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Freak Valley Festival 2024 Teil 1 | Donnerstag, 30. Mai

Das Line Up:
FULL EARTH
DAEVAR
KANAAN
BLACK PYRAMID
THE MAD HATTER
C.O.F.F.I.N.
SLOMOSA
MONOLORD

 

Nachdem an anderer Stelle schon aus Sicht von Jules, unserem Neuzugang in Team und Freak Valley-Publikum 2024, über das Festival der Herzen berichtet wurde, starten wir heute mit der „extended version“ unserer Festival-Nachlese. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eine wilde Mischung von Eindrücken, Begegnungen, Berührungen, Anekdoten und Gänsehautmomenten am Wegesrand beim dreitägigen Durchstreifen des Freak Valley aus Sicht unserer Redakteure und Fotografen. Here we go for day one:

FULL EARTH (Peter) Besser kann ein Festival nicht eröffnet werden: Full Earth aus Norwegen, das Projekt um Mastermind André Vassbø zeigt deutlich, dass Ihr fulminantes und stark durchkonzeptioniertes Album „Cloud Sculptors“ durchaus auch in verkürzter Spielzeit eines Festival-Settings nicht an Wucht verliert. Nach der heißersehnten ersten FVF 2024 – „Liebe Freunde…“- Ansage von Volker steigen Full Earth mit dem 20minütigen Opener „Full Earth Part I: Emanation“ ein und locken die nach Musik lechzenden, früh genug angereisten Freaks auf die jungfräuliche Wiese (die am Ende des Tages einen interessanten Farbwechsel von grün zu braun durchleben soll) vor die Bühne.

Die schier unglaublichen Schlagzeugfähigkeiten von Ingvald Vassbø, der wie ein achtarmiger Derwisch hinter seinem Drumset agiert, gepaart mit den exzellenten Gitarrentalenten von Ask Vatn Strøm und Eskild Myrvoll (diese drei Protagonisten zusammen bilden übrigens die Band Kanaan, von der später noch zu sprechen sein wird) und verstärkt durch Simen Wie am Bass und einem den krankheitsbedingt fehlenden Øystein Aadland ersetzenden Organisten greifen den kompletten Song über derart perfekt ineinander und lassen das Publikum offenmundig staunend durch ein Prog-Feuerwerk der Extraklasse trippen, dass nach den wie im Flug vergehenden 20 Minuten jedem einzelnen Anwesenden klar ist, dass hier Monumentales geboten wird! Es bleibt kaum Luft zum atmen und massive Riffs wechseln sich ab mit knarzenden Gitarreneinlagen  und flirrenden Orgelkaskaden.

Den zweiten Teil des Gigs bestreiten Full Earth dann nach kurzer Einleitung mit Ingvalds in perfektem Deutsch gesprochener Begrüßung und Bandvorstellung mit dem albumstitelgebenden Track „Cloud Sculptors“, der dem Publikum mit ruhigem Beginn zunächst einmal Zeit gibt, die Schweißperlen von der Stirn zu tupfen, nur um sich dann nach einigen Minuten mit fuzzigen Gitarren den Weg zu einem brachialen Hardrock-Brett zu ebnen. Full Earth haben mit Ihrem Auftritt mal direkt ein Statement für das gesamte Festival gesetzt: „Hier geht´s lang“ brüllen Sie auf ihre akustische Art und Weise der freakigen Belegschaft entgegen, die die Botschaft frenetisch jubelnd entgegennimmt und nun allerbestens eingestimmt ist für die weiteren 27 grandiosen Bands, die das Valley drei Tage lang zum Beben bringen werden…

(vo) Weiter ging es mit DAEVAR und Doom aus der Rheinmetropole Köln, die sich mittlerweile in der Doomszene nicht nur der Domstadt einen langsam immer mehr steigernden Namen erspielt haben und weiter erspielen werden: Pardis-Gesang + Bass, Caspar-Gitarre + Hoflärmgastgeber und Moritz hinter den Kesseln sorgen für sanft donnernden Groove in die Nackenmuskulatur der Zuhörerschaft und das Kopfnicken derer gilt natürlich auch der dargebotenen Güte des ca. 45minütigen Vortrags. Und wie wir Versammelten auch verstanden: Doom ist wenn man trotzdem auch lacht!

 

KANAAN (Peter) „Nanu?!? Dir drei Herren da oben kennen wir doch?!?“ mögen sich einige der Freaks beim Bühnen-Aufmarsch von Kanaan deja-vu-artig gedacht haben… Zu Recht! Denn der Kern der zwei Gigs zuvor als Festival-Opener aufgetretenen Band Full Earth bildet die schon seit 2018 gemeinsam musizierenden Kanaan aus Norwegen. „Im Gegensatz zu den stark konzeptionierten Songs von Full Earth ist Kanaan für uns eher ein „Let Loose“, bei dem wir alle Zügel abstreifen und mit Vollgas drauflosspielen können“ verrät Bassist Eskild Myrvoll mit breitem und zufriedenen Grinsen nach dem Auftritt backstage.

Und diese Attitüde zeigen sie eindrucksvoll direkt mit dem Opener „Amazon“: nach kurzem einführenden Gitarrenpart nimmt Ingvald Vassbø hinter seiner Schießbude Platz und mit dem ersten Hieb auf die Snare bricht der titelgebende Fluss reißend über die Vollversammlung der Freaks vor der Bühne her. Ingvalds Drumming und Eskilds Bass liefern den brachialen Soundtrack für fantastische Gitarren-Freak-Outs und -Solos von Ask Vatn Strøm, einfach zum Niederknien – und wenn der Audienzraum bestuhlt gewesen wäre: spätestens zum ersten ausgiebigen Solo nach knapp 5 Minuten wäre die Hörerschaft kollektiv vom Stuhl gekippt! „We´re Kanaan and we´ve come all the way from Norway to play some psychedelic rock music for you!“ skandiert Gitarrist Eskild und kündigt dann mit „Downpour“, dem Titeltrack des aktuellen Albums den zweiten Kracher an: eine zunächst sanfte Basslinie wird übermalt von kakophonischen Gitarrenklängen und improvisierten Drumschlägen, dann nimmt der Bass Fahrt und Lautstärke auf und die drei Norweger beschenken das Publikum mit einer fantastischen Jazzeinlage, Ingvalds Drumspiel wird zunehmend virtuoser und aggressiver, Asks Gitarrenspiel fuzziger mit immer noch jazzigen, kreischenden Freak-Outs, bis schließlich nach 10 Minuten alle drei Instrumente mit Vollgas zum hypnotisch unterlegten Bassriff brachial zusammenfinden und der angekündigte Hardrock die Führung übernimmt.

„You are amazing“ skandiert Eskild nach „Return to the Tundrasphere“ vom 2021er Album „Earthbound“ sichtlich gerührt von der freudigen Publikumsreaktion und packt als Schmankerl „for the real heads out there“ „A. Hausenbecken“, den ersten Song ihres Debutalbums aufs Parkett und kann sich eines lauten Lachers nicht erwehren, als ein kleine „Kenner“-Gruppe die Ansage lautstark abfeiert. Was folgt, sind 11 Minuten feinster Improvisation eingerahmt in eine an Barry Manilows „Copacabana“ erinnernde Gitarrenmelodie.

                                                                 

Kanaan beenden das Set standesgemäß mit DEM Kracher ihres Live-Repertoires: „Pink Riff“ vom Album „Earthbound“. Kanaan – das Abraham von Gott versprochene „Gelobte Land“ … nach diesem Auftritt fühlen wir uns mittendrin!!!

(Jens M.) Es geht weiter mit BLACK PYRAMID aus den USA mit ihrer Stoner/ Doom-Mischung zu den Australiern C.O.F.F.I.N., die aufgrund Ihrer Energie und Spielfreude zur Entdeckung des Tages avancierten. Das erinnerte wirklich an die Leidenschaft der frühen AC/DC mit Bon Scott in den 70ern, zu allem Überfluss wurde dann auch noch „Riff-Raff“ von den Ikonen selbst gecovert und das klang gar nicht schlecht!

(volker) In der Umbaupause zwischen den beiden drückten unsere Lokalmatadoren THE MAD HATTER den dreckigstmöglichen, brutal verzerrten Blues, in bester R.L.Burnside/Junior Kimbrough Fat Possum (Mississippi Blueslabel) Tradition in die Ohren der gebannt lauschenden Gemeinde vor der DJ Bühne. Selbst in einem Juke Joint kann das nicht besser, bzw. authentischer klingen! 

Dann SLOMOSA aus Norwegen, die inzwischen wohl gefühlt ständig auf Tour sind. Inzwischen präsentieren sie ihren skandinavischen Stoner Rock sehr routiniert, was jedoch in erster Linie der unglaublichen Bühnenpräsenz, Energie und Spielfreude von Bassistin Marie zu verdanken ist. Sound- und songtechnisch geht das absolut in Ordnung, tatsächlich könnte der Gesang von Ben etwas charismatischer und präsenter sein – dann würde die skandinavische Wüste noch mehr Spaß machen.

 

Wir bleiben auch nach SLOMOSA weiter in Skandinavien. Zum Abschluss des ersten Tages brechen zum zweiten Mal in der Chronologie des Freak Valley die Schweden MONOLORD über das Publikum herein. Die brachiale Zähigkeit Ihres Sludge Sounds bahnt sich wie Lava ihren Weg in die Gehörgänge und Magengruben des Publikums. Haben wir schon erwähnt, dass es an diesem ersten Abend NICHT mehr regnete? Unfassbar… passte jedoch letztendlich zum wüstentrockenen Stoner Rock, der an diesem Abend immer wieder in den unterschiedlichsten Facetten spürbar war…

© Pics by Mike Vennen, Peter Cash & radicaleye.de

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