic Whip-Festival in Nijmegen beide Bands zum ersten mal gesehen und war in beiden Fällen nicht auf das vorbereitet, was mir dort um die Ohren fliegen sollte. Und beide Bands ließen mich irgendwie ratlos und sprachlos, gleichzeitig aber tiefglücklich und mit gewecktem Durst nach „Mehr davon!!!“ zurück. Als ich von meiner Schwester darauf aufmerksam gemacht wurde, dass beide Bands als Doppelpack ein paar Tage später quasi „umme Ecke“ in der Bochumer Trompete gastieren würden, war klar: dem werde ich mich nicht entziehen können!

Vorspeise aus dem All (bzw. Tokio/Japan): Green Milk From The Planet Orange – Die Space-Psych-Oper

Den Auftakt machten Green Milk From The Planet Orange, Tokios extraterrestrische Prog-Psych-Formation, die auf die Bühne trat wie eine Offenbarung aus einem Paralleluniversum, in dem Captain Beefheart und Sun Ra gemeinsam Captain Future vertonen.
Spielten sie bei ihrem etwas längeren Set in Nijmegen noch zu Beginn arg mit atonalen Klangexperimenten und brachten mich erst später in den wohlgeliebten Livemusik-Flow, so packten sie hier in Bochum sofort die „Wir bringen Deinen Körper zum Zappeln“-Peitsche aus und groovten fast krautartig in stark repetitiven Gitarren- und Bass-Rhythmen mit exzentrischen Ausbrüchen an der E-Gitarre los und verwandelten die Bühne in einen Altar aus Effektpedalen, Kabeln und kosmischer Konzentration.

Bassist „Damo“ und Gitarrist „dead k“ klebten dabei (oder wurden von der Schwerkraft hineingedrückt – man weiß es nicht…) fest an ihren zwei aufgebauten Klappstühlen, währen Drummer „A“ im Hintergrund wie ein Dirigent mit großen Körpergesten und changierend zwischen leisem Becken-Streicheln und brachialer Trommelfell-Verprügelung (sowohl was sein eigenes Material, als auch was die Gehör-Physis der Anwesenden angeht!) mit unglaublich schneller technischer Versiertheit.

Was wir erlebten, war keine bloße Performance, sondern eine Dimensionsexpedition. Ihre Songs mäanderten durch chaotische Jazz-Kaskaden, psychotischen Noise-Rock und ausufernde Prog-Strukturen – als hätte man Mars Volta, King Crimson, Minami Deutsch und Acid Mothers Temple in eine Raumkapsel gesteckt und auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt.

Insbesondere das letzte, als „epischer, 22-minütiger Progrock-Song“ angekündigte Stück riss das Publikum in mehrsätzigen Klangwellen mit sich. Trotz aller strukturellen Eskalation spielte das Trio so tight, dass man meinen konnte, sie seien telepathisch verbunden – und doch blieb alles lebendig, fließend, pulsierend. In der lang aufgebauten Klimax schließlich überwanden selbst die beiden Protagonisten vor dem Schlagzeug die Schwerkraft, sprangen auf ihre Klappstühle und rissen ihre Instrumente zwischen superverzerrter Kakophonie und Schreieinlagen, die einem vom Haaransatz bis in den kleinen Zeh durch den sich in Defcon 4 befindenden Körper gingen, gen Decke und man erwartete wirklich fast, dass diese sich gleich öffnen und die Band in gleißendem Licht zurück ins All gesaugt würde.

 

Hauptgang aus Austin, Texas/USA: Rickshaw Billie’s Burger Patrol – Muskel, Mosh, Mustaches

Nach einer verdienten Umbaupause und dem kollektiven Sortieren der Synapsen stürmten Rickshaw Billie’s Burger Patrol die Bühne – und mit ihnen der dreckige, groovige Gegenentwurf zur japanischen Klangraumschiffahrt. Der Name ist so absurd wie ihr Sound fett ist: fuzziger Doom trifft funkige Heavy-Riffs, angereichert mit Sludge, Punk-Energie und einer gehörigen Portion Cheeseburger-Attitüde.

Frontmann Leo Lydon, bewaffnet mit einer ultratiefverzerrten 8-String und gekleidet in Shorts , T-Shirt, lange schwarze Socken in weißen Sneakers und lässiges Käppi auf der Manta-Mähne und mit der Ausstrahlung eines rotzfrechen Schulrabauken im All-you-can-riff-Modus brüllte, sang und lachte sich mit unerwartet hoher Beastie-Boys-Stimme durch Songs wie „I´m The Fucking Man“, „Body Bags“, „Dickhead“ oder „In The Jar“. Die Songs dauern dabei oft nicht länger als 2 Minuten – was gut ist, um mal fix wieder den tiefvernickten Kopf ins obere Drittel des Raumes zu wuchten und nach Sauerstoff zu schnappen.

Ich weiß nicht wirklich, wie – aber irgendwie schaffen die Jungs es, Leo Lydons Stimme und seine gnadenlos tiefstverzerrten 8-String-Orgien mit Aaron Metzdorfs meisterhafter Akkordarbeit am Bass und Sean St. Germains treibendem Schlagzeugspiel zu einem, melodischen Gesamtkunstwerk zu vereinen – trotz des Gefühls, sich dauerhaft direkt gegen die gezündeten Düsen eines Airbus A380 zu lehnen mit der vielleicht nicht ganz unbegründeten Angst, dass die Ohren jeden Moment vom Kopf abreißen könnten…

Das Publikum? Erst staunend, dann mit Vollgas in Banger-Bewegung. Der Moshpit? Klebrig, wild, herzlich. Man spürte: Diese Band spielt nicht einfach, sie haut dir das Grillgut direkt ins Gesicht – mit extrascharfer Barbecue-Sauce!!!

Was dieses Doppelkonzert zu etwas derart Besonderem machte war der perfekte Kontrast: Nach der geistigen Entkoppelung durch Green Milk folgte auf dem Fuße die körperliche Erlösung durch Rickshaw Billie’s grooviges Gemetzel. Ein wilder Wechsel zwischen transzendentalem Klangkosmos und bodenständigem Fuzz’n’Fun-Abriss. Green Milk From The Planet Orange schickten uns in den Orbit – Rickshaw Billie’s Burger Patrol holten uns knallhart zurück auf den Dancefloor der Trompete, nur um uns dort endgültig zu zerlegen…

Fazit: Zwei Kontinente, ein Abriss !!!

Am Ende standen alle da – nassgeschwitzt, verwirrt, glückselig. Der Sound verklang, doch der Bass vibrierte noch zu Hause im Bett in den Knochen.

Und irgendwo draußen, ganz leise, murmelte jemand: „Was zur Hölle war das gerade?“ – Die beste Antwort? Vielleicht einfach:
„Bochum. Donnerstag. Trompete.“ (peter)

Ein superherzlicher Dank geht raus an Joe Schmidt für die Akkreditierung!

Weblinks:

https://rickshawbilliesburgerpatrol.com/

https://gmftpo.bandcamp.com/music

Filed under: Konzertphotos, Live Reviews, , ,

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Gavial - Broken von ihrem neuen Album "Thanks, I Hate It", das am 23.01.26 erscheint

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