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SPACE INVADERS – Garden of the Wizard

(ju) 2009 trafen mit Mike Häfliger (SPACENOTE), Paul Pott (ZONE SIX) sowie Dirk Bittner und Dirk Jan Müller von ELECTRIC ORANGE vier Musiker unterschiedlicher deutscher und Schweizer Space- und Krautrock-Bands auf dem Burg-Herzberg-Festival aufeinander und veranstalteten eine gemeinsame Jam-Session – der Urknall des psychedelischen Space-Rock-Schiffs SPACE INVADERS. Die Mannschaft machte sich daraufhin mit fluktuierender Besetzung vor allem als Live-Band einen Namen in der Szene. Von der ursprünglichen Besatzung ist heute nur noch Mike Häfliger an Board. Dorothee Gockel stieß als jüngstes Mitglied hinzu, um den vor drei Jahren ausgestiegenen Paul Pott (nein, nicht der mondgesichtige, britische Tenor!) am Bass zu ersetzen. Sechs lange Jahre nach ihrem letzten Album „Ayakashi“ erschien diesen Sommer mit „Garden of the Wizard“ das von Fans lang ersehnte neue Album der All-Invasoren – nach „Dreadnought“ (2015) das zweite reine Studioalbum. Ursprünglich bekannt durch die Produktion von Live-Aufnahmen, zwang die konzertlose Corona-Zeit die Band diesmal dazu, ihre Jam-Wut ohne Zuschauer zwischen schallgedämpften Wänden aufzunehmen.

Besetzung:

Mike Häfliger – Gitarre

Oliver Gebauer – Gitarre

Horst Porkert – Synthesizer

Dorothee Gockel – Bass

Dennis Gockel – Schlagzeug & Produktion

Der Opener „Freakwaves“ reißt die Hörerschaft sofort mit sich und prescht mit ordentlichem Drive nach vorne. Ähnlich wie bei dem kultigen Arcade-Spiel „Space Invaders“ aus dem Jahr 1978, in dem die Aliens dem Gamer immer schneller mit Geschossen zu Leibe rücken, zieht auch das Tempo in „Freakwaves“ hinten raus immer weiter an. Eine kleine Verschnaufspause gibt es zur Mitte hin, wo der Druck etwas abebbt und die Drums sich beruhigen, um den Gitarren Raum zu geben für wehklagende Soli, bevor sie dann ab Minute 8:40 wieder volle Fahrt aufnehmen und das Tempo erneut anziehen. Die Sound-Dichte nimmt zu, alles wirkt bedrohlicher, wilder, hektischer. Ein kakophonischer Overload, der besonders ab Minute 10 leichte Aggressionen auslösen kann und kurze Zeit später schließlich in einer Klangverdichtung mündet, die leider etwas zu Lasten der Präzision geht. Dennoch: Hut ab vor Dennis Gockel für solch eine Ausdauer.

Im Anschluss an diesen druckvollen Opener sorgt der Titeltrack „Garden of the Wizard“ für die dringend benötigte, ausgleichende Entspannung. Eine Talkbox erzählt derart anschaulich und verlockend von dem magischen Garten, dass man sich nur allzu gerne von ihr in dieses verträumte Gefilde entführen lässt, sicher getragen von einem sanften Drum-Fundament, umschmeichelt von flirrenden Gitarren und atmosphärischen Synthies. Der Blutdruck sinkt, Serotonin vertreibt Adrenalin, die Alphawellen im Hirn schwingen glückselig mit.
„Drosophylla“ schwebt weiter auf einer filigranen Welle der Behaglichkeit und experimentiert mit fantasievollen, sphärisch-kosmischen Synthie-Sounds. Wenn Polarlichter Töne erzeugen würden, klängen sie genau so.
„Demonpriest“ zieht mit seinen bescheidenen 18 Minuten das Tempo wieder an, jedoch beschwingter und weniger aggressiv als der Opener. In der ersten Hälfte versuchen zaghafte Gitarrensoli ein wenig Abwechslung in den wabernden Klangteppich und das sich kaum ändernde Rhythmusfundament zu bringen, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Ab Minute 11 übernehmen synthetische Klangexperimente das Kommando. Es fühlt sich an, als erkunde man geheimnisvolle Unterwasserwelten mit Lavalampen. Erst am Ende des Songs befreit sich das Schlagzeug aus seinem engen Rhythmuskorsett und endet triumphierend in einem kurzen, kathartischen Krawumms.

Der nur wenig kürzere Abschluss-Track „Weedlands“ stellt letztlich eine sanfte, verspielte Klangwiese dar, auf der floydsche Gitarren Geschichten von Sehnsucht erzählen, während sich Drums und Synthies huldvoll zurückhalten.
Insgesamt ist „Garden of the Wizard“ ein Werk, das von musikalischer Leidenschaft und Liebe zu Klangexperimenten getragen wird. Als nachteilig könnten einige Hörerinnen und Hörer den sich kaum ändernden Rhythmus in den jeweiligen Songs empfinden und sich dadurch schnell gelangweilt fühlen. SPACE INVADERS ist definitiv eine Live-Band, deren Magie sich wohl erst auf Konzerten so richtig entfalten kann, wo sie die wiegende Masse an die Hand nimmt, in fremde Galaxien entführt und so schnell nicht mehr loslässt…(judith)

Label: Tonzonen Records

VÖ: 17.07.2022

Dauer: 73:58

Trackliste:

  1. Freakwaves (14:25)
  2. Garden of the Wizard (12:07)
  3. Drosophylla (12:46)
  4. Demonpriest (18:04)
  5. Weedlands (16:35)

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