(pe) Ein äußerst feines Doppelpack schnürte uns die altehrwürdige Bochumer Trompete am Donnerstag, und schon draußen vor dem Eingang wurde klar, dass Scorched Oak hier nicht nur „irgendeine Vorband“, sondern echte Lokalmatadoren sind: fast das gesamte Team der RuhrDÿne, die befreundete Dortmunder Band „Submarine on Mars“, Teile von „Schubmodul“, unsere kleine Rockblogbluesspot-Delegation bestehend aus Jules, Volker und mir, sowie viele weitere Gesichter aus der Ruhrgebietsszene waren gekommen, um die lokale Szene zu supporten.
Und Scorched Oak starteten vor vollem Haus mit Vollgas und spielten fast das komplette im März diesen Jahres erst veröffentlichte Album „Perception“ für die Anwesenden.
Freed Godehardt am Schlagzeug, Ben Plochowietz mit Gitarre und Vocals sowie Linda Klockmann (szenebewusst in Daily Thompson T-Shirt gekleidet, der wohl momentan bekanntesten Ruhrgebietsband im Stoner-Genre) an Bass und Vocals brachten die Trompete dabei gut ins Schwitzen. Insbesondere das Wechselspiel zwischen Bens heiser-knarzigem Growling und Lindas klarem, melodischen Gesang gibt dem hartriffigen Stoner-Metal-Doom, den Scorched Oak spielen, eine ganz besondere Note. Und Lindas Bühnentemperament, das zweimal wunderbar mit ihr durchgeht und sie dazu veranlasst, mit ihrem Bass in die enggestaffelten Front Rows zu laufen und die Freude und den Schweiß der bangenden Fans hautnah aufzusaugen, sind wirklich mitreißend und machen Scorched Oak zu einem richtig fetten vor Energie sprühenden Live-Act.
Nach kurzer Umbaupause betreten dann Mars Red Sky aus Frankreich die Bühne. Die Trompete ist wie zuvor bei Scorched Oak zum Bersten gefüllt, aber die Gesichter in den ersten Reihen haben sich verändert und die MRS-Fans haben die besten Plätze an sich gerissen.
Mars Red Sky spielen eher komplexe Rhythmen, dicht und oft schleppend, über die sich ätherisch und klagend die hohe, feine Stimme von Sänger und Gitarrist Julien Pras erhebt. Es ist wunderbar zu hören, dass man an diesem Abend hinter dem Mischpult sein Handwerk offenbar bestens versteht, denn erst beim Into The Void Festival 2024 im Effenaar in Eindhoven konnte man erleben, dass die Eindringlichkeit von Mars Red Skys Musik völlig flöten geht, wenn Juliens klare Stimme nicht richtig heraushörbar ist und im Soundbrei verschwindet. Sie wirkt wie ein viertes Instrument in dem Trio, und heute Abend tönt sie kristallklar aus den Boxen und legt einen ganz besonderen Vibe über die sehr feingliedrige Stoner-Psychedelik.
Basser Jimmy Kinast trägt an diesem Abend ein Nebula-Shirt in Gedenken an den kürzlich verstorbenen Bassisten Ranch Sironi und ist gleichsam Kommunikator und Bewegungs-Pol der Band: gemeinsam mit Mathieu Gazeau am Schlagzeug bildet er das rhythmische Rückgrat der Band und führt musikalisch durchaus auch einmal weg aus Stoner-Gefilden in Doom- und Prog-Bereiche, schwingt dabei gerne seinen an mehreren Stellen mit Gaffertape gefixten Bass breitbeinig hin und her und verleiht den ansonsten eher statisch auf der Bühne stehenden Mars Red Sky zumindest ein kleine Dynamik.
Faszinierend ist vor allen Dingen, wie vielseitig und stilsicher sie mit ihren Songs durch die verschiedenartigen Genres manövrieren und in den meisten Fällen wieder auf ihr Beton-Fundament in Gestalt tiefverzerrter Stoner-Riffs wie in einen sicheren Hafen zurückkehren. Das Publikum dankt es ihnen und lässt Mars Red Sky nach achtzig Minuten zu deren großer Überraschung nicht einfach so von der Bühne gehen: minutenlange Zugabe-Rufe veranlassen die Band zu einer kurzen Diskussion seitlich hinter der Bühne, welchen Song man denn nun ungeplanterweise noch darbieten könnte und entscheidet sich schließlich für ein gefeiertes „Way To Rome“ von ihrem Debutalbum.
Sichtlich erfreut und überrascht von der Menschen-Fülle in der Trompete und den ihnen vom Publikum entgegengebrachten Sympathien verabschieden sich Mars Red Sky schließlich nach 95 Minuten Spielzeit mit vielen Danksagungen und entlassen zufriedene Gesichter in die Nacht.
Vielen Dank an Joe Schmidt für die Akkreditierung und an die Trompete für einen (wieder einmal) erinnerungswürdigen Abend!
(peter)
Weblinks:
https://marsredsky.bandcamp.com/music
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